In den letzten Monaten aber war es nahezu unvermeidlich, "informiert" zu werden. Das gesamte soziale Umfeld wie sämtliche Medien, selbst solche mit dem reinen Unterhaltungszweck, besprechen nichts anderes als bestimmte Nachrichten. Also bin ich zurückgekehrt an meinen Schreibtisch um wieder Fakten zu recherchieren und zu überprüfen, was man so liest und erzählt bekommt.
Prompt ist mein Frustrationsfaktor wieder so hoch, dass ich mich äußern muss.
Besonders hoch wurde diese Frustration bei den Meldungen über die Denkweise unserer Kanzlerin.
Laut kath.net sagte sie auf die Islamisierung Europas bzw. Deutschlands angesprochen:
„Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Wir haben doch alle Chancen und
alle Freiheiten, uns zu unserer Religion, sofern wir sie ausüben und an
sie glauben, zu bekennen. Und wenn ich etwas vermisse, dann nicht, dass
ich jemandem vorwerfe, dass er sich zu seinem muslimischen Glauben
bekennt, sondern dann haben wir doch auch den Mut zu sagen, dass wir
Christen sind, haben wir Mut zu sagen, dass wir da in einen Dialog
eintreten. Haben wir dann aber auch bitteschön die Tradition, mal wieder
in den Gottesdienst zu gehen oder ein bisschen bibelfest zu sein oder
vielleicht auch mal ein Bild in einer Kirche noch ein bisschen erklären
zu können.“
Als gläubiger und praktizierender Katholik ist diese Aussage für mich zwar im ersten Augenblick absolut lesenswert und ein frohes Nicken will sich einschleichen. Beim zweiten Gedanken aber, wird mir regelrecht schlecht.
Der Autor und aus Ägypten stammende Imamsohn Hamed Abdel-Samad verweist in einer Wortmeldung zu Merkels Aussage (und einer gleichlautenden Botschaft von Frau "Nichts ist gut in Afghanistan" Käßmann) darauf, dass es im Orient, in Ländern wie Syrien und Irak, aber aber eben auch in Ägypten, der Türkei und dem Iran, Gemeinden praktizierender Christen gab - ganz im Sinne der merkelschen Forderung. Was es diesen Menschen gebracht hat, sich öffentlich zu bekennen, regelmäßig die Messe zu besuchen und grundfest in ihrem Glauben zu sein ist eben nicht der Dialog.
Vielmehr wird fast wöchentlich bekannt, dass IS, Al Quaida, Boko Haram aber auch Staaten wie der Iran und die Malediven und viele uns völlig unbekannte Staaten, Organisationen und Einzeltäter bekennende Christen, Juden, Bahais, Buddhisten und generell Andersglaubende die sich weigern zu konvertieren (und manchmal auch jene die konvertieren) verfolgen, foltern und umbringen. Wer einen Ländernamen wie Libyen und das Stichwort enthaupten eingibt, wird selbst bei den stark gefilterten Ergebnissen unserer Suchmaschinen sofort fündig. Noch drastischer werden die Ergebnisse, sucht man nach Christen enthaupten. Ich verlinke an dieser Stelle nichts, denn nur solche mit sehr starken Nerven sollten sich auf diese Bilder und Videos einlassen
Das ist auch der Kanzlerin bekannt, die Christenverfolgung und der bestehende Judenhass vor allem in muslimischen Ländern bis nach Indonesien ist kein Geheimnis. Die Aktion des IS an die Türen der bekennenden oder denunzierten Christen ein N zu malen oder von den Nachbarn malen zu lassen um die Verfolgung systematisch ablaufen zu lassen, hat eine Welle der bildhaften Solidarität hervorgerufen - aber offensichtlich auch nur das.
Dies zu ignorieren und zu behaupten, dass eigene Frömmigkeit gegen massenhaft importierte und hierzulande fast ungehindert verbreitete Denkweise dieser Art helfe verkauft uns regelrecht für dumm. Schlimmer, es leugnet die Millionen existierenden Opfer unter praktizierenden Christen, die es bislang bereits gab.
Und zum anderen lässt Frau Merkel die doch recht große Zahl an Deutschen außer acht, die entweder gar keine Christen sind oder sich anders als das konventionelle Christentum verstehen.
Atheisten, Agnostiker, Deisten und die Mitglieder anderer Religionen und Esoteriker werden bestimmt nicht erfreut sein, aufgefordert zu werden, Kirchen zu besuchen und sich mit dem Christentum zu beschäftigen um der Islamisierung zu begegnen.
Und, egal wie wenig christlich oder religiös ich das empfinde, es gibt nicht wenige Menschen in Deutschland, die sich als Christen bezeichnen und ihre Abstinenz vom Christentum damit begründen, dass sie keine Kirchen und keine Gottesdienste brauchten, um Gott nahe zu sein, und erst recht keine dicken Bücher in veralteter Sprache die einem merkwürdige Geschichten erzählen.
Wie gesagt, das mag einem Katholiken, Protestanten oder Evangelikalen nicht einleuchten, aber diese Menschen sehen sich selbst wirklich oft als Christen - und wenn die Kanzlerin sie belehrt oder ihnen vorschreiben will, wie sie ihren Glauben zu leben haben, dann überschreitet sie nicht nur ihre Kompetenzen, etwas worin sie wirklich gut ist, sondern versucht sich an einer merkwürdigen Interpretation der Religionsfreiheit.
Insgesamt aber ist es wiedermal ein Akt heuchlerischer Appeasement-Politik, welches mich unsagbar frustriert.
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