Dienstag, 31. Januar 2017

Vaticarstens Patriotismus

Der Blogger Vaticarsten hat auf seiner Seite darüber nachgedacht, die Kernbegriffe der AfD "zu übernehmen", also der Partei ihr Programm zu nehmen und es besser auszufüllen.
Es geht dabei eher um ein paar Schlagworte als das Programm. Namentlich sind dies "Patriotismus, Heimat, christliches Abendland und Alternative.

Nun gibt es natürlich mehr als einen Weg, die Deutungshoheit über einen Begriff zu erlangen. Der Feminismus und die Anti-Rassismus Bewegung machten dies ja bereits vor, indem die einen den Namen ihrer Bewegung unabhängig von Handlung und Agenda definieren (lassen) und  die anderen gleich die Definition von Rassismus in eine neue, nicht zu beweisende, Abhängigkeit setzen (in dem Fall wird Rassismus eklusiv vom "System" oder "den Machthabern" abhängig gemacht und Minderheiten per se ausgenommen, sind also zu Rassismus unfähig - warum und wie auch immer).

Nun möchte also Vaticarsten die o.g. Begriffe gleichsam aus den Händen der AfD befreien. Dafür orientiert er sich dann nicht an jenen, die sich bislang davon angesprochen fühlen, befragt und diskutiert dies aus und sucht den Kompromiß in der Deutung sondern liefert ebenfalls einfach neue, fertige Definitionen.

Wir könnten zeigen, dass wahrer PATRIOTISMUS sich für ein Land stark macht, das bunt und offen ist. Dass wahrer Patriotismus für ein Land steht, welches der Welt zeigt, was Menschlichkeit und Einsatz für Benachteiligte bedeutet – und darauf mit Recht stolz sein kann.
Nur ist das nicht mal nahe dran an den Inhalten des Patriotismus. Wenn man die Kirche neu definieren will um die Kirchgänger für sich zu gewinnen, so geschieht dies sicherlich nicht, indem man erklärt dort die Steuerbescheide versenden zu lassen. Patriotismus ist eben keine Bewegung, die eine Neuordnung oder gar einen partiellen Austausch mit teils Integrationsunwilligen und herkunftslandtreuen Menschen anstrebt oder anstreben KANN. Denn wer stolz und treu zu seinem Land, dessen Kultur, Sitten und Gebräuchen steht, der IST PATRIOT. Und wenn dies ein nach Deutschland eingewanderter Türke dadurch ausdrückt, dass er sich auch nach 30 Jahren Türke nennt, die Staatsbürgerschaft behält, dort wählt (auch wenn es eine dem "neuen" Land feindliche Regierung ist, die er damit wählt), die Sprache beibehält und nur das allernötigste der neuen erlernt... dann ist der Mann ein Patriot, aber eben ein türkischer.
Und das ist kein Hirngespinst, sondern Realität, wie man immer wieder erleben kann. Sei es bei Fußballspielen, in denen sich regelrechter Hass gegen die Nationalmannschaft des eigenen Landes entlädt und jeder Spieler mit türkischem Hintergrund für eben jene Truppe als "Verräter" beschimpft und bedroht wird. Sei es durch zahllose Fahnen oder eben die hörbare Verweigerung der Spracherlernung.

Darum wäre es, lieber Vaticarsten, vielleicht erstmal wichtig, die aktuelle Definition von "Patriot" zu erfragen und ggf mit jener der AfD zu vergleichen. In ersterem geht es nämlich nicht darum, einen Kleks Farbe im eigenen Land zu vermeiden oder die Grenzen hermetisch zu verriegeln. Und das ist genau, was Sie behaupten. Beim Patriotismus geht es um den Erhalt des Traditionellen, des Bewährten, der Werte und der Formen, des Systems und einer Gemeinschaft.  Das dort auch Neue willkommen sind und gerne auch beitragen können wird kaum ein Patriot verwehren. Wer aber radikale Änderungen wünscht oder regelrecht bewusst aneckt, provoziert, der kann kaum darauf hoffen, mit großem Hallo willkommen geheißen zu werden. Eine Lektion, die mancher Bahnhofsbegrüßer mittlerweile gelernt haben dürfte.
Und darum werden Sie bei dem Thema von der AfD eben weder Touristen noch legale Einwanderer mit Integrationswillen ausgeschlossen finden. Und darum fordern Sie die völlige Neudefinition des Wortes als Versuch, der AfD diesen Begriff zu nehmen - nur werden Sie damit nur mehr Menschen überzeugen, NICHT auf Sie zu bauen, wenn es um Freiheit, Menschlichkeit und die Bedürfnisse der eigenen Bevölkerung geht.

Wir könnten zeigen, dass unsere HEIMAT so schön, reich und groß ist, dass wir sie gerne mit Menschen teilen, die ihre Heimat verloren haben und nun Zuflucht suchen. Dass Heimat nur dann wirklich schön und reich und groß ist, wenn sich Freunde und Fremde willkommen und sicher fühlen.
 Das ist schon, verzeihen Sie mir bitte, lächerlich. Ist Ihr Zuhause mittlerweile mit Flüchtlingen geteilt worden? Immerhin ist es IHR HEIM. Und als solches bestimmt so schön, reich und groß, dass es nur durch "teilen" ein Heim wird...
Heimat und Heimatliebe (die mit dem Oberbegriff gemeint ist) knüpft an den Patiotismus an und erneut ist dies kein "Ausschluss" von "Neuem" oder "Neuen". Aber die Heimat nur auf der Basis seiner Vergabefähigkeit zu definieren, nur als ein Objekt der Nützlichkeit, der Teilbarkeit zu betrachten ist eben nicht Heimat. Und gerade der Begriff Heimat ist ein extrem vielfältiger. Mir fehlt da aber angesichts der sehr flachen Neudefinition ohne jegliche Argumentation des Verstandes der Elan das auszuführen. Lediglich auf den Zirkelschluss muss ich hinweisen. Wenn unsere Heimat nur dann schön und reich und groß ist, wenn sich Fremde willkommen und sicher fühlen und wir nur dann diese Heimat auch teilen können, dann ist unsere Heimat aus Ihrer Perspektive doch derzeit nicht schön und reich und groß und kann auch nicht geteilt werden...

Wir könnten zeigen, dass das CHRISTLICHE ABENDLAND den Bezug zu seinen Wurzeln – zur Frohen Botschaft – nicht vergessen hat. Dass wir den Auftrag Jesu, unseren Nächsten zu lieben, ernst nehmen. Auch, wenn’s nicht immer leicht und bequem ist.
Wenn man die Hälfte des Begriffs einfach auslässt, mag diese Definition mehr oder minder stimmen. Allein, die Frohe Botschaft (und auch hier dann wieder die Definitionsfrage), also allein der Glaube, macht das Christentum nun nicht aus. Auch Überlieferung, Riten und Traditionen (in unterschiedlichen Ausprägungen und Maßen) spielen da eine Rolle. Jesus hatte zudem mehr Botschaften als ausschließlich die Nächstenliebe - und keineswegs immer nur jenen Glücksbärchi-Charakter (Tempelszene, Ehebrecherin, Synagoge in Kapernaum), der hinter einer solchen Forderung steht. Jesus sah immer, soweit ich als Laie das verstehe, immer die Menschen. Nicht nur die Bittsteller und Sünder und Hilfsbedürftigen, sondern auch "die anderen".
"Auch ich verurteile dich nicht" ist dabei ein Haltung, die absolut NICHT aus Ihren Worten, Vaticarsten, zu lesen ist, wenn Sie über die AfD und deren Anhänger schreiben und darum wäre es wohl geraten nicht zu versuchen anderen Christlichkeit an oder abzuschreiben.

Und wo bei Ihnen das Abendland, mit all seiner Grausamkeit und Gnade, mit all seinem guten Willen und seiner Verblendung, mit all seiner Kunst und all seiner Zerstörung geblieben ist, auf das eben die AfD Bezug nimmt und weshalb Sie schreiben können und das auch noch, was Sie möchten wäre eine drängende Frage.

Wir könnten zeigen, dass es ALTERNATIVEN gibt zu verschlossenen Türen und Herzen. Zu Fremdenhass, Angst vor der Zukunft und platten ideologischen Parolen.

Entschuldigung, aber Sie liefern nichts von dem. Da sind keine Worte der Vereinigung, da sind keine Kompromiße, keine Nächstenliebe für die Verängstigten und Besorgten. Da sind keine tiefgreifenden Erklärungen und keine Inhalte, kein Plan und kein System, keine Beachtung existierender Probleme wie Terrorismus, Kriminalität und Asylbetrug. Kein Hinweis auf Belastung und Hygiene und reale Opfer außerhalb der kleinen Gruppe von Fremdenhassgetroffenen.
Das ist keine Alternative zu dem von Ihnen gemalten Bild - es ist nur der von Wunschdenken getriebene, auf hoffnungslos idealistischen Träumen gebauter, durch Vorurteile und Eigendefinition geprägte Text aus ebenso platten, ideologischen Phrasen, wie sie jede Partei dieser Tage um sich wirft

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