Montag, 21. Dezember 2015

Weihnachten, Ansprache, Güte und Flüchtlinge

Weihnachten ist die Zeit der besonderen Güte. Spendenaufrufe und -wellen rollen durch das Land. Die Türklingel steht nicht still vor Personen, die für diese oder jene Gruppe Hilfebedürftiger sammeln. Mit Erfolg.
Das kann man gut finden (es wird etwas getan, Menschen helfen) oder schlecht (eine Ausnahme im Jahr ist Heuchelei, ändert nichts an der Situation) - aber es ist nunmal so.
Seit etwa zwei Jahren versuchen bestimmte Gruppen und Personen, dies dazu zu nutzen, bestimmte Meinungen zu ändern oder zu diskreditieren.
Vor zwei Jahren meldete kurz vor Weihnachten das Domradio die Aussage eines "Experten", dass Maria und Josef heute in Deutschland kein Asyl erhalten würden.
Ein Jahr später legt Kardinal in der selben Zeitspanne Woelki nach: "Jesus war ein Flüchtling" und fand im neuen Vorsitzenden der EKD einen Meinungsgenossen.
Die Gebetsbewegung der evangelischen Allianz widmet dieser Darstellung einen längeren Text und erwähnt darin, dass es um eine bestimmte Stelle im Neuen Testament geht: Matthäus 2,13–16.

Da sie aber hinweggezogen waren, siehe, da erschien der Engel des Herrn dem Joseph im Traum und sprach: Stehe auf und nimm das Kindlein und seine Mutter zu dir und flieh nach Ägyptenland und bleib allda, bis ich dir sage; denn es ist vorhanden, daß Herodes das Kindlein suche, dasselbe umzubringen.
Und er stand auf und nahm das Kindlein und seine Mutter zu sich bei der Nacht und entwich nach Ägyptenland.  Und blieb allda bis nach dem Tod des Herodes, auf daß erfüllet würde, was der Herr durch den Propheten gesagt hat, der da spricht: "Aus Ägypten habe ich meinen Sohn gerufen."
Da Herodes nun sah, daß er von den Weisen betrogen war, ward er sehr zornig und schickte aus und ließ alle Kinder zu Bethlehem töten und an seinen ganzen Grenzen, die da zweijährig und darunter waren, nach der Zeit, die er mit Fleiß von den Weisen erlernt hatte.


Was Bischöfe, Kardinäle, Gebetskreise, Vositzende und eine große Zahl anderer Leute hier versuchen, ist moralische Erpressung und nicht, wie man vermuten könnte, die Erinnerung an die Lehre. Die ist nämlich für Christen eindeutig und braucht keinen Hinweis auf vermeintliche Ähnlichkeiten. Die Kernlehren des Christentums enthalten nunmal Nächstenliebe und Hilfsbereitschaft - und da spielt es gar keine Rolle, ob auch unser Herr, Religionsgründer, Vorbild und Gott selbst einmal ein "Flüchtling war, der Asyl erhielt".
Wenn man diese Bibelstelle zu einem Vergleich heranziehen kann, dann eher für das Problem der laufenden Völkerwanderung. Das fängt nämlich bei der Information an.
Stimmt denn überhaupt, was man liest, hört oder erzählt?
Der Teil des Neuen Testamentes, welcher von der Volkszählung, der Wanderung und der anschließenden Flucht erzählt wird seit vielen Jahren durch Historiker, christlichen wie nicht-christlichen kritisch betrachtet. So etwa der Bericht rund um die Volkszählung welcher sich bei Lukas findet.
Oder die Kindstötung durch Herodes. Diese soll dann ja die Ursache für die "Flucht", die "Suche nach Asyl in Ägypten" gewesen sein. Viel wird darüber diskutiert, aber eine eindeutige Antwort auf die Zweifel und mangelnden Hinweise gibt es nicht. Es bleibt beim Konjunktiv. Möglich.
Und hier ist die Parallele zu unserer heutigen Situation. Wir wissen nicht, wie viel von diesem Bericht stimmt, haben aber Gründe an der Genauigkeit zu zweifeln während wir gleichzeitig gute Gründe haben zu glauben. Für heutige Christen ist das, oder besser sollte es wohl, auch nicht weiter von Belang. Es ändert nichts daran, wer Jesus war, was er getan hat bzw. für uns mit sich tun ließ. Es ändert nichts an den Botschaften und Lehren. Egal ob Katholiken oder Protestanten, egal ob vatikantreu oder nicht, blind sollten wir weder durch die Welt laufen, die Bibel lesen noch die Diskussionen führen.
Bei unseren "Flüchtlingen" wissen wir es eben auch nicht genau. Mit Sicherheit sind Teile der Menschenmenge, die da zu uns kommt wirkliche Flüchtlinge, die auf der Suche nach Sicherheit, Hilfe und einem neuen Leben sind. Manch anderer ist vielleicht nur auf der Suche nach einem neuen Leben - gibt sich dafür aber als etwas aus, dass er nicht ist und beansprucht Hilfe, die andere dringender benötigen und welche auf Dauer die Helfenden auslaugt.
Da sind Menschen dabei die aus Damaskus kommen und solche die behaupten von dort zu sein. Andere kommen zwar von dort, sind aber nicht auf der Flucht sondern auf Befehl ihrer Offiziere beim IS hierher gekommen und planen die Helfer, deren Familie, Freunde oder Bekannten zu ermorden.

Es wäre ehrlicher, wenn unsere Kleriker und Gelehrten, unsere politischen Führer und unsere Informanten sich also nicht auf das Moralisieren verlegen würden, sondern an der Aufklärung arbeiten würden, auf dass Christen wie Buddhisten, Musime, Agnostiker und Atheisten jenen helfen können, die Hilfe brauchen.

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