Mittwoch, 30. Oktober 2013

Offener Brief an Lara Katharina Fritzsche

Hallo Frau Fritzsche,
voran möchte ich Ihnen gratulieren zum erhaltenen Medienpreis der katholischen Kirche. Es ist schon etwas besonderes, wenn man unter tausenden von Schreibern die zehntausende von Texten verfassen ausgewählt und geehrt wird.
Dann aber möchte ich meiner Empörung, meiner Abscheu über Ihr Verhalten Ausdruck verleihen. Sie haben den Preis angenommen. Einen Preis, welchen die katholische Kirche stiftet um Journalisten zu ehren und (mittels der dotierten 5000 €) zu fördern für ihre Arbeit. Eine Geste der Freundschaft, des Vertrauens, der Anerkennung.
Sie haben den Preis aus den Händen der Kirche entgegen genommen. Bislang konnte ich kaum Details über die Verleihung erfahren.Angenommen aber, soviel weiß ich bereits aus den Medien, haben Sie den Preis und das damit verbundene Geld. Nur um es einer Aktion von Abtreibungsbefürwortern, oder besser, einer Aktion zur Bekämpfung einer regelmäßigen Demonstration von Abtreibungsgegnern, mit den Worten "Ich ärgere mich als Frau einfach zu oft über die katholische Kirche, als es an so einem Abend nicht anzusprechen" zu spenden.
Als weitere Begründung verwiesen Sie auf die Ablehnung einer Vergewaltigten durch katholische Spitäler Anfang diesen Jahres.
Vermutlich werden Sie diese Zeilen nicht lesen, falls doch möchte ich Sie aber bitten, sich vor Augen zu führen, wie widersprüchlich Ihre Motivation und Ihr Handeln sind.
Sie möchten sich für die Rechte von Menschen auf Selbstbestimmung einsetzen und unterstützen dafür eine Gruppe, die einer anderen Gruppe von Menschen nicht nur das Grundrecht auf freie Meinungs- und Religionsausübung verwehren will, sondern dies auch regelmäßig mit illegalen und gewalttätigen Mitteln unternimmt. Sehen Sie sich die Videos der Teilnehmer und Polizei vom "Marsch für das Leben" an, lesen Sie sich die Polizeiprotokolle durch. Die Teilnehmer werden regelmäßig attackiert, ihre Demonstrationsmittel ihnen entwendet und zerstört. Ihre religiösen Gefühle werden verletzt, sie selbst aufs übelste beschimpft und gedemütigt. Wer an den Außenseite des Protestzuges läuft kann damit rechnen angespuckt zu werden.
Mit Sprüchen wie "Hät Maria abgetrieben wärt ihr uns erspart geblieben" werden sie bedacht. Damit wird nicht nur ihre Religion verhöhnt sondern auch ihre individuelle, persönliche Berechtigung zu Leben in Abrede gestellt.

Den Preis erhielten Sie für einen Artikel über eine junge Frau, die das Massaker des Attentäters Breivik überlebte. Dieser unternahm seine Anschläge in Ablehnung der fundamentalsten Rechte von Muslimen und Sozialisten, wie er in dem, was er als Manifest bezeichnete darlegte. Den Preis, den Sie dafür erhalten einer Gruppe weiterzugeben, die gleichsam radikal die Gruppierung ablehnt, die Ihnen den Preis verlieh ist nicht "mutig" oder "vorbildlich" sondern verlogen und scheinheilig.
Wenn Sie nicht nachvollziehen können oder wollen, dass Abtreibungsgegner bereits im Fötus einen Menschen sehen und dessen Abtreibung dementsprechend als Mord, sich also gegen legalisierten Mord engagieren ist das Ihr Recht. (In ersterem Fall würde ich Ihnen den Artikel in der Zeit vom 24.10.: "Die Gewissenhafte" nahelegen.) Wenn Sie als Journalistin dagegen argumentieren wollen ebenso. Daran gibt es nichts zu rütteln. Wenn Sie daraus eine Ablehnung der katholischen Kirche aufbauen ist dies nachvollziehbar. Aber dann sollten Sie einen Preis von dieser Institution ablehnen. Ihn erst anzunehmen um mit dem Geld dann die Gewalt gegen dessen Mitglieder zu befördern ist, und da finde ich leider kein anderes Wort, unterste Schublade und stellt Sie damit auf eine Ebene, die Sie leicht vermeiden hätten können.

Als Journalistin sollten Sie zudem Ihrer Sorgfaltspflicht in der Recherche nachkommen. Sie ärgern sich über die verweigerte Verhütung "potentieller" Vergewaltigungsopfer in Köln und empfinden den Schritt der Bischöfe zur Pille danach für diese Menschen als zu klein.
Ein paar Ihnen offenbar entgangene Informationen und Denkanstöße:
- Über die Vergewaltigung wurde und wird sich nicht aufgeregt. Obwohl die Polizei in Köln einen massiven Anstieg dieses "Verstoßes gegen die Selbstbestimmung der Frau" berichtete, wurde das Verbrechen zur Nebensache. 5000 Euro zur Aufklärung und Verhütung hier wären wohl ebenfalls eine gute Idee gewesen und hätten Menschen mit ungleich höherem Leidensdruck deutlich mehr helfen können.
-  Dietmar Penning, Prof. und Leiter in einer der betroffenen Kliniken hat in einem langen Interview in der WDR Lokalzeit ein völlig anderes Bild der Vorgänge aufgezeigt. Demnach, und diese Informationen können Sie vermutlich leicht und schnell überprüfen, sind in Köln nur einige wenige Kliniken zertifiziert und somit zugelassen, Vergewaltigungsopfer gemäß der anonymen Spurensicherung überhaupt zu behandeln. Das wusste die behandelnde Notärztin, welche das Opfer erstversorgte und mit  einem Rezept für die Pille danach ausstattete (wie sie in einem der gegebenen Interviews selbst erläuterte), ebenfalls. Genauso wie sie um die Ablehnung von Abtreibung in katholischen Kliniken wusste und trotzdem erstmal zwei Kliniken, zwischen denen sich zudem auch andere Einrichtungen finden, dieser Art kontaktierte. Nach Aussage besagten Professors war wenigstens eine Abteilungsleiterin zum Zeitpunkt ihres Anrufes zwischen mehreren Geburten und ihre Abteilung somit überlastet - eine Einlieferung hätte für das Opfer in jedem der genannten Punkte eine Vergrößerung der Tortur bedeutet, da sie deutlich mehr Zeit dort hätte verbringen müssen und vermutlich zum Zwecke der Spurenaufnahme noch eine weitere, also eine dritte Untersuchung hätte über sich ergehen lassen müssen. Aus der Erfahrung im Umgang mit Opfern weiß ich, dass bereits eine einzige Untersuchung für die Meisten eine unerträgliche Qual ist.
 - Für katholische (und selbstverständliche viele andere) Ärzte, Krankenschwestern und Hebammen sind Abtreibungen, wie Sie sie als Grundrecht für Frauen fordern, Mord. Wie gesagt müssen Sie diese Ansicht nicht teilen. Aber Sie fordern völlig ohne das kleinste Mitgefühl für diese Position und die damit einhergehende Belastung des Gewissens, der Psyche und Seele dieser Menschen, dass Sie es doch tun.
Ein deutlicher werdender wenn auch starker Vergleich: würde man Sie zwingen wollen kleine Kinder zu erschiessen, weil die Eltern das so wollen - wie würden Sie sich fühlen, wie würden Sie reagieren?
Das oft vorgebrachte Argument: keiner zwingt Christen diese Berufe zu ergreifen ist nichts weiter als eine Diskriminierung. Eine Trennung der Aufgabenbereiche stellt sich als praktisch nicht durchführbar dar ohne deutlich höhere Personalkosten. Ich verweise noch einmal auf den Artikel der Zeit.

Wie gesagt, vermutlich werden Sie diese Zeilen hier niemals lesen. Falls doch rechne ich nicht damit, dass Sie meine Argumente ernsthaft in Erwägung ziehen, sich einen Moment in jene Personen versetzen welche Sie zu bestimmten Handlungen zwingen wollen oder gar in jene, denen Sie das Leben verweigern möchten. Aber vielleicht sehen Sie sich wenigstens an, was die von Ihnen nun unterstützten Gruppen mit den Menschen machen, die nichts anderes wollen, als ihre demokratischen und menschlichen Grundrechte wahrzunehmen, indem sie in einem öffentlichen und ordentlich gemeldeten Protestzug ohne jemanden zu attackieren oder zu beleidigen einige Strassen entlang gehen. Und vielleicht nehmen Sie von deren Gewalt abstand.
Oder das Allermindeste: lehnen Sie nächstes Mal den Preis einfach ab. Das gebieten Ehre und Anstand.
Mit freundlichen Grüßen
T.

Dienstag, 29. Oktober 2013

Deschner zum Letzten: Fortsetzung III und Ende von "Jetzt ist es raus"

Beginn der Serie.

Erste Fortsetzung.

Zweite Fortsetzung.

Wider erwarten konnte ich aus Gründen der Lesbarkeit eine exemplarische Untersuchung eines Teiles der "Kriminalgeschichte des Christentums" nicht mehr vollständig in der zweiten Fortsetzung unterbringen. So folgt hiermit der dritte und letzte Teil dieser Serie.
Diesmal beschäftige ich mich mit einem Teil des 9. Kapitels, welches den Titel trägt: "Die Anfänge des langen christlichen Hexenwahns", im 8. Band der Reihe aus dem Jahr 2006. Das Thema lag nahe, da dies wohl eine der populärsten Anklagen gegen das Christentum im Allgemeinen und die katholische Kirche im Speziellen darstellt. Gleichzeitig ist es eines der Themen, in welchem sich öffentliche bzw. verbreitete Meinung und Forschung ziemlich weit voneinander entfernt haben.


Wie auch bei der Auswertung rund um die angebliche Widerlegung der Kritik an Deschner durch Fachkreise werde ich auch diesmal nicht alles und jedes Argument behandeln. Nach wie vor geht es nicht darum, allen Aussagen und Auflistungen Deschners zu widersprechen sondern handwerkliche Fehler, fehlerhafte oder unvollständige Schlüsse und falsche Darstellungen exemplarisch aufzuzeigen um den Mythos, Deschner sei unwiderlegt und alles was er schreibe sei richtig zu zerstören sowie auf der anderen Seite seiner eigenen Forderung nachzukommen, auch nur einen Punkt zu benennen, in dem er fehle. Letzteres ist zwar mittlerweile schon mehrfach ausreichend geschehen, aber vielleicht bekommt der ein oder andere Leser nun etwas in die Hand.
Dieses Mal werde ich jedoch thematisch und darin chronologisch einigen Behauptungen nachgehen, die sich allerdings auch auf mehrere Seiten in der "Kriminalgeschichte" beziehen können. Damit hoffe ich zum einen Umfang zum anderen Lesbarkeit auf einem nutzbaren Niveau zu halten und den "Kernaussagen" Deschners nachvollziehbar zu folgen.
Diese verknappt wiedergegeben lauten:
1. Hexen vor dem Christentum wurden kaum verfolgt und wenn, dann "oft nur" jene denen man schädliche Magie nachsagte.
2. Obwohl er davon spricht, dass jenes frühe Christentum keine schweren Strafen für Magie kannte und erst am Ende des Mittelalters seine Position regelrecht umkehrte, erklärt er gleichzeitig eine Verfolgungssituation seit dem Frühmittelalter durch die Kirche aber auch bestimmte Gruppierungen und beschuldigt bereits Konstantin als ersten Verfolger.
3. Er bezeichnet "die weisen Frauen" als "fast einzige Zielgruppe der Pogrome".
4. Hauptschuldiger, Initiator  und Koordinator sei die katholische Kirche mit ihrer Sexualmoral und der dahinterstehenden Raffsucht.


Zu 1. Hexen und Zaubernde wurden vor dem Christentum kaum verfolgt, wenn dann oft nur jene denen man schädliche Magie nachsagte.

„Nicht selten unterschied man – allerdings kaum im mittelalterlichen und späteren Christentum - zwischen <<weißer>> und <<schwarzer>> Magie, je nachdem man ihr positive oder negative Wirkungen zuschrieb, dem Menschen nützliche oder schädliche Kräfte.“
Kriminalgeschichte des Christentums, Bnd. 8, S.299.
Dieser nicht weiter belegten Behauptung lässt Deschner eine Liste der "nützlichen" magischen Kräfte Folgen, darunter Wahrsagen, Wetterzauber, Astrologie, Heilkunst u.ä.
Es lohnt sich daher einen Blick über die christlichen Jahrhunderte hinaus zu werfen. Als einer der ältesten erhaltenen Gesetzestexte gilt wohl der Codex Hammurabi aus dem 18. Jh.v.Chr. Bereits in diesem findet sich dann Bezug zur Bestrafung von Magie, und zwar an ausgesprochen Prominenter Stelle. Unter §2 findet sich Folgendes:
Wenn ein Bürger einem Bürger Zauberei vorgeworfen hat, ihn aber nicht überführt, so geht der, dem Zauberei vorgeworfen ist, zur Flussgottheit, taucht in den Fluss hinein, und wenn der Fluss ihn erlangt, so erhält, der ihn bezichtigt hat, sein Haus; wenn der Fluss diesen Bürger für frei von Schuld erachtet und er heil davonkommt, so wird der, der ihm Zauberei vorgeworfen hat, getötet, der der in den Fluß hinabgetaucht ist, erhält das Haus dessen, der ihn bezichtigt hat.
Codex Hammurabi, §2, Übers. von Wlhelm Eilers, 1932.
Eine modernere Übersetzung findet sich hier, allerdings ist der Inhalt gleichbleibend. Hier wird also nicht nur nicht unterschieden um welche Art "Zauberei" es sich handelt, es sollte zudem die Methode angewandt werden, die heute so oft und zu Recht mit kopfschüttelndem Unverständnis als "Wasserprobe" bezeichnet wird.
Vereinfacht gesagt besteht zu jener Zeit bereits ein Widerspruch zwischen Religion und Magie. Die Philosphie hinter altorientalischer bzw. ägyptischer Religion geht von einem Gestaltungswillen und eben dieser -macht der damals verehrten Götter aus. Das Verständnis damaliger Magie / Zauberei ging aber von einer Vernetzung, einer allgegenwärtigen Verbindung aus, bestehend aus Kosmos, Menschen, Göttern und Dämonen.
Daraus resultiert zwar eine im allgemeinen friedliche Koexistenz die sich aber durchaus bei einem Verdacht oder unerklärbaren Ereignis in rechtlicher Verfolgung wie außerrechtlichen Maßnahmen niederschlagen kann. Die Angst vor den Verstorbenen, die unversorgt die Lebenden tyrannisieren oder unverheirateten jungen Frauen, die einmal verstorben als succuba wiederkehren ist gut belegt.
Als Gegenmaßnahme ist bspw. das "Maqlû" bekannt, eine weitere Beschwörung um die Person zu identifizieren, die Schadenszauber wirkte - und diese zu verfolgen. Das Deschner dies, de facto ja  mit denen der neuzeitlichen Pogrome identische Verhalten regelrecht leugnet spricht Bände.
Die Darstellung von Magie in der griechischen Literatur stellt sich keineswegs als eine differenzierte heraus. Magiewirkende können dort zwar auch positive Effekte bewirken, das hält jedoch keinen dieser Protagonisten davon ab seine Macht auch schädlich einzusetzen. Und so schlägt sich zwar auch hier im Gesetz vor allem der Schaden als zu bestrafendes Element der Magie im Gesetz nieder, Mißtrauen und Übergriffe werden dadurch jedoch nicht gebannt. Zumal wir von mehreren Asebie-Prozessen wissen, als rechtlicher Verfolgung des "Frevels an den Göttern". Gleichzeitig ist der Begriff mageia bis zur lateinischen Zeit doppelt belegt und wird oft auch für Priester bzw. deren Akte genutzt. So wundert es nicht, dass die griechischen "defixiones" oder "Fluchtäfelchen" die zum Wirken oft genutzt wurden, i.d.R. Bezug nehmen zu Göttern der Unterwelt aus dem griechischen und ägyptischen Fundus.
Belegt ist in jedem Fall aus dem Jahre 470 v.Chr. in Telos das Verbot gegen Staat oder einen Privatmann, gemeint ist damit der freie, männliche Bürger, Zauberei anzuwenden - ohne Unterscheidung zu welchem Zweck.
Auch kennen wir die Anklage der pharmakeía sollte jemand durch einen "Zaubertrank" zu Schaden oder gar zu Tode kommen, gleich ob dieser nun als weiße oder schwarze magie klassifiziert würde.
Das römische Zwölftafelgesetz unterscheidet entgegen verbreiteter Behauptungen ebenfalls nicht verschiedene Formen der Magie. Dort finden sich die Begriffe "malum carmen incantassit" und "excantassit". Diese Wortwahl lässt ursprünglich eher auf Eigentumsdelikte schließen als auf einen dezidierten Magieglauben. Erst im Laufe der Zeit wird aus diesem "besingen" ein Glaube an eine Art magisches Ritual.
Es ist dann schließlich Sulla der mit seinem Gesetz lex cornelia de sicariis et veneficis direkten Bezug auf Zauberei nimmt und zumindest schädliche Ausübung unter Strafe stellt. Hieraus eine allgemeine Akzeptanz von "nicht schädlicher" Magie abzuleiten ist jedoch ein Trugschluss. Das römische Recht ist nicht umfassend oder durchgehend geregelt. Es versteht sich als Maßnahme gegen Schaden - kann sich also gar nicht auf nicht schädliche Magie beziehen.
Bereits 80 Jahre später unternimmt Augustus aber Schritte genau in diese Richtung. In seine Zeit fällt eine stärker werdende Differenzierung zwischen Religion und Magie. Es ist sein ergebener Agrippa, der 33. v. Chr. Astrologen und Hexer aus Rom verbannt - unter Androhung schwerer Strafe. Vermehrt werden Wahrsager verbannt oder hingerichtet, Prozesse enthalten immer öfter die Anklage devotio - ursprünglich die Selbst- oder Fremdweihung "auf den Tod", dann auch die gelobte Aufopferung für den Kaiser aber eben auch die "Verhexung" anderer.
Dabei ist die juristische Verfolgung eher zweifelhafter natur, wie die skeptischen Worte bspw. Ciceros belegen. Seine Wirkung auf das Publikum verfehlte diese Anklage jedoch nicht - und auch hier ist eine Parallele zur Neuzeit zu sehen. Die aktuellen Zahlen der von Deschner als im Verfolgungswahn gegeißelten Inquisition belegen einen eher kleine prozentualen Teil an Schuldsprüchen bzw. schweren Strafen.
Das Standardnachschlagewerk der Althistoriker, Der Neue Pauly (DNP) lässt dazu folgenden Satz im Artikel zur Magie lesen:
M. läßt  sich vorher eigentlich nur als Straftatbestand in anderen Kontexten fassen.
DNP, Bnd. 7, 669.

Gleichzeitig gehörten Praktiken wie auspicia (Vogelschau) oder das Lesen in Eingeweiden durch haruspices zu den üblichen staatlichen Riten, teilweise sogar als notwendig erachtete Handlungen.
Aus diesen Betrachtungen bleibt nur festzustellen, dass es sich bei der Anklage, dass Christentum unterscheide nicht um eine mehrfache Verallgemeinerung handelt. Nicht nur, dass auch vor und nach dem Christentum Kulturen, Teile davon, Einzelpersonen oder Gruppen ebensowenig differenzierten. Verfolgung und Bestrafung völlig Unschuldiger wie sich selbst als magieausübende Darstellende finden sich somit auch in der Zeit vor dem Christentum. Inwiefern sich die Zahlen hier unterscheiden von dem, was in der Spätantike bis zur Neuzeit vorlag ist mit den bisher vorliegenden Mitteln nicht festzustellen.
Auch die mangelnde Behandlung der Einstellung des Christentums zur Magie ist ein Makel dieser Verallgemeinerung. Das im Christentum Magie meist als menscheneigene Macht nicht existiert sondern ein Mittel der Verführung ist - daher eine Unterscheidung gar nicht vorliegen kann sondern nur ein Zweck der dieses Mittel eben nicht heiligt, wäre zwingend erwähnenswert gewesen.
Und doch findet sich eine Unterscheidung in "schadhafte- und gute Magie" selbst in dieser Position. In Mailand fanden 1384 und 1390 zwei Prozesse gegen Frauen statt, die gestanden hatten an "Gesellschaften" der "Madonna Oriente" teilgenommen zu haben. Im ersten Prozess wurden sie zu Buße und Umkehr verurteilt, also Geldstrafen und Sühnehandlungen. Ihnen war zwar Frevelei vorgeworfen, aber kein Schaden. Erst das Ausbleiben der Umkehr, also die weiterhin stattfindende Teilnahme an "Gesellschaften" führte zum zweiten Prozess und zur unmenschlichen Strafe der Hinrichtung.
Dieser Schandfleck der Kirchengeschichte ist nicht geeignet, die Kirche oder ihre Mitglieder in Unschuld zu waschen, aber er zeigt deutlich die mangelhafte Auseinandersetzung Deschners mit den Fakten. Hier wird eben doch unterschieden und die Parallelen zu vorchristlichen Hexenverfolgungen deutlich aufgezeigt.

Unerwartet menschenverachtend wird Deschner dann aber in Bezug auf den Hexenglauben in heutiger Zeit. Deschner prangert an, dass die Kirche "die Mittel der Magie" versuchte auszutreiben und erfreut sich daran, dass die hier verwendeten Mittel mitunter aus Riten anderer Religionen (zu) stammen (scheinen) oder ihnen ähneln. In den Absätzen, in denen er die Verfolgung von "Zaubernden" vor dem Christentum negiert und sich dann über dessen Kampf gegen diesen Magieglauben lustig macht hätte er Bezug nehmen können auf die Ereignisse unserer Tage, so wie es Behringer in seinem Überblicksbüchlein gleich zu Beginn des zweiten Kapitels unternimmt. Selbst heute noch passiert es immer wieder, dass "Hexen" hingerichtet oder gelyncht werden. Saudi-Arabien als Beispiel eines hinrichtenden Staates und von einem Mob unter den Augen der Staatsmacht ermordete Frauen in Papua-Neuguinea für Lynchjustiz.

Zu 2. Obwohl er davon spricht, dass jenes frühe Christentum keine schweren Strafen für Magie kannte und erst am Ende des Mittelalters seine Position z.T. umkehrte, erklärt er gleichzeitig eine Verfolgungssituation seit dem Frühmittelalter durch die Kirche aber auch bestimmte Gruppierungen und beschuldigt bereits Konstantin als ersten Verfolger.

Inkonsequent beschuldigt Deschner bereits Konstantin als aktiven Verfolger von Zaubernden.

„Der erste christliche Kaiser, Konstantin I., der im 4. Jahrhundert einerseits selbst Eingeweideschauer und Astrologen befragt, der auch gesetzlich Heil- und Wetterzauber zugelassen hat, pönalisierte andererseits schon das Verabreichen von <<Liebesbechern>> mit Exil und Güterkonfiskation, ja, im Todesfall, mit dem Zerreißen durch wilde Tiere oder durch Kreuzigung (I 268). Auch diskriminierte bereits Konstantin das früher erlaubte Wahrsagen.“
Kriminalgeschichte des Christentums, Bnd. 8, S. 308
Was Deschner hier nicht anführt, ist, mal wieder, der Zusammenhang, denn dieser würde seine Thesen in Frage stellen. Ebenso die vollständige Darstellung. Das Konstantin sich der Vogelschau undder Geweideschau bediente steht nicht nur außer Frage, sondern wird von den ersten bis zu den letzten überliefernden und forschenden Christen niedergeschrieben - also jenen Menschen, denen Deschner per se aufgrund ihrer Religion ehrliche historische Forschung abspricht. So findet sich eine Anordnung jenes "christlichen Kaisers" auch im Codex Theodosianus (IX. 16.1.), Gesetzessammlung des Kaisers Theodosius erwähnt, die besagt im Falle eines Blitzschlages in Palast oder öffentliches Gebäude einen haruspex zu Rate zu ziehen. Diese Information unterschlug auch der Religionshistoriker und Chorherr Ambros Josef Pfiffig nicht, der jedoch eine plausible und fachliche Analyse zu Konstantins dazu scheinbar im Widerspruch stehenden Verbotes eine Eingeweideschau im privaten Heim durchzuführen anschloß. Gerald Krutzler schreibt dazu zusammenfassend:
"Dieses Verbot ist Pfiffig zufolge noch nicht unter dem Einfluß des Christentums zu sehen, sondern richtet sich, als rigorose Wiederholung des von Tiberius erlassenen Verbotes, gegen die private, d.h. heimliche, Ausübung der haruspicinia in der unkontrollierbaren Privatheit der eigenen vier Wände, während ihre öffentliche Ausübung, wie auch die öffentliche Ausübung heidnischer Religion an sich, ausdrücklich erlaubt blieb."
G. Krutzler, Kult und Wahrnehmung: Wahrnehmung der Germania bei Bonifatius, Wien, Berlin, Münster, 2011, S. 184.
Die Verbote stehen also nach Fachmeinung nicht im Zusammenhang mit Konstantins (realer oder projezierter) Religion. Wozu dann? Auch das erwähnt Pfiffig, als er auf Verbote der Vorgänger Konstantins verweist. Unter Punkt 1. habe ich an dieser Stelle andere Beispiele besprochen. Es ist also mehr die Position des Kaisers die Konstantin zu seinen Verboten und Strafen veranlasste. Anders als von Deschner dargestellt ist dies also weder neu noch ausschließlich auf christliche Kaiser beschränkt.

Gerade was aber Wahrsager, Deuter und Leser aller Art angeht, so bleibt Deschner einen weiteren entscheidenden Hinweis schuldig. Schon die klassischen Sagen berichten, dass die Erlaubnis, Lohn oder Strafe auch von der Art der Botschaft abhängen konnte. Laokoon und seine Söhne, um ein Beispiel zu nennen, fanden durch „ein Gottesurteil“ den Tod, weil ihre Vorhersagen zwar zutreffend, aber unangenehm waren.
Wie oben erwähnt verbot Augustus das Wahrsagen in Rom außerhalb bestimmter Normen und ließ Bücher verbrennen. Agrippa verbannte Astrologen aus Rom, ebenso Tiberius und Vitellius.
Was das Frühmittelalter angeht führt Deschner selbst aus (S. 302) welche Strafen „durch Zauberei Verliebtheit erregt“ im Mittelalter zur Folge hat.
„Ein Mord mittels Zauberei wird durch sieben Jahre Buße gesühnt.“
In Relation zu den vorgenannten Urteilen erscheint dies keineswegs drakonisch oder ein Pogrom befördernd.
Auch das Karl d.Gr. die Todesstrafe für die irrgeleiteten Magiermörder, also jene, die einen Menschen wegen dessen vermeintlicher Magie ermorden, verhängt findet eine Bemerkung - wenn auch an den Rand versetzt und deutlich in seinem Sinne interpretiert.
Selbst der canon episcopi und das darin eben ausbleibende Todesurteil ist ihm bekannt und ein paar Zeilen wert. Aber all diese Beispiele bringen ihn nur dazu, diese Phase der Geschichte als Einleitung der Hexenverfolgung zu deuten und nicht bereits als Höhepunkt.
Es ist nicht zu bestreiten, dass bestimmte Glaubensinhalte, bpsw. der Glaube an Dämonen, eine eindeutige und stringente Linie von den frühen Kulturen bis ins Christentum aufweisen. Deschner versucht die Bedeutung solcher Elemente vor dem Christentum zu schmälern und im Christentum zu potenzierender Bedeutung zu führen. Dabei ist es nicht nur der heilige Augustinus sondern auch Platon, der ihnen einen bedeutenden Raum einräumt. Deschner wäre also in der Pflicht gewesen, nicht nur die Existenz solcher Lehren nachzuweisen, sondern auch ihre wachsende Bedeutung bis hin zu ihrer Rolle als Auslöser der Hexenverfolgung. Da er selbst aber Texte anführt, die genau das Gegenteil am Christentum beweisen, also die lange währende Ablehnung des Zauberglauben, ja den Versuch, diesen Aberglauben abzustellen ist seine Schlussfolgerung eigentlich unbegreiflich. Vielmehr müssen alle folgenden Texte zur Hexenverfolgung in der "Kriminalgeschichte des Christentums" im Licht dieser wankelmütigen und voreingenommenen misslungenen Beweisführung gesehen werden.
Dazu kommen die bereits mehrfach erwähnten Auslassungen des Autors. Völlig korrekt führt er auf Seite 308 verschiedene Morde im sechsten, neunten, 11. und 12. Jh. an. Völlig inkorrekt lässt er die Informationen die wir zu diesen Fällen sonst haben aus. Man kann ziemlich deutlich erkennen, dass er Behringer zitiert, wenn er die Beispiele auflistet. Behringer aber betont bspw. bei den drei verbrannten Erntehelferinnen bei Freising im Jahr 1090, dass dies in einem Jahr der Sedisvakanz in dieser Bischofsstadt den Menschen plötzlich mehr Freiheit als gewöhnlich ließ. Auch unerwähnt lässt Deschners den wichtigen Verweis Behringers, dass:
"Mönche des nahen Klosters Weihestephan von einem Märtyrertod der Frauen sprachen, für ein ordentliches Begräbnis sorgten und den Vorfall der Nachwelt überlieferten."
W. Behringer, Hexen: Glaube, Verfolgung, Vermarktung, 52009.
Deschner setzt fort:
„Gewiß hat es in diesen frühen Jahrhunderten mehr Opfer christlichen Hexenwahns gegeben als die Dürftigkeit der Überlieferung erkennen läßt. Zumal die meisten Fälle der Lynchjustiz, etwa im Alpenraum, in Skandinavien, offenbar nicht aktenkundig wurden. In Polen und der Ukraine kamen so nach einer Schätzung die Hälfte aller Opfer um.“
Dem schließt er so reine Spekulationen an. Unter dem Titel der Kriminalgeschichte firmiert die Spekulation zu unrecht. Zur Falschanschuldigung trägt denn eine aktuelle Schlagzeile bei, die dem quantitativen Eindruck des letzten Satzes eine Kleinigkeit hinzufügt.
DIE UKRAINE FEIERT IHRE CHRISTIANISIERUNG VOR 1025 JAHREN.
Ähnliches gilt für Polen. Die Christianisierung unseres östlichen Nachbarns begann erst im 10. Jh. und dauerte in Teilen bis weit ins 13. Jh. hinein an. In jenen Gebiete einfach für besagte Zeiträume, die "frühen Jahrhunderte", zu veranschlagen, dass dort Hexenverbrennungen stattgefunden haben, im Namen des Christentums, ist schon im Bereich der bösartigen Unterstellung.
Man kann zwar davon ausgehen, dass es wirklich mehr Opfer als die Bekannten gegeben hat, wie viele aber und wo, dass lässt sich weder in die eine noch in die andere Richtung auch nur schätzen.
So gibt es katholische Gebiete zur Zeit der dramatischen Hexenverfolgung in denen es kaum bis gar keine Opfer gab. Da ist es vermessen zu Schlussfolgern, dass in Zeiten vereinzelter Vorfälle überall doppelt so viele Opfer gab, wie bekannt.

Ähnlich verfährt Deschner auf Seite 309. Er zitiert aus dem Sachsen-, Schwaben- und Richterlich Klagspiegel um zu belegen, wie verbreitet die Todesstrafe für Hexen und Zauberer war - nur um danach zuzugeben:
„Ingesamt aber hielt sich die profane Obrigkeit zurück, schaltete sich die weltliche Justiz, ausgenommen etwa Fälle von Schadenszauberer, während des ganzen Mittelalter noch eher selten.“
Er zitiert auf diesen Satz folgend Trusen:
"<<Der Vorrang der Initiative lag zunächst bei der geistlichen Gerichtsbarkeit, besonders bei Inquisitoren>>. In ihre Kompetenz fiel ja die Hexerei, seit man alle möglichen Wahrsage- und Zauberkünste, die ganze schwarze Magie unter dem Begriff der Härsie subsumiert und den Teufelspakt, die Teufelsbuhlschaft, den Hexenflug oder Hexensabbat, die rituelle Teufelsanbetung als Apostasie, satanische Gegenkirche, als bewußte Abkehr von Gott verstand."
Wer aber das Kapitel bis hierhin gelesen hat bekommt den Eindruck, es ginge noch immer um die Zeit ab dem 6. Jh.n. Diesen Eindruck relativiert Deschner erst darauf mit dem Verweis:
"Der Übergang von der <<Ketzer>>- zur Hexeninquisition vollzog sich im Laufe des 13. Jahrhunderts, in dessen zweiter Hälfte es noch wenige Hexenprozesse gab Hundert Jahre darauf und später aber mehrten sie sich (...)." 
Er macht sich nicht die Mühe zu betonen, dass im Zentrum der Inquisition, Spanien, kein solcher Wandel zu verzeichnen ist. (Im Gegenteil, hier sorgte die Inquisition dafür, dass derartige Prozesse kaum vorkamen.) Er bezieht sich vor allem auf die Bulle "Super illius specula" des Papstes Johannes XXII. welcher 1326 veranlasste das Personen die unter Verdacht der Ausübung des Schadenszaubers standen als Ketzer behandelt wurden - im 14. Jh. also.
Keinen dieser, zumeist durch die bekannten Methoden Auslassung und Unterstellung entstandenen Widersprüche löst Deschner auch nur Ansatzweise zufriedenstellend auf.

Daran ändert auch das folgende Kapitel nichts, in welchem er sich vornehmlich an die Texte des "Hexenhammers" und Innozenz VIII. hält, Gegenstimmen und Widerständler entweder unterschlägt oder als vereinzelte Lichtblicke erscheinen lässt. Das sich die beiden Texte letztlich auf eine Person zurückverfolgen lassen und darüber nicht die gesamte Kirche und Christenheit, die sich zudem zu dieser Zeit bereits stark gespalten hatte, abzuurteilen ist bleibt für den Hypokraten ohne Belang. Sträflich aber ist die Unterschlagung der Analyse Behringers, der als Grund für die Reise des späteren Hexenhammerautoren Kramer den anhaltenden Widerstand Seitens der Geistlichkeit angibt. Den ersten Versuch nach Unterzeichnung der Bulle durch den Papst unternahm Kramer dann in Innsbruck. Seine Methoden führten dazu, dass trotz Bulle Bischof, Klerus und Bürger gegen ihn Aufstanden und ihn aus der Stadt warfen. Derlei passt nicht in das Konzept Deschners, weshalb er es zwar berichtet, aber in den Worten so darstellt, als sei ein Schicksalsschlag dazwischen gekommen und der Bischof wäre irgendwie nicht so recht einverstanden gewesen - statt sich völlig und gegen päpstliche Autorität dagegen aufzulehnen.

Nicht berichtet Deschner von den Vorgängen in Katalonien in den Jahren 1618 bis 1622. Die Inquisition war in jenen Jahren der Dürre und Knappheit die von den weltlichen Gerichten zu dutzenden Geführten Verfahren gegen vermeintliche Hexen und deren Hinrichtung zu unterbinden. Rummel und Voltmer berichten:
"Während der von der Inquisition (zur Rettung, Anm. Theodred) entsandte Kommissar zur einen Seite der Stadt hineinritt, entführten die Gerichtsbüttel auf der anderen Seite die inhaftierten Frauen aus dem Gefängnis, um sie auf freiem Feld zu erdrosseln."
W. Rummel & R: Voltmer, Hexen und Hexenverfolgung in der frühen Neuzeit, Darmstadt, ²2012, S.123.

 

 

3. Er bezeichnet "die weisen Frauen" als "fast einzige Zielgruppe der Pogrome".

Nach mehreren Seiten ausführlicher Schilderung der Frauenfeindlichkeit kommt der Kirchenkritiker auf Seite 316 zu folgendem Satz:
„Nun gibt es eine Gruppe von Frauen, den Autoren des Hexenhammers verhaßter als jede sonst: die Hebammen. Es erstaunt, daß der Fanatismus der Inquisitorn, ihre Verfolgungssucht gerade diese Frauen trifft. Sie können kaum schlecht genug gemacht werden. Ja, es wird schlicht behauptet: <<Niemand schadet dem katholischen Glauben mehr als die Hebammen.>>“
Deschner kommt zu diesen Sätzen durch die Arbeiten von Gunnar Heinsohn und Otto Steiger, deren Buch "Die Vernichtung der weisen Frauen" und die darin enthaltene These "Das Ziel der Hexenverfolgung der frühen Neuzeit ist die Beseitigung von Geburtenkontrolle." er nicht hoch genug loben kann. Für ihn geht es in der Tat um den durch Seuchen und Missernten ohnehin entstandenen Arbeitskraftverlust, welchen die Kirchen als finanziellen Verlust nicht noch durch Abtreibungen verstärkt sehen wollten.
"Den größten Grundbesitz aber hatte weiterhin die katholische Kirche (...), folglich trieb gerade sie zum Kampf gegen Verhütung, Abtreibung, Kindstötung, folglich mußte vor allem die Trägerin des Verhütungswissens, die Hebamme, ausgerottet werden. Ergo beginnen im späten Mittelalter ziemlich jäh und vermehrt die Hexenverbrennung (...)."
Kriminalgeschichte des Christentums, Bnd. 8, S. 317.
Kritiker dieser Autoren und ihrer These diskreditiert Deschner einfach, nennt ihre Auseinandersetzungen "Disqualifizierungen" und einen "literarischen Genuss", ohne deren Argumente wenigstens einmal aufzuführen.
Jeder, der jenes "gründliche wie klare Buch" ablehnte oder dagegen argumentierte betitelt er als "Neider, Mißgünstigen, Besserwisser".
Dafür schliesst er diesen Lobgesang bzw. diese Beleidigung mit dem Satz
"Und wie auch immer die verschiedenen Faktoren des Problems bewertet werden mögen, hinter all den horrenden Massaker steht unzweifelbar als Basis und immerwährendem Anschub die Moral, besonders die Sexualmoral der Kirche."
Kriminalgeschichte des Christentums, Bnd. 8, S. 317.
an. Hauptgrund der Hexenverfolgung ist für ihn daher „pseudoreligiöer Fanatismus, abergläubische Pfaffenhysterie und -dummheit und materieller Raffsucht“.





Fakt ist, die meisten Historiker haben das Buch nicht mal in ihrem Literaturverzeichnis, da die Methode längst als unwissenschaftlich, die These als abstrus und ahistorisch entlarvt, das dahinter stehende Gedankengut als programmatisch erkannt wurde.
Einige der markantesten Gegenargumente möchte ich auflisten.
- Wäre die Theorie korrekt, so wären Hebammen und als solche arbeitende Frauen markant unter den Opfer, die Zahl der Frauen in diesem Beruf in der frühen Neuzeit stark rückläufig, die Hebammen bei allen Wellen die ersten unter den Opfern oder zumindest in den örtlichen Statistiken herausstechend.
Da wir mittlerweile über einen reichen Vorrat gesichteter Akten von Hexenprozessen verfügen können wir dies als unzutreffend zu den Akten legen. Die Opfer finden sich in Zentraleuropa zwar vorwiegend unter Frauen, dort aber quer durch nahezu alle Schichten der Gesellschaft und Berufsgruppen. In Skandinavien sind es zu einem großen Teil auch Männer die zu Opfern werden und damit der Theorie entgegen wirken. Regional sind die Opfergruppen sehr unterschiedlich. Zwei Bücher der Heimatgeschichte aus dem Raum Kärnten (beide 2009) wiesen für ihren Raum nach, dass die größte Gruppe unter den Opfern besitz- und heimatlose Männer waren.
Nach Calvins Einzug in Genf wurden Hexenprozesse gegen mehrere Männer mit deren Hinrichtung vollzogen.
- Die Bulle des Papst Innozenz VIII. verweist ausdrücklich auf Männer und Frauen. Eine Hervorhebung der Frau oder spezieller Frauen dieses für die Ansichten Deschners so zentralen Schriftstück ist also nicht nachzuvollziehen, auch hier eher das Gegenteil. Der Papst hat mit seiner Formulierung den eigentlichen Hintermann, Kramer, vor den Kopf gestoßen, der dies nicht vorsah.
- Das Konstrukt der "weisen Frau" stammt nachweislich aus den Zeiten der Romantik (basierend auf den Vorstellungen "weisser Zauberei" des Mittelalters), verbreitet u.a. von Grimms über Nazis bis zur modernen Feministin. Die wissenschaftlich nachgewiesene Lebensrealität bietet uns bislang keinen derartigen Ansatz.
- Behringer (W. Behringer, Die Drohung des Schadenszaubers. Von den Regeln wissenschaftlichen Arbeitens. Eine Antwort auf Heinsohn und Steiger, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 7.10.1987, S. 37. ) hat eindrücklich dargelegt, dass die Zeiten der massiven Hexenverfolgung mitunter auch Zeiten der Überbevölkerung waren, die Orte der Hexenverfolgung oft soziale Ballungsgebiete mit einem großen Überschuss an Arbeitskraft - also das Gegenteil der Grundlage der Heinsohn / Steiger Theorie.
- Die "weise Frau" als Hüterin von Können und Wissen ist ein Mythos, vielmehr ein Vorurteil gegenüber den Menschen des Spätmittelalters und der frühen Neuzeit. Nach allem was wir bisher wissen, war der Informationsstand der Bevölkerung was Empfängnis, Abtreibung und Geburt anging durchaus geeignet das Leben wie gewohnt, möglicherweise aber mit höheren Verlusten an Menschenleben bei der Geburt fortzusetzen. Damit wäre zudem das Gegenteil dessen erreicht, was die Autoren unterstellen.
- Die Entwicklung eines solchen Planes ist in damaliger Zeit schlicht nicht praktikabel. Weder hatten Kirche noch Gemeinschaften die Ressourcen noch den Überblick alle Hebammen zu erfassen und zu fassen.
- Hexenhinrichtungen entstanden oft explosiv aus plötzlichen Anschuldigungen und Verdächtigungen der Bevölkerung.In den neuzeitlichen und dokumentierten Fällen ist großteils eben kein Inquisitor oder Kirchenmann zugegen oder beteiligt, wenn die Anklagen erstmals erhoben werden.
 usw. usf.

Etwas ausführlicher bespricht Walter Rummel für die Seite historicum das Phänomen und auch eine Ausstellung aus dem Jahr 2002 u.a. im Deutschen Historischen Museum hat sich am Rande damit beschäftigt.

Es ist mir ein Rätsel, wie angesichts geballter persönlicher Anfeindung, Herabwürdigung, Voreingenommenheit und unwissenschaftlichen Arbeitsweise irgend ein Rezensent ein positives Urteil fällen konnte.




Zu. 4. Hauptschuldiger, Initiator  und Koordinator sei die katholische Kirche mit ihrer Sexualmoral und der dahinterstehenden Raffsucht.

Wie weiter oben schon ausführlich dargelegt gab und gibt es Hexenverfolgung mit und ohne Beteiligung von Kirchenpersonal, -lehren und -institutionen. Die Haltung der Kirche zum Hexenglauben war erst ablehnend, schwenkte dann nach und nach ein um ihn schließlich wieder abzulehnen. Schon allein diese Tatsachen widersprechen der Behauptung sie sei Hauptverantwortliche.
Deschner arbeitet sich vor allem an den päpstlichen Bullen „Summis desiderantes affectibus“, „Super illius specula" und dem Hexenhammer ab, also den Positionen zweier Päpste und des Inquisitors Heinrich Kramer. Eine Gegenüberstellung mit anderen Positionen bleibt bis auf einige als positive Randerscheinungen dargestellten Einzelpersonen aus.
Wer aber den Hexenhammer anführt, der sollte verschiedene Punkte schon der Vollständigkeit halber erwähnen. So werden als Autoren oft die Inquisitoren Kramer und Sprenger genannt. Die aktuelle Forschung aber belegt, das Sprenger nicht nur keinen Beitrag zum Hexenhammer leistete, sondern sich gerade gegen die Hexenverfolgung aussprach. In der Konsequenz wurde er gegen seinen Amtskollegen mehrfach aktiv, sorgte für Widerstand und machte ihm seine Verfolgungen schwerer.
Wenn also bereits in den publizierten Autoren keine Einigkeit herrschte, wie sieht es mit der Anerkennung des Hexenhammers aus? In einer Konferenz der Inquisition 1526 in Granada lehnten diese den Hexenhammer ab. Als 1548 ein Inquisitor sieben Frauen in Tarragona hinrichten ließ wurde die Suprema aktiv und ließ ihn selbst entheben und strafen.
Ein einheitliches Bild, eine klare Haltung der Kirche, ihrer Vertreter oder gar aller Christen wird hier deutlich wiederlegt.
Mittlerweile sollte allgemein bekannt sein, dass auch die protestantischen Kirchen ihren Teil an der Verfolgung von Hexen beitrugen, völlig unabhängig von ihrer jeweiligen Sexualmoral. Bereits erwähnt wurde z.B. der Anstieg an Hexenprozessen in Genf nach Calvins Einzug. Auch Luther hatte eine bekannte und klare Position zur Hexenverfolgung bezogen, die sich in den Reaktionen protestantischer Gebiete wiederfindet. Für Deschner ist dies natürlich nur ein Beleg der allgemeinen Schuld des Christentums; diese mangelnde Differenzierung erklärt jedoch nicht den Widerspruch zu der von ihm angestrengten These der Schuldigkeit und Organisation der katholischen Kirche und ihrer Lehren bzw. ihrer Gier.
Schließlich kollidieren zwei Anschuldigungen Deschners und die tatsächliche Entwicklung beim Hexenhammer. Der eigentliche Titel lautet bekanntlich: Malleus Maleficarum und deutet bereits auf die Sprache hin, welche das Buch benutzt. Es ist komplett in Latein verfasst. Deschner selbst beklagt an anderer Stelle, dass die Kirche Latein dazu nutzt, die dieser Sprache meist unkundige Bevölkerung auszuschließen und "dumm zu halten". In den Wellen der Hexenverfolgung liegen keine Übersetzung vor, bis auf einige Passagen ins Polnische. So gehörten vor allem Juristen und Gelehrte zu den Konsumenten. Die Beteiligung der Bevölkerung ist aber ein grundlegendes Element der Hexenverfolgung, von der Denunziation bis zum Lynchmord.
Der in dem Buch selbst geführte Diskurs ist für Personen außerhalb studierter Kreise nicht geeignet. Die scholastische Vorgehensweise und die Wiederholung selektiver Lehrmeinungen in Kombination mit teilweise lächerlichen Konstruktionen (Deschner wiederholt selbst Kramers frauenfeindlichen Versuch aus dem lateinischen Wort "femina" eine Abwertung der Frau an  sich zu machen), machen es für ungebildete Kreise mit Lateinkenntnissen schwer verständlich und für manchen Intellektuellen zur nur polemisch zu behandelnden Lächerlichkeit. Das wird bereits an der Form deutlich. Die in der tabula angekündigte Gliederung findet sich im dreigeteilten Text mit insgesamt 57 höchst verwirrend eröterterten Fragen nicht wieder. Dem Leser ist somit ein navigieren im Buch unmöglich.

In der Vergangenheit wurden viele Sätze geschrieben, die den Hexenhammer zum "schlimmsten und verhängnisvollsten Buch" der Menschenheitsgeschichte machten. Heute ist die Forschung davon abgekommen. Das liegt an der Umsetzung des Buches. So wurde für die Stadt Nürnberg 1491 eine komprimierte Version des Hexenhammers geschrieben, der "Nürnberger Hexenhammer". Nach Sichtung der Quellen steht heute fest: er wurde nie eingesetzt, obwohl das Buch Nürnberg viel Geld gekostet hatte.

Auch ein argumentum ex silentio möchte ich kurz anführen. Obwohl der Hexenhammer und seine Positionen, insbesondere die Frauenfeindlichkeit darin, ausführlich besprochen werden, bleibt bspw. Ulrich Molitors Hexentraktat regelrecht unbeachtet. Dieses Buch ist nicht weniger frauenfeindlich und fordert ebenfalls die Todesstrafe für Hexen. Gleichzeitig lehnt es aber die Folter als Mittel zur Erlangung von Aussagen ab und verneint eine teufliche oder menschliche Zauberkraft. Dieser weitaus komplexere Beitrag zur europäischen Hexenverfolgung, der ebenfalls in damaliger Zeit sehr weit verbreitet war, bleibt außen vor. Er lässt sich nur schwer in Deschners Theorien einarbeiten.

Was die Edikte der Päpste betrifft lohnt sich ebenfalls ein genauerer Blick.
Johannes XXII. war direktes Ziel und Zeuge eines Mordversuches, bei welchem sich die Täter auch der Magie bedienten. Täter, das war u.a.der Bischof von Cahors, Hugues Geraud. Die Protokolle der Verhöre erleuchten ein Komplott, bei dem neben Gift auch der Versuch durch Zauberei als Waffe genutzt wurde. Rainer Deckers hat sich mit diesem und ähnlichen Fällen in der gleichen Zeit in seinem Buch "Die Päpste und die Hexen" auseinandergesetzt und kommt zum Schluss einer gründlichen und plausiblen Untersuchung und Anklage. Er belegt zudem mit anderen Fällen mit anderen Ergebnissen, dass keine Vorverurteilung hier zu attestieren ist.
In dieser Zeit also kommt Johannes XXII. zu seiner Haltung zur Zauberei. Diese ist entsprechend der ihm eigenen Erfahrungen keineswegs geschlechterorientiert und lässt sich nicht auf die Thesen Deschners reduzieren - wenn auch ihr Beitrag zur weiteren Entwicklung des Hexenglaubens und ihrer Verfolgung nicht zu leugnen ist. Leider ist an dieser Stelle kein Platz, auf die Komplexität dieses speziellen Themas einzugehen, aber das oben erwähnte Buch kann ich jedem Interessierten nur wärmstens ans Herz legen.
Johannes XXII. ist damit der erste Papst, der Zauberei in seine Lehren deutlich einbezieht und das Fundament für die späteren Verbrechen an der Menschlichkeit legt. Er ist aber nicht der raffgierige Mordbrenner unschuldiger "weiser Frauen", als den Deschner ihn gerne gesehen haben will.

Bereits oben erwähnt wurde Dissenz zwischen päpstlicher Bulle und Hexenhammer in Bezug auf die Frauenfeindlichkeit. Das Kramer auch nach Veröffentlichung der Bulle bei verschiedenen Gelegenheiten auf erheblichen Widerstand stieß spricht ein übriges.
Gerade was eines der Kernlande der Hexenverfolgung, Deutschland, angeht gilt: mit Kramer, bekannt unter Institoris, endete auch die Präsenz einer aktiven Inquisition in Deutschland. Die Fürsten sperrten sich gegen eine ähnlich starke Präsenz wie in Spanien oder Italien, auch wenn ein offizieller Vertreter in Köln bis weit ins 18. Jh. existierte. Dieser verbucht aber keinerlei Verhaftungen mehr. Da die Bulle aber lediglich zugunsten der Inquisition die Verfolgung gewährleistet ist eine Hauptverantwortung hier nicht zu halten. Nicht des Papstes, nicht der Inquisition und nicht der Kirche.
Deschner aber legt gegen derlei kritische Auseinandersetzung mit gewohntem Ton nach:
„Es beleuchtet die perverse Moral der katholischen Kirche, wenn der Jesuit Ludwig Freiherr von Hertling in seinem mehrfach übersetzten und aufgelegten Hauptwerk „Geschichte der katholischen Kirche“ noch in der Mitte des 20. Jahrhunderts schreiben kann: <<Nicht wegen dieser Bulle, wohl aber wegen seiner Charakterschwäche und des Ärgernisses, das er gab, gehört Innozenz in die Reihe der Päpste, die den Stuhl Petri entehrt haben.>> Nicht das durch Jahrhunderte fortgesetzte Enteignen, Foltern, Verbrennen – meist bei lebendigem Leib – Unschuldiger ist schändlich, schändlich ist die sexuelle <<Sünde>>, der Zölibatsverstoß.
Es ist fast unmöglich, dass Deschner die Prozesse überlesen hat, die belegen, wie die Bulle wirken konnte. Wurden, wie in Fällen in Innsbruck auf die der vermeintliche Historiker in seinem Buch auch verweist, die Regeln der Inquisition eingehalten, welche Folter und Verhör stark regulieren (bspw. Anzahl der Foltergänge und ihre Dauer), den Angeklagten eine Reihe grundlegender Rechte einräumten u.v.m. so wurden am Ende entweder Freisprüche gesprochen oder Urteile gefällt, die keineswegs stets eine Existenz (auf grausame Weise) auslöschten.
Anhand eines Zitates wird Deschners vorurteilsbehaftete Arbeitsweise wiedereinmal vorgeführt:
„Obwohl die Verfahren vor einem geistlichen Gerichtshof (darunter vier Dominikaner) stattfanden, brach der Prozeß als null und nichtig zusamen, die Angeklagten kamen frei.“ 
Kriminalgeschichte des Christentums, Bnd. 8, S. 312.
Nicht "obwohl" sondern in diesem Fall "weil". Die örtlichen Geistlichen hatten für einen ordnungsgemäßen Prozeß gesorgt. So gewährt diese Ordnung dem Bischof Mitspracherecht, welches dieser Wahrnahm indem er einen juristisch versierten Kleriker einsetzte. Am Ende standen den besagten vier Dominikanern auf Anklägerseite auch vier Vertreter des Bischofs als Mitsprechende gegenüber. Diese setzten wiederum durch, dass den Angeklagten Ärzte und Juristen als Verteidiger zur Seite gestellt wurden. Diese beanstandeten Kramers Vorgehensweise, die Vertreter des Bischofs stimmten dem zu und so "brach der Prozeß als null und nichtig zusammen." Hier war es also die Inquisition, die Kirche und die Bulle, die den Beschuldigten zu ihrem Recht verhalf.
Damit ist die Darstellung Deschners als falsch entlarvt, eine Unterstellung deren Hintergrund entweder die Unfähigkeit die Quellen und Literatur zu verstehen oder der Wunsch zu beschuldigen ist.

Auch das die bspw. angeführte Folter eine Folge der Bulle ist entspricht nunmal nicht den Tatsachen. Folter, das führte ich bereits in einem früheren Teil aus, gehörte schon vor dem Christentum zur Gerichtsführung und wurde unter diesem in der Anwendung reglementiert. Das ist, da muss man dem Kritiker zustimmen, lange nicht entsprechend den Vorgaben der Nächstenliebe und immer noch ein Verbrechen, in der posthistorischen Perspektive jedoch nicht aus dem Kontext gelöst zu bewerten und nicht der Bulle zuzuschreiben. Somit ist die Bewertung des Jesuiten Hertling durchaus nicht "pervers" und ihre Veröffentlichung kein Skandal.


Schluss
Bemerkenswert fand ich bei der Behandlung die kaum oder gar nicht verwendete oder angegebene Literatur Deschners innerhalb der eigentlich nicht geringen Literaturangabe.
Gerade für seine Belesenheit, seine umfangreiche Literaturangabe loben Deschner auch seine Kritiker. Beim Blick in das Literaturverzeichnis zu diesem Kapitel fällt aber auf, dass weder Voltmer noch Rummel erwähnt werde. Decker findet sich ein einziges Mal. Alle drei gehören heute zu den maßgeblichen Hexenverfolgungsforschern im deutschen Raum. Deckers Arbeit findet sich auch fast zitiert in Deschners Text wieder, allerdings nur extrem selektiv zitiert und ohne einen Hinweis auf die Auswertung oder Analyse. So ist der oben aufgeführte Fall von Innsbruck in aller Ausführlichkeit bei Decker zu finden, zitiert hat Deschner aber nur das ihm genehme. Gleiches gilt für den Autoren mit der häufigsten Nennung: Behringer. Auf ihn verweist ca. die Hälfte aller Angaben, die Inhalte sind aber einseitig und verzerrend wiedergegeben.
So sieht seriöses Arbeiten nicht aus. Dementsprechend bleibt bei der Behandlung des Themas nur ein Eindruck, der weder überraschend noch neu ist. Hier handelt es sich um keine wissenschaftliche Arbeit, keine historische und erst recht keine juristische, wie der Titel "Kriminalgeschichte" ja vermuten lässt. Es handelt sich um eine enorm polemische, einseitige und vorurteilsbehaftete Anklageschrift eines arbeitswilligen Menschen die aus mir nicht erfindlichen Gründen trotz ihres niedrigen Niveaus nicht nur Verleger und Abnehmer sondern auch positive Rezensionen findet. Die Geschichtsklitterung die allein in diesem Kapitel stattgefunden hat ist an Dreistigkeit kaum zu überbieten und rangiert nur wenig über Hetzschriften. Seine Wirkung ist dementsprechend gut zu beobachten.
Eine Auseinandersetzung mit dem Verbrechen durch und im Namen der Kirche, die es zweifellos und unbestreitbar gibt, kann auf dieser Basis nicht zu einer Erleuchtung und Versöhnung sondern nur zu neuen Verbrechen führen.


Die Arbeit an dieser Kritik war alles andere als erfreulich. Normalerweise genieße ich Recherche sehr. Die Findung weiterführender Literatur, Quellenkritik und die Formulierung der gewonnenen Erkenntnisse ist ein wunderbarer Prozess. In diesem Fall aber hatte ich den Eindruck, und ich vermute man liest es an meinen Texten, mich stets im Kreis zu drehen. Immer wieder auf die gleichen Argumentationsschemata zu treffen, immer wieder riesige Auslassungen vorzufinden und jede andersgeartete Meinung direkt verunglimpft zu finden.
Auch die Behandlung von Verbrechen, die Erläuterung von Schmerz, Gewalt und Tod ist in dieser Konzentration nicht leicht verdaulich. Die Schicksale zu erfahren und sie dann derart mißbraucht zu sehen, statt der deutlichen Ablehnung der Verbrechen dann eine Relativierung der Vorwürfe zu formulieren ist nicht leicht und sollte hier der Eindruck entstanden sein, mich rühren die Schicksale nicht oder ich will jede Verantwortung der Kirche ablehnen, so möchte ich klarstellen, dass ist nicht der Fall. Es ist die sehr wohl auch die Kirche, die sich an diesen Verbrechen beteiligt, es sind Kleriker aller Ränge die wegsehen, mitmachen oder sogar anstoßen, was den Opfern angetan wurde. Ich verwehre mich einzig gegen die singulare Darstellung, die einseitige und schwarz-weiß malende Art eines Deschners. Die aktuellen Forscher leisten da hervorragendes und ich kann ihre Lektüre nur jedem nahelegen.


Literaturauswahl:

Thema Hexen:

J.-C. Magie und Aberglaube im Mittelalter, Düsseldorf, 2009.
W. Behringer, Hexen. Glaube, Verfolgung, Vermarktung, München, 52009 .
W. Behringer, G. Jerouschek (Hrsg., Übers.), W.Tschacher(Übers.), Der Hexenhammer. Malleus maleficarum, München 2003.
R. Decker, Die Päpste und die Hexen. Aus den geheimen Akten der Inquisition, Darmstadt, ²2013.
K. Deschner, Kriminalgeschichte des Christentums, Bnd. 6, Reinbek, ²2006.
K. Deschner, Kriminalgeschichte des Christentums, Bnd. 8, Reinbek, 2006.
W. Rummel, R. Voltmer, Hexen und Hexenverfolgung in der frühen Neuzeit, Darmstadt, ²2012.
R. Voltmer, Hexen. Wissen was stimmt, Freiburg, 2008.
 


Allgemein:

A. Angenendt, Toleranz und Gewalt. Das Christentum zwischen Bibel und Schwert, Münster, 52012.
B. Bleckmann,Konstantin der Große, Reinbek, 52007.
M. Clauss, Konstantin der Grosse und seine Zeit, München, 2009.
N. Jaspert, Die Kreuzzüge, Darmstadt, ⁶2013.
L.E. v. Padberg, Die Christianisierung im Mittelalter, Darmstadt, 2006.
H.R. Seeliger (Hrsg.), Kriminalisierung des Christentums? Karlheinz Deschners Kriminalgeschichte auf dem Prüfstand, Freiburg, 1993. 



Der Text entstand in privater Initiative in der eigenen Freizeit. Stilistische und grammatikalische Verirrungen wie Wortwiederholungen sowie orthographische Fehler bitte ich zu melden und zu entschuldigen. Er wurde bislang nicht korrekturgelesen.

Montag, 28. Oktober 2013

Hunde- und Menschenhelden

Der Fall liegt ein wenig zurück, aber ich habe gerade erst ein Video einer Pressekonferenz zur Rückkehr der Hündin gesehen und sehe mich veranlasst darüber zu schreiben:

Kabang hiess die Hündin, die sich auf den Philippinen vor einiger Zeit vor ein heranrasendes Motorrad warf, um zwei kleine Mädchen aus ihrer Familie zu schützen. Dabei wurde ihr der obere Teil ihrer Schnauze abgerissen, der kleine Mischling stand damit trotz seiner Heldentat auf der Todesliste. Spender, die sich durch geschickte Medienarbeit in aller Welt fanden, ermöglichten aber, den Hund in die USA zu fliegen und dort wenigstens die offene Wunde zu schließen, einen Tumor zu entfernen und einen Herzwurm, der das Leben des kleinen Mischlings ebenfalls bedrohte herauszuoperieren.
Es ist sicherlich nicht gerecht gegenüber all den anderen Lebewesen dieser Welt, für die wir keine Rücksicht, kein Mitleid und erst Recht keine Anerkennung hegen. Aber ich finde, dieser Hund verdiente wenigstens dieses Behandlung als Zeichen der Dankbarkeit und als Revanche für die geretteten Leben unter Einsatz des eigenen.
Das sich die Familie so für ihren Hund einsetzte verdient dabei ebenfalls Anerkennung. Gerüchten zufolge, die bspw. der Merkur in Artikeln verbreitete, kämpft der Familienvater mit Alkoholsucht, die Familie selbst befindet sich in Auflösung. Dabei dann für den Hund, zumal in einem Land wie den Philippinen, so viel auf sich zu nehmen verdient ebenfalls Anerkennung.

Wer es bis hierhin noch nicht getan hat, den bitte ich darum sich das Video anzusehen. Man sieht dem Hund, bei aller Entstellung und erlittenem Schmerz an, wie sehr er das Leben liebt, wie gut ihm die Aufmerksamkeit und die entgegengebrachte Dankbarkeit, ehrlich oder nicht, tut. Lebensfreude eines nunmehr behinderten Tieres.

Auch auf einen Hinweis des Besitzers Bunggal möchte ich die Aufmerksamkeit lenken: die Familie wandte sich an diverse "große Tierschutzorganisationen". Alle verweigerten die Hilfe und sprachen sich für Euthanasie aus. So sieht Tierschutz heute aus.
Dazu eine Anmerkung: die bekannte und bei Promis wie Medien beliebte Organisation Peta hat 2012 in Norfolk, Virginia fast 1700 Tiere einschläfern lassen. Das entspricht ca. 90% des bei ihnen eingegangen Bestandes an herrenlosen (oder dafür gehaltenen) Tieren.

Sonntag, 27. Oktober 2013

Ist das noch "Gottesdienst"?

Heute war in unserer Gemeinde wieder Familiengottesdienst. Normalerweise weichen wir dann in eine andere Gemeinde aus, nehmen den langen Weg zu einer tridentinischen Messe auf uns oder bleiben Daheim und kommen unserer Sonntagspflicht nicht nach. Scheinbar mögen viele Kinder diese Art Gottesdienst, es zieht die Familien auch wirklich an, also wollen wir dem nicht durch Gemecker im Wege stehen.
Wir hatten diesmal aber übersehen, dass es wieder so weit war. Heute war zudem ein besonderer Tag, bei dem die Messdiener und ein paar Jugendliche unserer Gemeinde im Mittelpunkt standen.
Nach dieser Messe geht mir die Frage nicht mehr aus dem Kopf: ist das noch Gottesdienst?
Eine der leitenden Frauen der Gemeinde, wir nennen sie an dieser Stelle mal das "Singbärchen" steht dann bereits mit der Gitarre um den Hals an einem Mikrofon vor dem Altarraum, stimmt sich ein. Dann weiß man spätestens, das gesonderte Gesangsbuch ist heute dran. Diesmal war es ein spezieller Zettel mit einer Reihe von Liedern. Wir nahmen ihn mit, durchaus Willens die Zähne zusammen zu beißen und so demütig wir können unseren Beitrag zu leisten. Aber noch bevor auch nur die Hälfte der Bänke gefüllt war forderte das Singbärchen uns auf, die Lieder zu proben. Dazu muss man sagen, dass sie gerne ein paar Oktaven höher singt, als ich es vertrage und wenigstens eine oder zwei als ich kann wenn ich mir die Stimmbänder zerreiße.
Vor der Messe nehmen einige Gläubige die Ruhe als Gelegenheit zu innerer Meditation wahr - das Singbärchen stimmt und probt ungerührt weiter. Man kann sich leicht vorstellen, dass dies nicht förderlich wirkt.

Kurz vor Beginn nahm eine Dame die Bank hinter uns ein, bereits aus vollem Hals, und ich meine in opernhafter Lautstärke, die Texte schmetternd. Obwohl ich es nicht für möglich hielt, sie sang sogar noch etwas schriller und höher als das Singbärchen, was mir, und ich übertreibe nicht, körperliches Unbehagen verursachte. Leider war sie zudem nicht textfest, was sie aber nicht hinderte.
Ihre Banknachbarn berichteten in den Atempausen hörbar von den tollen Erfahrungen die sie unterwegs mit den Messdienern gesammelt hatten. Meine Frau und ich ahnten nun, was uns bevorstünde. Da wir direkt neben den Lautsprechern sitzen bekamen wir die volle Dröhnung.

Ein "credo" oder ein "Schuldbekenntnis" haben wir in der Gemeinde ohnehin bislang (fast) nie erlebt, aber diesmal fiel recht viel unter den Tisch was meiner Laienmeinung nach zum Ablauf gehörte.
Das an die Stelle diesmal aber ein gesungenes credo mit kreativem Textbau (nur der erste Satz war erkennbar) eingerückt wurde war irritierend. Vielleicht habe ich ja irgendwas verpasst.
Das aber auch während der Kommunion das Singbärchen auf der Gitarre klimpierte und unsere rückwärtige Banknachbarin (immerhin nicht mehr ganz so laut) sang war so ärgerlich, dass ich verzichtete. Ich empfand es als unangemessen und hätte nicht die Stille und Konzentration zur anschließenden Meditation, zu einem andächtigen Dank gefunden.
Kurzum, unser Eindruck war, dass es heute nicht um einen Dienst an Gott ging, einen Liebesbeweis, eine dankbare Teilnahme an der Eucharistie ging sondern um Selbstdarstellung und -beweihräucherung.
Suum cuique. Wenn es der Gemeinde gefällt, die Menschen zum Glauben führt und dort hält soll es so sein. Uns stellt das aber vor eine Gewissensfrage. Für mich besteht katholische Demut nicht darin, möglichst wenig Geld in Bauten zu stecken und an Ausstattung zu sparen, sondern sich selbst nicht zu wichtig zu nehmen, seine eigene Fehlbarkeit zu erkennen, zu bereuen und zu versuchen, es besser zu machen. Dankbar zu sein und sich des Opfers zu erinnern, welches Christus und so viele Märtyrer nach auf sich nahmen. Und eine Messe sollte (wenigstens auch) ein "Dienst an und für Gott" sein.
Vielleicht sehe ich das falsch. Vielleicht liege ich hier völlig daneben. Es liegt mir fern, den Menschen vorschreiben zu wollen, wie sie die Messe zu feiern haben.
Aber für mich war das ein anstrengendes, schmerzhaftes Erlebnis das ich nicht noch einmal erleben möchte. Und ich finde keine Antwort auf meine Frage.
Ist das noch Gottesdienst?

Mittwoch, 23. Oktober 2013

Neuer dämlichster Artikel

Tja, das hat ja nicht lange gehalten, bis ein Artikel den Thron erobert hat.
Der von mir bereits vor Kurzem wegen einem wirklich mangelhaften historischen Vergleich kritisierte Berhold Seewald hat zum gleichen Thema, den Vorgängen um das Bistum Limburg, einen weiteren Artikel mit Bezug zur Geschichte geschrieben.
Berthold Seewald
Der Artikel ist diesmal nicht nur methodisch bzw. inhaltlich schlecht, sondern auch noch schwer verständlich und konfus.
So setzt Seewald, nach einer winzigen Erklärung wann Diozösen entstanden den folgenden Vergleich:
Pikant dabei ist, dass vor allem die Diözesen vom letzten Todfeind der Christen auf dem Kaiserthron, Diokletian, zu einem Kernstück der Reichsverwaltung gemacht worden waren.
Man gewinnt den Eindruck einer Union der christlichen und der staatlichen Diözesen. Die von Diokletian angelegten Verwaltungseinheiten und Strukturen überdauerten allerdings seine Regentschaft und auch das von ihm neu eingeführte Herrschaftssystem, die Tetrarchie. Sie ist nicht identisch mit dem, was Christen später aufbauten, auch wenn diese die Blaupause seines Systems als Grundlage heranzogen.
Der Eindruck wird noch verstärkt durch Wortwahl wie:
Wie aber wurde aus dem hohen römischen Reichsbeamten der Stellvertreter und Verwaltungschef eines Bischofs? Einfach deswegen, weil die spätantike Hierarchie der christlichen Kirche zunehmend die Bürokratie des spätantiken Zwangsstaats übernahm.
Was der Autor meint ist "kopieren" - übernehmen würde meinen, man nimmt die bestehenden Strukturen selbst in die Hand - und die staatliche Verwaltung wurde eben nicht kirchlich.
Das es sich hierbei nur um schlechte Wortwahl handelt ist aber eigentlich ausgeschlossen So verweist er ja ausdrücklich in der Frage darauf, wie aus dem Beamten des Staates ein Verwaltungschef wurde, ja fragt sogar schon in der Überschrift:
Was ein Vizekaiser für die Diözese Limburg bedeutet?
Er möchte also explizit den Eindruck erwecken, dass hier der Beamte in die Kirche "versetzt" wurde.Ja noch mehr:
 Die soziale Seite der Christianisierung Roms war nämlich die Öffnung seiner Ämter, die ja auch lukrative Pfründe waren, für die Spitzen der Gesellschaft. Und je mehr der spätantike Staat im Westen zerfiel, blieben die Kirchenfürsten als letzte Vertreter der Reichsorganisation in den Gebieten übrig, in denen germanische Stammesführer ihre Reiche errichteten. Der kirchliche Klerus des Frankenreichs zum Beispiel war im Grunde nichts anderes als ein Verband römischer Provinzadeliger, die nicht mehr in Staat oder Heer ihre Karriere gemacht hatten, sondern in der Kirche.
Es mag an mir liegen, aber der Absatz ist so verschwurbelt fomuliert, dass der Sinn gar nicht klar zu erfassen ist. Wer öffnet da für wen seine "lukrativen Ämter"? Die Kirche für die Spitzen der Gesellschaft? Die konnten auch vorher schon die Posten annehmen, sie waren ihnen nicht verwehrt durch die Christen - ob man sie wirklich lukrativ nennen konnte angesichts der Wellen der Christenverfolgung ist eine andere Sache.
Oder waren es die Ämter Roms die sich für Christen öffneten? Abgesehen davon, dass einzelne Christen es auch vorher schon in die Kanzleien geschafft hatten schreibt er ja betont "für die Spitzen der Gesellschaft". Also meint er den Staat der sich seinen Spitzen öffnet? Problematisch daran ist, dass die Spitzen permanent die lukrativen Ämter innehatten. Jeder aus dem Ritterstand und darüber war angehalten, öffentliche Ämter einzunehmen - nicht erst seit der Spätantike.

Kirchenfunktionäre dann als "letzte Vertreter der Reichsorganisation" zu bezeichnen geht ebenfalls einen Schritt zu weit. Ist es doch eher im Umkehrschluss so, dass die Kirche aufgrund der eben nicht krampfhaften Bindung an das Reich überdauerte. Bestes, wenn auch vergeistigtes und als Reaktion auf drohende Rückfälle aufgrund eben des drohenden Reichszerfalles entstandenes Beispiel dafür ist "De civitate dei" des heiligen Augustinus. Die Dauerhaftigkeit des Christentums bei den Franken kann man exemplarisch an Martin von Tours nachvollziehen. Für die Integration in die germanischen Strukturen waren die auch wenig römischen irischen Mönche von großer Bedeutung.

Und der leider nicht anders als "dümmlich" zu bezeichnende Abschluss des Absatzes ist dann kaum noch zu überbieten. Nach dem Verweis auf die Ablösung des Römischen Reiches und seiner Strukturen durch das wenig strukturierte Frankenreich stellt Seewald fest, dass die Adligen nunmehr eher Karriere bei der Kirche als im Staat oder Militär machten....

 Wenn man nirgendwo sonst Karriere machen kann ist diese Feststellung irgendwie... ach was solls.








Viel "pikanter" ist da, dass alle Anstrenungen Diokletians keine Machtzentrierung zuzulassen vergebens waren. Sobald er sich zurückgezogen hatte gingen die Auseinandersetzungen unter seinen Mitkaisern und -regenten wieder in die heiße Phase über. Inklusive Verwaltern die genug Anhänger um sich gesammelt hatten, um militärisch den Aufstand zu wagen.
Dieser Teil also, quasi der Kopf seines Verwaltungssystem, aus vier Herrschern, wurde von den Christen gar nicht erst mitkopiert. Nicht zuletzt auch, weil dahinter die alte römische Theologie stand - und diese einer der Gründe der Christenverfolgung war.
Was mich zu "Vizekaiser" führt. "Vizekaiser" nannte man Caesares... was jeder der in einem Seminar zur Spätantike länger als 10 Minuten wach blieb auch weiß. Vicarii gibt es zwar als Vorgesetzte der Provinzverwalter, das macht sie aber nicht zu Kaisern oder deren Anwärtern.

Auch die Bedeutung des vicarius im römischen Reich gibt Seewald nicht korrekt wieder. Bei ihm erscheint er vor allem wenn nicht ausschließlich als hochrangiger Beamter. Vicarii wurden aber bspw. auch Sklaven im Besitz anderer Sklaven genannt (man erinnere sich daran, dass das römische Reich Sklavenhaltergesellschaft war...) - i.d.R. war es die Bezeichnung für Platzhalter und Stellvertreter. Vom kleinen Strassenamt bis zur Prätorianergarde...

Was bleibt ist ein weiterer Stimmungsmacherartikel der sich an der Geschichte vergeht...


Später Post-Wahl-Gedanke

Gerade fällt mir auf: es wurde berichtet wie die Grünen, die CDU, die SPD und die AfD, manchmal noch "die Linke"  in und aus der Wahl gingen. War da nicht noch wer? Was ist mit den Hoffnungsträgern des Jahres 2011/2012? Wo ist die Partei in den Nachrichten die sich selbst den Namen von mordenden, vergewaltigenden, plündernden, brandschatzenden, entführenden Seefahrern gab?
Wo sind sie denn, die Piraten? Sind sie irgendwelchen Galliern begegnet?





Oder haben sie das selbst erledigt?


Dämlichster Artikel des Tages (bis jetzt)

Wenn Lobbyartikel in die Hose gehen kann das so aussehen: Schwule Käfer. (das ist der Titel des Artikels, kein Wertung meinerseits.)
Los geht es bereits in der Zwischenüberschrift:
Bei einigen Käferarten paaren sich bis zu 85 Prozent der Männchen mit Geschlechtsgenossen. Ist Homosexualität unter Krabbeltieren also das Standardbeziehungsmodell?
Mr. Magoo liebt Hunde.
Was ist ein "Standardbeziehungsmodell"? Es gibt Beziehungen, das sind laut Duden wechselseitige Verhältnisse oder ein Kontakt zwischen Einzelnen und Gruppen - wikipedia schlüsselt direkt in verschiedenste Arten auf, die hier in Frage kommenden sind wohl "Partnerschaft" und "Liebesbeziehung". Gemeint war wohl die Frage nach dem Zusammenleben - was eine biologische Fehlleistung darstellen dürfte. Denn ja, Käfer paaren sich auch mit gleichgeschlechtlichen Käfern - weil sie fast so schlecht sehen wie Mr. Magoo.
Darum paaren sich bei "einigen Arten" die Männchen mit allem, was auf ihre Balzplätze gerät und auch nur entfernt aussieht, wie ein Käfer ihrer Art. Inklusive Käfer anderer Arten und unbelebter Gegenstände.
Und nein, das ist keine "Beziehung", denn das tun sie bis zu 20 Mal in der Paarungszeit und die Zahl der Partner dabei ist dabei weder begrenzt noch konstant noch wird gesteigerten Wert auf einen bestimmten, individuellen Käfer gelegt. Der Begriff dafür: Promiskuität. Es gibt keinerlei dauerhaften Kontakt über den Geschlechtsakt selbst - von Beziehung zu sprechen kann sich nur um einen Irrtum des Redakteurs handeln.
Der eigentliche Artikel wird eingeleitet mit dem prägnanten Satz:
Das Tierreich kennt keine Moralapostel.
Das ist sogar mal richtig. Ethik ist Tieren auch egal. Keine Katze käme je auf den Gedanken eine andere auszuschimpfen, weil diese mit ihrer Beute "spielt" - i.d.R. eine mörderische Qual für das Beutetier.
Abstrakte Denkmuster und -formen sind nunmal eher selten im Tierreich anzutrefen. Ich hätte von einem Wissenschaftsjournalisten erwartet, dass er dies weiß. Aber andere Zeiten ....

Unter Pinguinen, Delfinen, Affen und anderen Tieren regt sich niemand auf, wenn sich zwei Männchen oder zwei Weibchen zum gleichgeschlechtlichen Sex treffen. Homosexualität scheint eine ziemlich normale Angelegenheit unter Tieren zu sein.
Man versteht, worauf der Schreiber hinauswill. Seine Bewertung dieses Faktes ist zwar bereits diskussionswürdig, aber nicht ungewohnt. Rein faktisch aber liegt er wieder falsch. Tiere regen sich durchaus über Paarungen und Paarungsversuche auf - rangniedere Tiere haben sich in Rudeln nunmal nicht zu paaren, Geschlechtskonkurrenten werden vertrieben usw.
Will man also, wie es die Intention jenes Absatzes zu sein scheint, darauf hinweisen, wie es in der Natur läuft und was natürlich ist um es nach Möglichkeit auf den Menschen zu übertragen, wäre dies der Vollständigkeit halber zu erwähnen. Das gilt auch für das umgekehrte Argumentationsmuster, dem dies aber zugleich auch gerne vorgeworfen wird. Noch vor wenigen Jahrzehnten hieß es stets: "das ist nicht natürlich, sowas macht kein Tier". Da das Gegenteil nunmehr nicht nur bewiesen sondern auch bekannt ist sollte es kein Problem sein die Natur dieses Vergleiches ebenfalls unter die Lupe zu nehmen und dann endlich sein zu lassen.
Will man wirklich die "Natürlichkeit" zum Vorbild nehmen, dann müssten die gleichen Journalisten ins Stottern geraten, wenn sie bspw. auf die Vergewaltigung, Mord, Infantizid, Kannibalismus und den Inzest kämen. All diese Phänomene sind im Tierreich anzutreffen - manchmal bei wenigen Spezies, manche bei überraschend vielen und uns nahen.
Ohne "Moralapostel" - wie Stünde es da um das Selbstbestimmungsrecht der Frauen?
Inzest ist bei Menschen, anders als bei vielen Tierarten, eine verhängnisvolle Art der Beziehung die das Gengut nachhaltig schädigt.
Die Menge der umgebrachten Nachkommen im Tierreich ist schrecklich gewaltig und gilt bei Biologen als "natürlich" - im Tierreich.

Der SZ Artikel kommt am Ende darauf zu sprechen, dass die Biologen, die gerade einen wissenschaftlichen Artikel über das Paarungsverhalten der Käfer veröffentlicht hatten die Hintergründe für die angebliche Homosexualität erläutern und den Vergleich ablehnen.
Betrachtet man also den informativ-wissenschaftlichen Teil des Artikels und vergleicht ihn mit dem ersten Absatz, so wird klar: es geht nicht um neue Erkenntnisse, die gibt es nämlich nicht. Die Fakten sind lange und sattsam bekannt, die Wissenschaftler stellten lediglich die Ergebnisse ihrer spezifischen Forschung dem Fachpublikum vor. Der Autor aber nahm dies als Chance wahr, mal wieder Stimmung zu machen.
Damit mich niemand falsch verstehst: andersherum finde ich dies ebenso absurd. Heute findet man diese Art in unseren Medien aber eher nicht mehr - während Artikel wie "Schwule Käfer" auffallend oft veröffentlicht werden. Keine neuen (oder richtigen) Fakten aber viel Stimmungsmache. Früher nannte man das Propaganda. Heute muss man dafür Russe sein und wird dafür angefeindet.

Dienstag, 22. Oktober 2013

Todenhöfers Unfug hält sich.

Im Jahr 2008 gab Jürgen Todenhöfer, ehemaliger Bundestagsabgeordneter der CDU, Schriftsteller, "Experte" usw., der Taz ein Interview, in welchem er unter anderem folgenden Absatz unterbrachte:
Es gibt 45 muslimische Länder. Keines von ihnen hat in den letzten 200 Jahren ein westliches Land überfallen. Immer waren wir es, die militärisch angegriffen haben. An den blutigen Kreuzzügen, der Kolonisierung, dem Ersten und Zweiten Weltkrieg, den furchtbaren Massenvernichtungen unter den chinesischen und den sowjetischen Kommunisten, am Holocaust - an all diesen Verbrechen waren die Muslime nicht beteiligt.
Damals las ich es, lachte kurz aber herzlich über die Widersprüche, den rabulistischen Aufbau und die mangelhafte Recherche und vergaß es wieder. In den letzten drei Tagen begegnete mir der Absatz aber gleich mehrere Male. Mitunter hält sich Unrat am längsten.
Daher nun eine kleine Kritik.
Ich verstehe die Kernaussage Todenhöfers wie folgt: so viele islamische Staaten haben so lange schon Frieden gehalten und sich damit so viel anders verhalten als wir.
Das Argument wird eingeleitet mit dem Hinweis auf die Zahl muslimischer Länder derzeit. Lassen wir beiseite, dass die Zahl selbst fraglich ist, je nachdem wie man "islamischer Staat" bewertet, so entsteht ein klarer Bezug auf die aktuelle Zeit und eine ganz konkrete, nicht kleine Zahl.
Der nächste Satz bereits bezieht sich auf die "letzten 200 Jahre".  Ein klar umrißener Zeitraum.
In diesem Zeitraum hat ein großer Teil der heutigen islamischen Staaten aber gar nicht existiert. Ein kurzer Blick auf eine Weltkarte der Jahre 1800 - 1830 zeigt uns, dass es damals ein riesiges Land namens "Osmanisches Reich" gab, welches weite Teile der nordafrikanischen Küste und entlang des Nils ebenso beherrschte wie Teile des hinteren Orients. Die darunter fallenden Staaten, wie Türkei, Syrien, Libyen, Ägypten, Sudan etc. gab es nicht, was die Zahl sofort sprunghaft nach unten schnellen lässt und den Eindruck der Aussage verändert.

Das waren aber nicht einzigen Kämpfe und Kriege am Ende des 18. und zu Beginn des 19. Jh.
Auch in der Kernaussage, dass "wir" es "immer" innerhalb seiner 200 Jahre waren, die militärisch angriffen spricht Todenhöfer nicht die Wahrheit.
Das, aus Sicht des Militärhistorikers, wichtigste Beispiel sind die beiden Kriege der USA mit den Barbareskenstaaten 1801-1805 und 1815. Diese beiden Kriege wurden durch die massiven Übergriffe der Schiffe jener islamischen Staaten auf US-Schiffe und die anschließenden Erpressungen, also Lösegeld und Tribute, ausgelöst. Die Weigerung der USA diese teilweise unglaublichen Summen (1800 lagen sie bei ca. 21% des US Gesamthaushaltes) weiterhin zu bezahlen führte zur Kriegserklärung an die USA.
 Nimmt man die 200 Jahre als etwaigen Maßstab, dann bereits irrt zwei Mal und bleibt man mit dem Blick auf den militärischen Übergriffe der Sklavenjagd durch muslimische Schiffe in Spanien, Italien, England bis hinauf nach Island hängen - dann irrt Todenhöfer generell. Dieser Eindruck wird verstärkt, gerade wenn man Texte des Schriftstellers zum Recht auf Selbstbestimmung vor Augen hat, mit der Beachtung der Griechen und des Balkans im 19. Jh. Die Montenegriner und Serben sahen sich immer wieder in die Lage versetzt, sich selbst zu regieren, nur um durch osmanische Truppen niedergemacht zu werden. Die beiden Konflikte in den 70ern des 19. Jh. der sog. Serbisch-Osmanische Krieg bildeten den Höhepunkt - innerhalb der besagten 200 Jahre. Gleiches gilt für die Bestrebungen der Griechen und der sie unterstützenden Russen - was bspw. zum Russisch-Türkischen Krieg von 1828 bis 1829 führte, den ebenfalls die Osmanen durch Aufkündigung vorhergehender Friedensverträge offiziell machten.
Der berühmteste Krieg dürfte der durch Tolstoi geschilderte Krimkrieg 1853 bis 1856 sein, den die Osmanen den Russen erklärten.
 Natürlich kann man gerade im Konflikt Russland-Osmanisches Reich einwenden, dass die Kriegserklärungen seitens der Osmanen nur Reaktionen auf Provokationen und Aktionen der Russen waren. Erweitert man so aber die Frage auf Aggressionen wird die Zahl der Übergriffe noch größer. Ganz vorne steht dabei der Spanisch-Marokkanische Krieg von 1859 auf meiner Liste. Permanente Übergriffe auf spanisches Territorium führten zur Kriegserklärung des europäischen Staates an Marokko. Es war ein anderes westliches Land, dass intervenierte und den Krieg schnell wieder beendete.

Sollten nach Ansicht Todenhöfers Aufstände der nicht-islamischen Bevölkerung wie Armenier, Serben und Griechen nicht unter die Rubrik "Angriffe von islamischen Staaten" fallen, dann dürfte der Mahdi-Aufstand, der "Kreuzzug der Muslime" wenn man so will, von 1881 - 1899 dafür als Retourkutsche angerechnet werden. In dieser Zeit führte der "Endzeitbringer" Krieg gegen die britischen Herrscher Ägyptens.

Spätestens jetzt ergibt sich eine Frage: warum 200 Jahre? Todenhöfers Zeitraum endet also ca. 1800 (exakt 1808). Was war unmittelbar davor? Auch Frieden?
Mitnichten. Es geht Todenhöfer nur um Ausklammerung der Expansionszeiten der islamischen Staaten und Reiche.
Unmittelbar vor seiner Datierungsgrenze liegen der Russisch-Türkische Krieg von 1768 und der Krim-Konflikt von 1783. Beide wurden vom Osmanischen Reich erklärt. Ebenso die 1787 erfolgte Kriegserklärung an Russland und Österreich (um deren Kriegsplanung zuvor zu kommen wohlgemerkt).
Das es Todenhöfer aber nur um die Ausklammerung geht erkennt man am Satz nach seinem Zeitlimit. Was listet er da auf? Die Konflikte mit den Russen und Griechen? Den Beistand den das Osmanische Reich von Frankreich, Britannien und Sardinien erhielt?


An den blutigen Kreuzzügen, der Kolonisierung, dem Ersten und Zweiten Weltkrieg, den furchtbaren Massenvernichtungen unter den chinesischen und den sowjetischen Kommunisten, am Holocaust (...)
Kreuzzüge, Kolonialisierung, Weltkriege und Blockbildung. Der erste Kreuzzug began 1096. Das wären 912 Jahre vor 2008. das sprengt den Rahmen von 200 Jahren nicht nur etwas.
Was war der Auslöser jenes Kreuzzuges zu dem in Clermont aufgerufen wurde? Ein Hilferuf des byzantinischen Kaiser und die fortgesetzten Überfälle auf christliche Pilger im Heiligen Land.
(Der kritische Leser mag bitte nicht Ursache und Auslöser verwechseln.)

Exkurs:

Byzanz erwehrte sich zu diesem Zeitpunkt seit dem 7. Jahrhundert der Angriffe der Muslime, hatte den größten Teil seines Imperiums eingebüßt. In den Aufzeichnungen des Reiches ist kein Angriff auf Mohammed und seine anhänger verzeichnet, lediglich die islamischen Ahaddit sprechen von einem muslimischen Präventivschlag gegen ein sich angeblich versammelndes Riesenherr. Die aktuelle Forschung hat dies längst widerlegt. Byzanz war zu jenem Zeitpunkt militärisch am Ende, durch den Perserkrieg erschöpft. Die betreffenden Anlagen hatten nicht genug Versorgungspotential um dort ein riesiges Angriffsherr zu versammeln. Und doch griffen die Muslime an, und an, und an. Ein Angriff der bis zur endgültigen Eroberung Konstantinopels 1453 durch Mehmet "den Eroberer" und "Träger des Schwertes des Glaubens" andauerte. Mancher Konflikt dauert über Jahrhunderte an und ist isoliert nicht zu betrachten. Die Geschichte der Kreuzzüge wurde in den vergangen 40 Jahren gerne derart isoliert ausgewertet und auch heute wird lieber auf die Vorgeschichte verzichtet. Nur wenige wagen sich dagegen anzugehen. Dabei lernte man zu meinen Schulzeiten noch, dass alles eine Vorgeschichte hat.
Als zweite große Anklage folgt die Kolonisierung. Es gibt leider noch keine Auswertung der Expansionszüge der Muslime außerhalb Europas und des Mittelmeerbereiches die es zu großem Erfolg oder Bekanntheit gebracht hat. Aber vor nicht allzulanger Zeit erschien das Buch des muslimischen Gelehrten Tidiane N'Diaye "Der verschleierte Völkermord", in welchem dieser auf den 1300 Jahre dauernden Sklavenzug nach Afrika und Europa, die Verschleppung und Kastration von Millionen Menschen zu sprechen kommt und einen Einblick gibt in das, wir bereits heute nach den Anstrengungen weniger Forscher wissen. Nimmt man dann die Erinnerungen der Inder noch mit auf, liest ein wenig über die Kriege gegen China und blickt auf "Al Andalus" so verschiebt sich das Zeitalter der Kolonialisierung durch Muslime vor jenes der Europäer.



Sowohl am ersten als auch am zweiten Weltkrieg nahmen die Muslime teil. Zugegeben, als Staaten vor allem am Ersten Weltkrieg. Das Osmanische Reich stellte sich auf die Seite des Kaiserreiches, metzelte die Armenier nieder und der berühmte Lawrence von Arabien, britischer Offizier seiner Majestät, führte arabische Stämme zum Aufstand gegen die verhassten Türken. Das sonst wenig erfolgte lag mehr an dem zuvor kritisierten Kolonialismus: weite Teile der muslimischen Welt wurden durch Britannien, Frankreich oder andere Kolonialmächte beherrscht und stellten Truppenkontingente. Dies wiederholte sich im zweiten Weltkrieg. Stuttgart und Freudenstadt hatten die zweifelhafte Ehre, von den Franzosen für ihre algerischen und marokkanischen Truppen mehrere Tage "frei" gegeben worden zu sein. 
Und auch auf der anderen Seite finden sich Muslime. Ausgerechnet bei der SS. Die Waffen SS zwar, aber bis auf den Fall Günther Grass wird da in der Öffentlichkeit kein Unterschied mehr gemacht. Die 13. SS-Gebirgsdivision "Handschar" bestand vorwiegend aus freiwilligen Muslimen, durfte mehrere Besuche des Grossmufti von Jerusalem erfahren und wurde von eigenen Imamen betreut. Die Protokolle jener Zeit lesen sich eindeutig. Bis heute steht "Mein Kampf" in vorderorientalischen Ländern weit oben in Bestsellerlisten - neben den "Weisen von Zion" u.ä. Dreck.
Da passt, wie man so passend sagt, kein Blatt und kein Todenhöfer zwischen Hitler und den Mufti, was diese eine Frage angeht. 
Mitunter führt dies zu frappierenden Missverständnissen, wie das Video "Iran v Germany, 2004, National anthems" bei youtoube ab min 1:20 zeigt. (dieses Video lässt sich nicht einpflegen)
Pogrome gegen Juden hat es auch Anfang und Mitte des 20. Jh. im Heiligen Land gegeben.  Es ist eine Frechheit und Klitterung von Todenhöfer dies in Abrede zu stellen.

Schließlich muss die letzte Frage auf die "westlichen Staaten" erfolgen, die nicht angegriffen wurden.
Selbstverständlich hat Malaysia, um ein Beispiel aufzugreifen, England nie den Krieg erklärt. Oder gar den USA. Ihre Trägerflotten müssten ja erst noch gebaut werden, wozu der Inselstaat de facto nicht in der Lage ist. Wirtschaftlich wie technisch. Der Erfolg wäre zudem auch eher fraglich, sind die Berührungsflächen bestenfalls winzig zu nennen. Solch ein verallgemeinernder Vergleich ist dementsprechend bestenfalls polemisch, eher rabulistisch zu nennen. Dehnen wir aber (großzügig) "westliche Staaten" aus auf Länder, die einen westlichen Lebensstil oder Freiheitsbegriff leben und fassen dabei Länder wie Japan, Thailand oder die Philippinen mit ein, dann sieht es auch hier wieder Mau aus, selbst für diesen wirren Vergleich des Schriftstellers. Die Philippinen etwa haben seit Jahrzehnten mit Islamisten zu kämpfen, deren Finanzierung, Versorgung und Ausbildung über die bekannten Kanäle niemanden überrascht. Thailands Süden wird regelmäßig durch Angreifer erschüttert, die nach ihren Gewaltexzessen gegen Schulmädchen und buddhistische Mönche wieder zurück nach Malaysia gehen, wo sie keine Verfolgung zu fürchten haben.
Indien würde ich nun nicht "westlich" nennen, aber doch im Kontrast zur islamischen Kultur und seit Jahrzehnten im Dauerkrieg mit Pakistan und Bangladesh, was sich nicht selten auch in Terroranschlägen wie in Mumbai ausdrückt.

Zusammengefasst darf man, so finde ich, sagen: Todenhöfer erzählt Schwachsinn.

Montag, 21. Oktober 2013

Wenn Toleranz die eigene Religion in Frage stellt

Es geht gerade die Meldung durchs Netz, wie intolerant ein katholischer Priester sich doch wiedermal gibt. In der Konstanzer Sankt Gebhard Kirche will ein Laienchor am 17.11. diesen Jahres ein "Oratorium" des Komponisten Karl Jenkins mit dem Titel "The Armed Man" vortragen. So weit, so unspektakulär, sind Kirchen doch mittlerweile beliebte Konzertorte. Was in diesem Fall zur Bitte des Paters Dr. Rudiger zur Auslassung einer Passage des Stückes führte, ist der Anwesenheit eines Muezzin-Rufes, des Adhan, in dem Stück, welches von betreffender Fachperson ausgeführt werden soll. In diesem Fall eben in einer Kirche.
Der Priester bat um diese Änderung, der Chor reagierte verärgert. Laut Welt sollte ins Programmheft folgende Erklärung für die Änderung:
Aus Rücksicht gegenüber koptischen und syrischen Christen, die teilweise schreckliche persönliche Verfolgungserlebnisse mitbringen, hat sich die Pfarrei St. Gebhard entschieden, auf den islamischen Gebetsruf, der auch eine Proklamation und ein Bekenntnis zum Islam beinhaltet, in unserem christlichen Gotteshaus zu verzichten.
Das Verständnis einiger Chormitglieder für die angesprochenen schrecklichen Erfahrungen war zu klein, und so eskalierte der Streit weiter. Einige weigern sich nun, sehen die Botschaft des Stückes gefährdet. Und irgendwie gelangte der Streit an die Presse. Die nun natürlich genüßlich berichtet, dass jenes Stück, inklusive Adhan, bereits in Kirchen vorgetragen wurde.
Man, also Chormitglieder, Komponist und Medien, verlangen Verständnis und Toleranz.
Mir fehlt dabei ihrerseits Verständnis und Toleranz.
Zum einen gibt es wirklich traumatisierte Menschen die unvorstellbares erleben, ertragen und erleiden mussten unter dem Ruf Allahu Akbar" der den Gebetsruf einleitet, oft und demonstrativ wiederholt wird und schließlich beendet.
Zum anderen bedeutet dieser Ruf in einer christlichen Kirche nichts geringeres als einen demonstrativen Verstoß gegen das Erste Gebot und sämtlicher Lehren der katholischen Kirche.
Der Text in Übersetzung lautet nämlich: 
Allah ist am größten
Ich bezeuge, es gibt keinen Gott außer Allah
Ich bezeuge, dass Muhammad der Gesandte Allahs ist
Ich bezeuge, dass Ali der Statthalter Allahs ist  
Kommt zum Ritualgebet
Kommt zur Erlösung  
Kommt zur allerbesten Handlung
Allah ist am größten
Es gibt keinen Gott außer Allah   
Übersetzung von der Seite eslam.de
Nur wer meint, dass der islamische Allah identisch ist mit dem christlichen Gott kann darin keinen Verstoß gegen Gebote und Lehren sehen. Da ich kein Theologe bin und jeder den Katechismus einfach selbst lesen kann, genauso wie die unzähligen islamischen Stellungsnahmen zum Christentum, Jesus und Gott und die zahlreichen Verbrechen an Christen dieser Tage möchte ich nicht weiter darauf eingehen.
Aber auf eine Schlagzeile in diesem Zusammenhang muss ich verweisen. Malaysia hat dieser Tag den Christen untersagt das in der Landessprache für Gott stehende Allah benutzen - es sei nur der islamische Gott gemeint.

Es spricht in meinen Augen nichts gegen einen künstlerischen Vortrag in einer Kirche, der auch Elemente des islamischen Glaubens repräsentiert. Praktizierte Riten aber schließen sich sehr wohl aus, umso mehr wenn sie aus Alleinvertretungsansprüchen, direkten Vergleichen oder Konversionszeugnissen bestehen, wie es der Adhan (zumal durch einen Muezzin) oder die 1. Sure nunmal sind und unternehmen.
Hätte der Komponist bspw. den ersten Absatz der achten Sure "Die Beute" vertont - ich glaube damit könnte man leben - denn dies ist eindeutig nicht Bestandteil unseres Glaubens und gleichzeitig kein Anspruch über andere, zumindest nicht über deren Glaubenswelt. Gleichzeitig hätte dies in einem Anti-Kriegsstück die islamische Position zum Krieg verdeutlicht.

Ein Dialog besteht nicht in der heimlichen Aufgabe der eigenen Positionen sondern dem Gespräch auf Augenhöhe und mit gegenseitigem Respekt. Das Koranschüler oder ein Mönchschor nicht in der Moschee das "Credo" vortragen kann ich verstehen und akzeptiere es. Nichts anderes erwarte ich andersherum.

Was die Gemeinde und besagter Priester jetzt und dieser Tage abbekommen kann sich jeder vorstellen. Wer möchte kann diese Menschen, die für ihre Mitchristen und ihren Glauben eintreten, unterstützen. Im Gebet oder durch eine aufbauende Nachricht. Kontaktdaten finden sich auf der Seite der Gemeinde unter Seelsorger und unter Pfarrbüro.