Mittwoch, 9. November 2016

Gezeitenwechsel

Wer sich die Berichterstattung der sogenannten "Mainstream"-Medien zum Wahlkampf in den USA, zu den jeweiligen Ländernparlamenten hier in Deutschland oder zur Präsidentenwahl in Österreich ansah, der bekam den Eindruck vermittelt, ein Teil der Bevölkerung des jeweiligen Landes würde völlig durchdrehen oder sich radikalisieren, aber die "geistig gesunde" Elite würde eine Lösung für die winzigen Probleme bereithalten.
Dazu gehörten dann, dass die aktuell existierende EU alternativlos das einzig gute und bewährte Allheilmittel sei, die Einwanderung durch Grüne, SPD und CDU gesteuert und zu einem guten Beitrag gewandelt werden kann, den unsere Gesellschaft mit gemeinsamer "Anstrengung" bewältigen würde. In Österreich würde natürlich ein linker Präsident den Frieden sichern, so wie in den USA die "bewährte Politikerin Clinton" eine "rationale Kandidatin" sei, deren "kleine Skandälchen" (Originalton aus einer Talkshow) gnadenlos übertrieben würden.
Und natürlich so manches mehr.

Nicht ein Aufschrei der Angst und des Entsetzens hallte durch die Berichter der ausgewählten Informationen und Meinungen als in Schweden die Regierung, welche eigentlich nicht zustande kam, statt Neuwahlen wegen der guten Ergebnisse der "Rechtspopulisten" entschied, keine Neuwahlen abzuhalten, sondern lieber die reguläre nächste Wahl gleich mit auszusetzen und eine Minderheitenregierung durchzudrücken.
Das gleiche Entsetzen vermisse ich bei der jüngsten juristischen Entscheidung in Großbritannien, den Parlamentariern, stimmberechtigt wie jeder andere Bürger während des Volksentscheides, die Chance zu geben, den Willen des Volkes zu ignorieren. Nicht nur, dass eine demokratisch getroffene Entscheidung damit negiert wird und sich unsere Journalisten und Politiker darüber kein Stück empören, der politischen Kaste wird damit rückschrittlicher Weise ein höherer Stellenwert eingeräumt.
In der Türkei gebärdet sich Erdogan wie ein anderer, allerdings europäischer Schnauzbartträger, quasi in Neuauflage mit winzigen Änderungen in den Details. Panik, Warnungen, Chefkommentare mit deutlichen Worten? Fehlanzeige.

Jetzt wählen vor allem Weiße und darunter vor allem Männer in den USA Trump - und statt zu fragen, was diese dazu bewegt, wird geurteilt. Einseitig. Kein Wort darüber, dass die Rassenspannung unter Bush weit geringer war und durch den letzten Hoffnungsträger gewachsen ist - vor allem bei Polizisten aller Hautfarbe. Diese stehen nun als rassistische Buhmänner da, auch wenn sie selbst schwarz, lateinamerikanischer oder asiatischer Abstammung sind.

Kein Wort über die massive Entlassungswelle der letzten Jahre unter hochrangigen Offizieren aufgrund politischer Differenzen oder die einseitigen Religionsvorschriften im Militär, die öffentliche Gebete für Christen ebenso untersagten (mit Strafandrohungen) wie bestimmte Abzeichen (bspw. Gasdens "Dont tread on me"), aber den muslimischen Soldaten und Sikhs eindeutig religiöse Kleidungsstücke erlaubt.

Kein Wort über die Probleme, die Obamacare bereitet - bspw. die Strafen, die selbst Familienbetriebe und Kleinstfirmen zahlen müssen, wenn sie die vorgeschriebene Abdeckung nicht einhalten - auch, wenn sie sich diese gar nicht leisten können. Und auch die Privathaushalte wurden weit mehr belastet, als vorgesehen. 6,6 Millionen US Haushalte mussten die Sondersteuer zahlen. Gleichzeitig geht das System gerade pleite und hinterlässte riesige Löcher. So stehen bald 1,4 Millionen US Bürger ohne Abdeckung da, weil Obamacare deren Leistungen aus ihrem Programm streicht. Gleichzeitig ist das private Angebot in diesem Bereich quasi nicht mehr existent - denn Obamacare hatte ihnen ja die Geschäftsgrundlage entzogen.

So könnte man fast stundenlang weitermachen, in welchen Bereichen man auch immer will. Wer nicht zu einer der von Obama präferierten Minderheiten gehörte, erlebte in den letzten Jahren, wie ihm im wahrsten Sinne signalisiert wurde: du bist an allem Schuld und darum wirst du nicht nur benachteiligt, wir interessieren uns auch nicht, wenn du leidest. Deine Meinung und deine Menschenrechte sind für uns völlig ohne Belang.

Statt die Wähler zu verteufeln und Millionen von Menschen undifferenziert und letztendlich nach den eigenen Maßstäben rassistisch und sexistisch zu verteufeln, wäre eine faire, ausgewogene Analyse der Zustände angebracht. Es sind nicht alles verrückte Machos. Und auch unter den Latinos ist immerhin ein Drittel der Stimmen an den "weißen Teufel" gegangen. Warum? Wäre interessant von diesen Menschen zu hören, statt von deutschen oder us Journalisten, die glauben, nur sie verstünden die Welt richtig.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen