Mittwoch, 13. April 2016

Alltag Integration? Katholiken und Muslime "auf Station"

Eines der heiß diskutierten Themen in Deutschland war und ist die Trägerschaft vieler Krankenhäuser durch die katholische Kirche. In meinem urbanen Umfeld tragen die meisten Einrichtungen dieser Art die Namen von Heiligen. Viele Menschen, vor allem jene, die der Kirche ohnehin nichts als Schlechtigkeiten unterstellen, sehen dies kritisch. Einflußnahme und Bereicherung sind die Stichworte.
In der Realität sieht das dann aber meistens so aus, dass es eine kleine Kapelle oder einen Gebetsraum gibt, einen oder mehrere Seelsorger (verschiedener Konfession) und in den Zimmern Kreuze hängen. Wenn überhaupt.
Das Personal ist mittlerweile und im Allgemeinen gesprochen so katholisch wie der deutsche Durchschnitt - selbst die Katholiken unter ihnen, eine Minderheit, hat mit Kirche, Glauben und Riten nichts am Hut. Oft ist es die libertäre "ich muss nicht in die Kirche gehen, Gott ist überall" Haltung, die sich mit einem "alle Jubeljahre zu Weihnachten in die Kirche, ist ja das wichtigste Fest (sic)".

Aber woher soll es auch kommen? Umso erstaunter waren meine Frau und ich, als wir während der Geburt unserer ersten Tochter im Kreissaal nicht nur ein Kreuz entdeckten, sondern auch den Palmzweig hinter der Entsprechung im Mutterzimmer (allerdings war er Anfang März, vor Palmsonntag noch verdächtig grün).
Als uns dann auch unaufgefordert der katholische Priester seine Aufwartung machte und da der Flur mit allerlei Heiligenfiguren bestellt war, hatten wir zum ersten Mal den Eindruck, wirklich in einem katholischen Krankenhaus zu sein.
Allein, die absolute Mehrheit der Kinder trug Namen wie Fatima, Metin, Ahmed, Mohammed Aysche usw. Auch die Patienten und Besucher spiegelten das wieder. Viele Frauen trugen Kopftuch, manche Niqab und manche Tschador. Auch einige Häkelkäppchen auf alten Männerköpfen bekam ich zu sehen.
Da stellte sich mir wirklich die Frage, wie das übereingeht. Die Wahl der Geburtsklinik steht jedem Bürger frei (sofern die Ärzte mitspielen) - und im Umfeld gibt es eine Reihe von Kliniken, die entweder in kommunaler oder universitärer Hand liegen. Aber eine offensichtlich große Zahl an Muslimen entschied sich, in diesem (und, wie mir die Hebammen bestätigten, auch andernorts) katholischen Krankenhaus zu entbinden.  Ich kann mich nicht so recht entscheiden, ob ich finde, dass dies für oder gegen sie spricht. Ist es ein Zeichen von Toleranz oder von möglicher Ignoranz, von gewünschtem Miteinander oder arroganter Missachtung.
Zumindest einige der Anwesenden demonstrierten immerhin die Missachtung. Schwestern berichteten mir von immer wieder beschädigten oder gar zerstörten Heiligenbildern, von abgenommenen und weggeworfenen Kreuzen und der Kapelle, in der sich immer wieder unschöne Szenen abspielten. Natürlich ist dies Hörensagen, ich berichte aus zweiter Hand. Aber ich habe keinen Grund daran zu zweifeln, zumal alle Berichtenden stets nachdrücklich versicherten, dies seien aber nur einige der doch sehr zahlreichen muslimischen Patienten.

Es wäre hoch spannend, einmal ehrliche, anonyme Befragungen in Krankenhäusern betreffend ihrer Erfahrungen durchzuführen. Zumindest ein Geschäftsführer ist jetzt an die Öffentlichkeit getreten und hat die klare Linie seines Hauses festgelegt.
Und als Egalist, der keinerlei Unterscheidung in der Behandlung durch einen weiblichen oder männlichen Arzt festzustellen weiß, kann ich nur sagen: gut so. Wer Frauen als Ärzte ablehnt oder, wie jüngst an anderer Stelle, den freundlichen Handschlag verweigert, der hat keine Akzeptanz zu erwarten. Wir wollen jeden so nehmen, wie er ist - aber das muss auf Gegenseitigkeit beruhen.

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