Mittwoch, 5. Juni 2013

Fortsetzung II zu "Jetzt ist es raus..."

Teil 1

Teil 2

Nachdem ich einen (kurzen bzw. verkürzten) Überblick über die Methoden Deschners und seiner Verteidiger sowie Anhänger geworfen habe, möchte ich mich nun beispielhaft einigen seiner Texte widmen.

Angesichts der immer wiederkehrenden Behauptung, Deschner habe seine Kritiker der "Schwerte-Tagung" widerlegt, wofür als Beleg seine Auseinandersetzung mit dem Vortrag Alföldys in Band 5 genannt wird, finde ich es nur fair, dieser "Widerlegung" den Anfang einzuräumen.
Es geht hierbei um den abgedruckten Vortrag Prof. Maria R.-Alföldi mit dem Titel: Kaiser Konstantin: ein Großer der Geschichte?, in: Hans Reinhard Seeliger, Kriminalisierung des Christentums? Karlheinz Deschners Kirchengeschichte auf dem Prüfstand, Freiburg 1993, S. 149 - 159. Wenn ich also folgend von Alföldi schreibe, so ist dies auf Prof. Maria R.-Alföldi bezogen, Textbezug ohne weitere Angaben meint den oben genannten Vortrag.
Aus Deschners Reihe der "Kriminalgeschichte des Christentums" nutze ich Band 5 betreffend die 2. Auflage von 2006 und Band 8 aus dem gleichen Jahr.

Obwohl ich meist die lateinischen Namen nutze, versuche ich dies im Sinne allgemeiner Übersichtlichkeit bei bestimmten Personen auszulassen.
Für das allgemeine Verständnis versuche ich immer wieder kleine Erläuterungen komplexerer Zusammenhänge einzustreuen. Sollte ich doch etwas nicht klar erklärt haben, bin ich für jedes Feedback dankbar.


Schon vor dem eigentlichen Text wird klar, dass es sich hier nicht um einen wissenschaftlichen Text, eine fachliche Antwort handelt, sondern eine rabulistische, polemische Diffamierung. Die Überschrift lautet nämlich "Wes Brot ich ess'". Im Klartext soll dies wohl bedeuten, dass Maria R.-Alföldi, deren Titel und Ansehen Deschner bei jeder möglichen Erwähnung in zynischen Worten ins lächerliche zieht, ihre Position einnimmt, weil sie von der oder einer Kirche dazu veranlasst wurde. Er stellt damit ihren Charakter, ihre Integrität wie auch fachliche Arbeit in Frage. Das ist nicht nur unredlich sondern auch einer Facharbeit unwürdig.



Falsche Abstammung
Einer der ersten Punkte, mit denen sich Deschner in seiner Replik auseinander setzt, ist der Satz von Alföldi:
Man liest, daß Konstantin seine Abstammung gefälscht hat - in Wirklichkeit geht es um ein zeitweiliges Propagandamanöver -, er habe seine Vorfahren kompromittierend gefunden. (S. 149)
Bei Deschner wird daraus:
<<Man liest, daß Konstantin seine Abstammung gefälscht hat...>> (149). Man liest's. Na und? Ist's falsch? Das sagt die Autorin nicht. Sie suggeriert es nur - ein Nadelstich, Bestandteil der Taktik, mich unterschwellig unglaubhaft zu machen, zu disqualifizieren. Daß Konstantin, um die Mitherrscher als Usurpatoren abzustempeln, seinem Vater Konstantius Chlorus eine viel edlere Aszendenz andichten, daß er den Heiden und, nach Kirchenvater Laktanz, sogar Kirchenzerstörer, als Christen ausgeben ließ, verhehlt sie und bagatellisiert die gefälschte Abstammung als <<zeiweiliges Propagandamanöver>> (149). Man liest, er habe, fügt sie hinzu, <<seine Vorfahren kompromittierend gefunden>>. Na und? Ist's falsch? (Siehe oben)
Mal abgesehen von dem beleidigten Tonfall, der auf die Formulierung "Man liest" folgt, unterstellt Deschner hier, Alföldi würde eine Taktik der Diffamierung verfolgen. Dafür unterschlage sie die Taten Konstantins. Das dies selbst dem Vorwurf der Verunglimpfung nachkommt, wie auch seine Bezeichnungen "dezente Tükke" (S. "acht"),  scheint ihm egal zu sein. Alföldi unterschlägt jedenfalls nichts, sie leugnet die Fälschung nicht, im Gegenteil, sondern umreißt Dauer, Zweck und in den dem oben zitierten nachfolgenden Passagen auch die Herkunft der Gerüchte über seine Familie.
Hier antwortet Deschner also auf eine Kritik mit Anschuldigungen, die er mit einem Wust von Informationen, welche zudem teilweise Interpretationen oder schlicht falsch sind.


Abb. 1 Teil des Stammbaumes der konstantinischen Dynastie
Erläuterung: Für diejenigen, die sich nicht mit der Materie auskennen und auch nicht lange einlesen möchten: Konstantin war der (vermutlich uneheliche) Sohn des Constantius Chlorus und der Helena. Über die Abstammung beider gibt es nahezu keine gesicherten Erkenntnisse, man nimmt aber bei beiden an, dass sie nicht aus irgendeinem Adelsgeschlecht stammen sondern eher aus dem Volk. Ob ihre Familien aber wohlhabend oder arm waren ist bis heute umstritten.

Als sein Vater dann die Stieftochter des Maximian, eines Augustus (Kaisers) ebenfalls einfacher Herkunft heiratete wurde er (Constantius) kurz darauf zum Caesar ernannt und in die kaiserliche Familie adoptiert. Die mütterliche Herkunft des Konstantin bleibt daher zwar einfach, seine väterliche wird mehrfach kaiserlich - ganz abgesehen davon, das ein Panegyricus aus dem Jahr 307 von seiner Vergöttlichung spricht. In oben zitierten Abschnitten geht es darum, dass Konstantin eine Verwandtschaft zu Claudius Gothicus erfindet, einem Soldatenkaiser.

So behauptet Deschner, die Abstammungslüge habe die Absicht verfolgt, seine Legitimation zu erhöhen und seine Mitherrscher (in der Tetrarchie gab es zwei Kaiser und zwei regierende Nachfolger) als Machtergreifer (Usurpatoren) zu brandmarken. Dies widerspricht aber den Fakten. Konstantin hielt sich in den Kämpfen unter den Caesares und Augusti zurück, griff lange Zeit nicht ein, auch wenn er es durchaus früher gekonnt hätte und dort bereits seine Position hätte verbessern können. Das spricht nicht dafür, dass er seine Mitregenten verunglimpfen wollte, sondern vielmehr seine eigene Position festigen. So formuliert auch der von Deschner selbst angeführte Bleckmann:
(...) und so war dieser Kaiser sehr geeignet, für eine dynastische Erfindung benutzt zu werden, die demonstrieren sollte, daß bereits der Vater Konstantins ganz unabhängig von den Tetrarchen ererbte Herrschaftsrechte besaß (...). Den Kaiserkollegen gab damit die konstantinische Propaganda deutlich zu verstehen, daß sie nur vom Glück begünstigte gewöhnliche Sterbliche waren, während Konstantin allein das Kaisertum aufgrund seiner Abstammung zustand.
B. Bleckmann,Konstantin der Große, Reinbek 1996 (5. Auflage 2007), S. 48 .

Im Gegensatz zu Deschner adressiert Bleckmanns Analyse also die Abstammungsfälschung nicht an das Volk mit der Absicht zu signalisieren, dass hier Verbrecher Konstantins Gegner waren, sondern an seine Mitregenten, denen er zu verstehen geben wollte, dass er nicht nur ein Anrecht auf seinen Platz unter ihnen hatte sondern dieses Recht auch größer war, als das ihrige.
Das der echte dynastische Anspruch von Seiten seines Vaters und seiner Stiefmutter allein kaum genügte lag an seinem Stiefbruder Maxentius, dessen leiblicher Vater der ehemalige und wiedereingesetzte  Maximianus gewesen ist. Damit war Konstantin nicht der einzige Sohn eines Tetrarchen unter den vier Herrschern.
Erst danach führt Bleckmann weiter aus:
Offenkundig kam es der höfischen Umgebung Konstantins darauf an, schon den propagandistischen Kampf auf die innere Auseinandersetzung vorzubereiten, mit denen man nach dem für 312 vorgesehen Rücktritt des Galerius rechnen konnte.                       B. Bleckmann,Konstantin der Große, Reinbek 1996 (5. Auflage 2007), S. 49.
Hierzu muss gesagt sein, dass Bleckmann sowohl das Datum zu welchem diese "neue" Abstammungslinie auftaucht als auch die davor stattgefundenen Ereignisse in seine Überlegungen nicht mit einbezieht sondern stattdessen lieber auf die uns bekannten Ereignisse ein paar Jahre später vorgreift und somit den Akteuren eine gewisse Hellsicht andichtet.
Ausgerufen wurde diese Linie nämlich:
(...) unmittelbar, nachdem Konstantin von seinem Feldzug gegen Maximian zurückgehrt war (...)
B. Bleckmann,Konstantin der Große, Reinbek 1996 (5. Auflage 2007), S. 48 . 
Die Rede ist von jenem Maximian, dem Vater des Maxentius, der auch Constantius Chlorus an die Macht geholt und mit seiner Stieftochter verheiratet hatte. Außerdem hatte er seine leibliche Tochter Fausta mit Konstantin selbst verheiratet. Im Jahr 310 besiegte ihn sein Schwiegersohn. Hintergrund war, dass Maximianus und (da bereits zurückgetretene) Maxentius nach der Macht gegriffen hatten, sich darüber aber zerstritten und Maximianus bei seinem Schwiegersohn Zuflucht und Unterstützung gesucht hatte. Nach zwei Jahren fiel er aber diesem durch erneute Machtansprüche (er war vorher ein weiteres Mal zurückgetreten) während dessen Abwesenheit in den Rücken und wurde darauf von diesem mit militärischen Mitteln unterworfen. Kurz darauf fand man ihn erhängt, ob aber ermordet, erzwungener Selbstmord oder freiwilliger Suizid ist nicht klar.
Somit handelte es sich im weitesten Sinne um einen Kampf innerhalb des Dynastie. Damit schwächte er die Position Konstantins in den Augen der anderen Regenten und nicht unbegründet musse Konstantin auch um den Rückhalt seiner Truppen fürchten.

Erläuterung: Konstanin war von den Soldaten seines Vaters in England unmittelbar nach dessen Tod als dessen Erbe zum Augustus berufen worden. Die Tetrarchie, entworfen von Diokletian, sah aber eben nicht vor, familiäre Erbfolgen zuzulassen. Die Soldaten bewiesen erneut, dass sie diesem System nicht ergeben waren und eher dynastisch dachten, als sie sich während der Versuche der Augusti Severus und Galerius Rom zu erobern und damit Maxentius und dessen Vater wieder abzusetzen scheinbar in großer Zahl desertierten und zum Sohn ihres vorherigen Augustus überliefen.

In meinen Augen ist der Versuch, dieses Problem durch eine erfundene und propagierte Abstammungslinie zu lösen, als Erklärung plausibler, als die Behauptung, es handele sich um einen Akt der Propheterie. Zumal Konstantin schließlich nicht allein gegen alle "Usurpatoren" vorging, sondern sich mit Licinius erstmal verbündete.

Diese Interpretation ist zudem nicht neu und auch nicht weltfremd. Michael Grant schrieb in seinem "Die römischen Kaiser":
Er brauchte nun (nach dem Aufstand und Tod des Maximianus) eine vorteilhaftere Abstammung und führte sie auf Claudius II. Gothicus zurück.
M. Grant, Die römischen Kaiser, Bergisch Gladbach ²1999, S. 288.
Manfred Clauss äußert sich, nachdem er darauf verwies dass die Vorgänge um Maximianus' Tod durch Lactanz als "phantasievolle Geschichte" ausgeschmückt worden waren:
Konstantin erklärte den Toten zum Staatsfeind, löste sich gleichzeitig aus der dynastischen Ideologie der Tetrarchie und propagierte stattdessen seine Abstammung von Claudius Gothicus (268-270).
M. Clauss, Konstantin der Grosse und seine Zeit, München ⁴2009, S.25.
Später führt Clauss zudem aus, dass Konstantin sich nach kurzer Zeit wieder seinem realen Stammbaum zuwandte (inklusive Maximianus) und diesen vorrangig als Legitimation und Ehrung (aufgrund der Vergöttlichung seiner Vorfahren)  anführte, dabei aber auch Claudius Gothicus nicht ausliess. Dies dürfte dem entsprechen, was Alföldi mit "zeitweilig" meinte.
Diesem Argumentationsstrang folgt auch Elisabeth Herrmann-Otto auf der S. 33 (2. Auflage 2009) ihrer Konstantinbiographie. Sie benennt dabei Rücksicht auf die Familienangehörigen des Maximianus sowie ein "sich alle Wege offenhalten" als Motivation, sich die eigene Abstammung zu verbessern und dabei Maximianus zwar als Angreifer darzustellen, nicht aber auf immer zu verdammen.
Zurückhaltender bewertet Karen Piepenbrink in ihrer Konstantinbiographie der Reihe "Wissen kompakt", die sich Studenten und Interessierten als schnelle Einstigeswerke empfehlen, die Hintergründe. Sie erklärt sich die Abstammungsdichtung als Versuch die Legitimation auf religiöser (!nicht christlicher!) Ebene zu stärken.

Randbemerkung: Eines der wichtigsten Lexika heutiger Altertumswissenschaftler ist der Der Neue Pauly. Der Artikel über Konstantin erläutert:
Nach einem gescheiterten Putschversuch des Maximian in Arles (310 n.Chr.) fühlte sich C. nicht mehr der herculischen Dynastie zugehörig, sondern fand in der fiktiven Abstammung von Kaiser Claudius Gothicus eine neue Legitimierung außerhalb des tetrarchischen System (...).
B. Bleckmann, Constantinus, in: DNP, Bd. 3, Stuttgart / Weimar 1997, Sp.136-137.
Derselbe Bleckmann also, der im Rowohlt-Verlag (jenem Verlag in dem Deschners Reihe nach außergewöhnlich toleranter, geduldiger und zahlungsbereiter Unterstützung publiziert wird) noch die Ansicht vertrat, es handele sich um Kriegsvorbereitung, bzw. die dies begleitende Propaganda, äußert sich hier deutlich zurückhaltender.
Der Artikel erschien 1997, Deschners Replik im Jahre 1998 - inklusive Verweis auf Bleckmanns Konstantinbiographie. Sich nicht beim Nachfolger der ihm bekannten RE informiert zu haben und die communis opinio konsultiert zu haben, bevor er einer anerkannten Größe antwortete ist aus Sicht des Historikers durchaus tadelnswertes Versäumnis, bei der Ankündigung Deschners aus "Feindschaft zu schreiben" jedoch bereits Methode und somit fachlich disqualifizerend.

Persönliche Anmerkung: An dieser Stelle wurde mir klar, dass ich meine Auswertung nicht in dieser (noch nicht mal alle Punkte abdeckenden) Ausführlichkeit fortsetzen konnte, ohne jeden Leser abzuschrecken und den Rahmen vollends zu sprengen. Ich hatte gerade den ersten Absatz der Argumentation Deschners behandelt und bereits fast vier Seiten gefüllt. Daher nunmehr nur ein paar bestimmte Unterpunkte und deutlich weniger Querverweisen. Nähere Ausführungen gerne auf Anfragen.


Die Einschätzung Konstantins


Deschner beschwert sich über die Bewertung und Darstellung seines Urteils über die Person Konstantins.
Denn alte Quellen wie neue Untersuchungen bestätigen, Konstantins Barbarei war schon seinerzeit ungewohnt furchtbar. Doch liebt die Kritikerin diskrete Andeutungen, tadelnde Beiklänge, die mich als historischen Obskuranten hinstellen, ohne daß sie, dezente Tükke, dies aussprocht; obwohl sie auch davor, unter dem Druck ihrer Beweislast, nicht zurückschreckt (vlg. S. 154, 156), ja meinen Text einfach fälscht. 
Das Konstantinjahr 2006 brachte eine Reihe von Neuauflagen und neuen Publikationen rund um Konstantin. Mit Sicherheit findet sich in dieser Menge fachlicher wie populärer Werke auch die ein oder andere Stimme, die Deschner in dieser Bewertung zumindest teilweise zustimmen mag, obwohl mir dies bislang noch nicht begegnet ist. Das Konstantin über Leichen ging steht außer Frage. Ihn aber zu dem Monster aufzublasen, welches Deschner beschreibt, ist nicht haltbar. Dementsprechend diffus ist sein Verweis auf "alte Quellen" und "neue Untersuchungen". Er, der sonst an keiner Stelle die Chance auslässt auf jeden noch so unbedeutenden antiken Schreiber oder modernen Forscher zu verweisen (auch wenn nicht wenige dieser Forscher zum Zeitpunkt der Publikation schon viele Jahrzehnte verblichen und ihre Theorien überholt waren)  - etwas, das ihm ebenfalls auf der Konferenz mehrfach angekreidet und zugleich als Fleiß angerechnet wurde - wartet hier nun mit nichts mehr auf, als dem Hinweis: das steht irgendwo.

Dementsprechend schwer fällt die Überprüfung. Auch hier ist es vor allem Bleckmanns Buch im Rowohlt-Verlag, dass mit einigen eingestreuten Adjektiven immerhin der deschnerschen Sicht nahe kommt. Weder in den Lexika noch den Monographien fand ich aber auch nur einen Historiker, der Konstantin als einen größeren "Schlächter" befand als bspw. Licinius, Caligula, Nero, Commodus, Diokletian oder Galerius.  Oder, die Liste um heute verehrte und bewunderte Personen erweiternd, Alexander der Grosse, Caesar, Vespasianus, Trajanus, Marcus Aurelius, Septimius Severus usw. usf. Egal welche dieser Herrscher der Antike man betrachtet, bei allen floß reichlich Blut, nicht selten in grausamen, öffentlichen Akten oder beim Meuchelmord an der eigenen Familie. Das ist sicher keine Entschuldigung, soll es auch nicht sein, aber ein Grund die Vergangenheit nicht mit den heutigen Maßstäben zu beschreiben und zu urteilen - schon gar nicht so selektiv wie es Deschner unternimmt.

Noch weiter geht Deschner aber, indem er hier die Absicht der Autorin durch selektives und nicht selten zusammenhangstörendes zitieren selbst verfremdet. Er führte seine eigene Überlegung aus, dass die wenigsten Menschen sich den Tagungsband kaufen werden, somit hat kaum jemand also den Originaltext vorliegen um seine Wiedergaben zu kontrollieren. Umso dringender sollte es ihm ein Anliegen sein, nicht selektiv zu zitieren, zumal ihm ja genau dies in Bezug auf seine Reihe zum Vorwurf gemacht wird. Trotzdem und ungeahndet von seinen Rezensenten, macht er es.
Dem oben zitierten Absatz stellt er auf Seite "acht" einen einzigen Satz Alföldis voraus. Sie schrieb, von ihm zitiert:
Die ersten Regierungsjahre des jungen Kaisers im Westen sind nichts als schreckliche Kriege gegen armselige Germanen, die dann, gefangengenommen, erbarmungslos abgeschlachtet werden.

Alföldis Absatz geht aber, von Deschner unerwähnt, weiter.
Alsbald schickt sich Konstantin an, seine Mitkaiser, die er "unerträglich" findet, zu beseitigen, womit er die bestehende Ordnung zerstört und dabei die christliche Kirche mit dem Reich verbindet(I 217).
Kriminalisierung des Christentums? S. 149

Er beschuldigt Alföldi ihm zu Unrecht eine Übertreibung der Grausamkeit des Konstantin vorzuwerfen. Wörtlich:
Alles scheint von mir grausig übertrieben, nicht wahr, wird aber wieder nicht gesagt. 
Abgesehen von der unglücklichen Wortwahl. Und man kann dem vollständigen Absatz Alföldis nur zustimmen, wenn dahinter die Anklage der Übertreibung steht. Denn Deschner erweckte bspw. den Eindruck, dass die "Mitkaiser" aus emotionaler Feindschaft von Konstantin attackiert wurden. Die Quellen berichten aber von keiner kriegerischen Provokation oder gar einem unprovozierten Angriff durch Konstantin auf seine Mitkaiser. Vielmehr sehen die Fakten, noch einmal zur Erinnerung so aus:
306 Konstantin wird Mitregent
306 Maxentius wird Mitregent - sein Vater lässt sich 307 erneut zum Kaiser ausrufen
306 Severus wird Augustus
307 Severus marschiert in Absprache / auf Befehl des Galerius in Italien ein, wird geschlagen und spätestens nach dem im gleichen Jahr erfolgten Angriff des Galerius auf Maxentius getötet.
Es folgt eine starke Zusammenarbeit zwischen Konstantin und Maximianus bzw. dessen Sohn.
308 flieht Maximianus vor seinem Sohn zu Konstantin.
zwischen 308 / 309 Maxentius schlägt in Nordafrika eine Erhebung nieder. Konstantin unternimmt in dieser für ihn günstigen Situation keinen aggressiven Schritt.
310 erklärt sich Maximianus während Konstantin im Feld gegen eindringende Germanen kämpft  zum Kaiser, fällt diesem damit in den Rücken, wird von diesem aber besiegt und stirbt von eigener Hand oder inszeniert. Erst jetzt erstellt sich Konstantin einen von Maximianus unabhängigen Thronanspruch.
Es kommt danach zu neuen Bündnissen: Maxentius und Maximinus Daia verbünden sich, auf der anderen Seite Licinius und Konstantin, nach Darstellung Demandts als Reaktion auf das Bündnis der beiden Max - und in dieser Konstellation kommt es dann zum Kampf.
Dies klingt keineswegs danach, dass hier nur ein eiskalter Machtmensch mit starker Abneigung vor sich hinmeuchelte sondern nach dem aufeinandertreffen einer Reihe von machtgierigen Menschen, die sich nichts gaben und nichts nahmen in ihren politischen Mitteln.

Was die Kämpfe gegen die Germanen anbelangt, so ist weder der Umgang mit Besiegten noch die Art der Kriegsführung neu oder einzigartig. Ob Caesar oder Marcus Aurelius, Augustus (bzw. sein "Sohn" Tiberius) oder der optimus princeps Trajanus, sie alle zeichneten sich auch durch Feldzüge gegen Germanen aus. In der Folge solcher Feldzüge fanden stets und immer größer werdend sogenannte ludi oder auch munera statt, öffentliche "Spiele" bei der auch Kriegsgefangene zu tausenden ihr Leben ließen. Zwei Dakerkriege führte Trajan, um an Ende dieses Volk völlig auszulöschen. Die Rachefeldzüge des Germanicus nach der Niederlage des Varus forderten von Chasuari, Marsern und Chatten einen unzählbaren Blutzoll. Und der vielbewunderte Caesar ließ während und in der Folge seines Gallischen Krieges vermutlich mehr als eine Million Gallier ihr Leben verlieren - von den versklavten gar nicht zu sprechen. Angesichts solcher Grausamkeit antiker Kriegsführung zu behaupten, Konstantin wäre herausragend oder auch nur besonders bösartig vorgegangen entbehrt entweder des notwendigen Wissens um vergleichbare Herrscher oder ist schlicht und ergreifend vorverurteilend.
Auch nur anzudeuten, Konstantin hätte die Germanen als relativ wehrloses Ziel seiner Politik mit ungerechtfertigten Kriegen überzogen ist bereits eine Geschichtsklitterung erster Güte. Denn ab dem dritten Jahrhundert nahmen die Übergriffe der Germanen ins römische Gallien solch starke Züge an, dass sogar einzelne Landstriche entvölkert wurden. Alamannen, Franken und Goten zwangen dem römischen Reich mehrere Heeresreformen auf, nachdem sie auch Städte eroberten und zerstört hatten. Trier, die von Konstantin wiedererrichtete Stadt ist das naheliegende Beispiel.
Mit Sicherheit war (und ist) Krieg damals eine grausame und blutige Angelegenheit, Konstantin dort aber einen besonderen Rang einzuräumen ist schlicht Verleumdung.


Wie Deschner in diesen Punkten wirkt, was von seinen Ausführungen hängen bleibt, welches Bild (wohl gewollt) vermittelt wird, kann man auf dieser Seite (<<bitte hier klicken>>) beispielhaft nachlesen.
Konstantin war wie sein Vater sehr kriegerisch und außerdem grausam. Er führte ständig Krieg gegen verschiedene germanische Stämme. Besiegte Gegner ließ er in großer Zahl den Bestien im Zirkus vorwerfen, zwei besiegte Fürsten von Bären zerfleischen.
    Sodann brachte Konstantin in einem zehnjährigen Bürgerkrieg die drei anderen Mitkaiser unter seine Herrschaft, wobei er sich zeitweise mit einem von ihnen, Licinius, verband und diesem dann, nachdem Licinius den Mitkaiser Maximin aus dem Weg geräumt hatte, selbst in den Rücken fiel.
Hier häuft sich so viel Vereinfachung, Falschinformation und, man muss es so nennen, Blödsinn, dass es eigentlich verboten werden müsste.




Maxentius' Toleranz
In eben dieser Diskussion wirft Alföldi Deschner vor:
So kommt es zum Krieg gegen Maxentius, der von Deschner trotz nachgewiesener Willkürherrschaft stets entschuldigt wird.

Dem hält unser angeblicher Historiker entgegen:
Stets? Als schriebe ich nicht auch von Maxentius, dass er "die Landbewohner schröpfte", daß er "den bisherigen Steuerlasten neue hinzu"fügte -freilich "sein Geld in erster Linie eben dort" holte, "wo es fast unbegrenzt vorhanden war"; letzteres doch ein löbliches Unterfangen.
Kriminalgeschichte des Christentums, Bnd 5, Seite neun. 
Deschner behauptet also , er würde nicht verschweigen, dass Maxentius sehr wohl auch seine grausamen Seiten hatte. Aber dies versucht er zu untermauern mit Hinweisen auf die von ihm eingebrachten Hinweise auf dessen Steuerpoliti.
Nicht nur, dass er darin das "schröpfen" (im schlimmsten Fall die gewaltanwendende Plünderung eines Besitzes, bestenfalls der vom Besitzer unerlaubte Einzug des Vermögens) als eine positive Tat darstellt, erneut kommen darin mörderische Aktionen des Maxentius ebensowenig vor, wie "kriminelle" im Sinne der von Deschner in seiner Reihe doch so ausführlich ausgebreiteten angeblichen kirchlichen.
Alföldi spielt allerdings auf eben diese Punkte von Maxentius Herrschaft an. Seine Machtergreifung kostete sehr wohl Menschleben und war zudem eben nicht legal. Die anderen Regenten erkannten Maxentius nicht an, dessen Machtergreifung hatte, absehbarer Weise, Krieg zur Folge. In diesem Krieg ging es keineswegs anders zu als in den vorherigen oder folgenden - Blut floß. .



Dabei ist die Liste der Opfer wahrlich nicht klein, auch nach der Revision der Quellen. Seine Erhebung erfolgte im Rahmen eines Aufstandes in Rom selbst. Diese waren so heftig, dass dabei auch der amtierende Stadtpräfekt ums Leben kam. Normalerweise würde ich dies Maxentius gar nicht oder nur bedingt anrechnen, da nicht klar ist, ob die Unruhen bzw. die Ermordung auf sein Betreiben oder durch Eigeninitiative entstanden. In den von Deschner vorgelegten Maßstäben um die es jetzt  aber geht und welche bereits aus schweigender Duldund eine gleichanklagende Mitschuld konstruieren, muss man klar Maxentius verurteilen, der nicht nur möglicherweise eine treibende Kraft dabei war sondern auch mit Sicherheit keinen Prozeß gegen die Mörder anstrengte.

Der rechtmäßige, anerkannte Nachfolger seines Vaters war Severus. Dieser wurde durch die Rückkehr des Maximianus und seines pötzlich Ansprüche erhebenden Sohnes, Maxentius,  bloßgestellt, wehrte sich erfolglos und starb kurz nach seiner Kapitulation und Gefangennahme. Bleckmann führt aus, dass Maximianus zum Zeitpunkt des Todes des Severus bei Konstantin weilte, die Anweisung zur Ermordung aller Wahrscheinlichkeit von Maxentius kam.

Es ist wieder jener von Deschner in einem anderen Sachverhalt als fachlicher Rückhalt angeführte Bleckmann, der auf ein Gemetzel an der Bevölkerung Roms hinweist. Maxentius Soldaten töteten 6000 Römer, mutmaßlich als Rache für einen Soldaten, der in der alten Hauptstadt einen gewaltsamen Tod gestorben war. Dies wird von keinem mir bekannten Historiker bestritten. Allerdings sind die Vorgänge um dieses Massenmord herum sehr unklar. Das Maxentius dafür die Truppen zur Rechenschaft zog ist nicht bekannt.
Hingegen ließ er die Stadt Cirta vernichten.
 Leppin / Ziemssen verweisen in ihrer Biographie des Maxentius darauf, dass die von Eusebius aufgeführten Grausamkeiten zwar topoi, also typischen Erzählmitteln zur negativen (in anderen Fällen auch positiven) Darstellung des Regenten seien und darum mit kritischem Blick zu betrachten wären, dies aber keinesfalls belege, dass die Anschuldigungen völlig substanzlos, also ohne Begründung erfolgten. Auch diese beiden Fachleute verweisen auf das Massaker der Prätorianer, der Leibgarde des Kaisers, an den Bürgern der Stadt, und mahnen Revolten der Bevölkerung wie der Obrigkeit an - bis hin zur Revolte des Domitius Alexander in Nordafrika. Besagtes Blutbad findet sich denn auch in dem von Deschner als gänzlich erstunken und erlogen dargestellten Text von Eusebius. Mitten in der Beschreibung über Maxentius findet sich der Absatz:
So gab dieser einst schon auf einen ganz unbedeutenden Anlaß hin das Volk seiner mordgierigen Leibwache preis und es wurde eine unzählbare Menge des römischen Volkes mitten in der Stadt niedergemacht, nicht durch die Speere und sonstigen Waffen von Skythen oder anderen Barbaren, sondern von ihren eigenen Mitbürgern.          Eusebius von Cäsarea, Vita Constantini et Oratio ad coetum sanctorum, Buch I, 35.

Gleiches berichtet auch Aurelius Victor, welcher kein Christ war, über Maxentius der die "Senatoren und Landmänner zwang eine Abgabe zu entrichten um seine Verschwendung zu finanzieren". (40,24)

Und maßgeblich ist wieder mal, was Deschner nicht erwähnt. Er führt aus, dass die jüngere Forschung ein freundlicheres Bild von Maxentius zeichnet, das er scheinbar auch gegen Christen Toleranz und Milde walten ließ, die Verfolgung nicht durchsetzte. Dabei fällt kein Wort über Maxentius Lage. Sein Machtbereich war beschränkt, seine Mitregenten feindlich gesonnen, seine Machtbasis waren die Prätorianer und die übergelaufenen Soldaten. Letzteres klingt in der römischen Geschichte bekannt, doch haben die Usurpatoren normalerweise Truppenkonzentrationen zur Verfügung, da sie an Grenzen oder in umkämpften Regionen ausgerufen wurden. So wie Konstantin in England die Truppen um sich hatte, die sein Vater in den Kämpfen gegen Pikten und Aufständische kommandierte. Maxentius besaß derlei Truppen bei seiner Ausrufung nicht. Unter diesem Aspekt ist eine tolerante Politik nicht zwangsläufig ein Ausdruck eines menschenfreundlichen Charakters sondern kann durchaus auch als kalkulierte Gewinnungsstrategie interpretiert werden. Ebenso wie die Anerkennung und besonders freundliche Behandlung der bis dato noch verfolgten Christen durch Konstantin.

Solche Analysen des Gesamtbildes sind es, die den heutigen Historiker auszeichnen. Sie sind sein Werkzeug, neben Quellenkritik u.v.m. Derlei sucht man bei Deschner vergebens. Quellenkritik kommt, wie ja in den vorherigen Teilen bereits beschrieben, nur dann vor, wenn es um Diskreditierung christlicher Autoren und ihrer Überlieferungen geht.
Aber auch sonst mangelt es den Darstellungen an Sorgfalt, was Alföldi exemplarisch bemerkte und Deschner durch Ausreden und wortreiche Ausflüchte zu überspielen. Darum soll es im folgenden Absatz gehen.


Maxentius' "Sohn" - ein Mord an einer Person, die nie existierte
Deschner schrieb in seiner Kriminalgeschichte, dass Konstantin auch Maxentius Sohn "über die Klinge springen" (Kriminalgeschichte des Christentums, Bnd 1, S217) ließ. Alföldi weisst darauf hin, dass der einzige bekannte Sohn des Maxentius, Valerius Romulus, bereits Jahre vor der Niederlage seines Vaters verstorben war, genau gesagt 309 n.Chr. und das keine weiteren Kinder überliefert sind (Kriminalisierung des Christentums, S.149).

Der so Kritisierte reagiert erstmal - mir fällt kein besseres Wort ein - knatschig.
Daß Romulus Valerius "seit Jahren" nicht mehr lebte, mag stimmen.
Kriminalgeschichte des Christentums, Bnd. 5, Seite zehn.

Mit der Wendung "mag stimmen" drückt Deschner entweder Gleichgültigkeit oder Zweifel gegenüber einem Fakt aus - beide Haltungen sind bei einer wissenschaftlichen Behandlung eines Themas unangebracht. Seine eigentliche Verteidigung lautet aber:

Wir kennen aber sein genaues Todesjahr so wenig sicher wie das genaue Jahr seiner Geburt.

Um dann noch nachzulegen:
Und ich nenne gar nicht Romulus Valerius. Wäre freilich auch kein anderer Maxentius-Sohn seinerzeit umgekommen, hätte ich mich geirrt. Ich gebe jedoch zu bedenken, daß beispielsweise Karl Hönn in seiner Biographie Konstantin der Große. Leben einer Zeitenwende auf S. 107 von Maxentius schreibt: "Seine Kinder wurden getötet": wonach sogar mehrere Kinder des Besiegten Konstantins Opfer geworden sind.
An der ersten Aussage ist leider nur die Hälfte wahr. Wer heute im besagten und maßgeblichen Lexikon DNP unter Romulus Valerius nachschlägt erhält dort von jenem Bruno Bleckmann der Deschner an anderer Stelle als Gewährsmann diente in einem kurzen Artikel die Information, dass der Maxentiussohn eben 309 verstarb, danach divinisiert, also zum Gott ausgerufen wurde. Dies wird mit dem Hinweis auf zwei Inschriften belegt, die Valerius Romulus divus, also Gott, nennen. Diese Steine können bspw. nicht nach dem Tod des Maxentius angefertigt worden sein, da das Andenken an Maxentius und seiner Taten der damnatio memoriae verfiel. Wahr ist allerdings, dass wir Romulus' genaues Geburtsdatum nicht kennen.
Jener Karl Hönn, welchen Deschner als Beleg für die Hinrichtung diffuser anderer Kinder und der Familie des Maxentius anführt, kennen wir vor allem durch Arbeiten die in den 30er und 40er Jahren des 20. Jh. entstanden und veröffentlicht wurden. Dafür erhielt er als letzter Preisträger den 1935 gestifteten Erwin-von-Steinbach-Preis, dies im Jahr 1943. Diesen Preis erhielt als erster Emil Strauß. Die von Deschner als Beispiel angebrachte Konstantinbiographie dieses Autor wurde 1945 veröffentlicht und hatte keine nennenswerte wissenschaftliche Nachwirkung.
Dagegen sucht man bei Bruno Bleckmann, Elisabeth Herrmann-Otto wie auch bei Oliver Schmitt vergebens nach Ausführungen über die Ermordung der Familie des Maxentius. Und das nicht, weil einer der genannten Autoren behaupten würde, Konstantin hätte in der Folge von Maxentius' Tod niemanden hinrichten oder ermorden lassen. Nahezu alle Autoren widmen dem Einzug des Kaisers und seiner Neuordnung eine ausführliche Beschreibung. Ebenso wie Zosimos, ein paganer Autor des 5. Jahrhunderts, erwähnen sie vielmehr, dass der siegreiche Eroberer ungewohnte Gnade walten ließ, auch einige enge Vertraute Maxentius' weiter beschäftigte statt sie zu töten oder zu vertreiben.
Und hier bietet sich der direkte Vergleich an dne Deschner in seiner Arbeit ja immer wieder vornimmt. Während Maxentius die nordafrikanische Stadt Cirta vernichten ließ und dabei ein Blutbad in Kauf nahm, belässt Konstantin bei seinem Einzug in Rom fast alle Beamten in ihren Ämtern, richtet kein Massaker in der seinem Vorgänger treuen Stadt an. Dies als Menschenfreundlichkeit zu werten wäre genauso blind, wie die Darstellung des Maxentius als Friedenskaiser, der "lediglich" und "löblich" die Steuern bei den Reichen anhob und eintrieb. Aber der direkte Vergleich entlarvt das Bild Konstantins welches Deschner zeichnet als übelste und unwissenschaftliche Polemik die sich nicht mal bemüht wenigstens die Fakten korrekt wieder zu geben.
Was bleibt ist die Annahme, Konstantin könnte Personen, die uns sonst nicht bekannt sind, umgebracht haben bzw. deren Ermordung angeordnet oder geduldet. Von Sicherheit ist hier keine Rede, denn immerhin sagt bspw. Maxentius Mutter nach der Eroberung vermutlich unter Druck oder Folter aus, dass ihr Sohn ein uneheliches Kind gewesen sei. Von ihrer Ermordung ist dagegen nichts zu finden.
Somit ist es zwar möglich, dass ein derartiges Blutbad angerichtet worden ist, aber nicht bewiesen oder auch nur nach Meinung einer Mehrheit der Forscher eine hohe Wahrscheinlichkeit. Das hindert Deschner weder daran dieses mögliche Blutbad in seinem Buch als Faktum darzustellen noch unter der Kritik wenigstens eine Wahrscheinlichkeit des Nichtgeschehens einzuräumen. Die Kritik Alföldis ist somit eben nicht abgewiesen worden sondern unlauter umgangen.


Details einer Anklage: wer gab Konstantin den Titel "der Große"?
Eine weitere Aussage Deschners die nachweislich falsch ist und in die länger werdende Liste der widerlegten Widerlegung gehört dreht sich um die Titulierung Konstantins. Alföldy führt aus, dass es nicht wie von Deschner behauptet, die Kirchenleute waren, die Konstantin als "den Großen" titulierten sondern Praxagoras.
Daß die Kirchengeschichtsschreibung als erste ihrem Helden den Beinamen eines "Großen" gegeben habe, ist wieder falsch.
Kriminalisierung des Christentums?, S. 150
Deschner antwortet in seiner Replik auf die Kritik:

Was heißt hier <<wieder>> falsch? Und was heißt da <<falsch>>? Steht bei mir doch korrekt: <<die Kirchengeschichte gibt Konstantin den Beinamen <der Große> >>. Um dies freilich erst falsch zu machen, um mich eines weiteren <<Fehlerchens>> überführen zu können, schmuggelt Frau Professor R.-Alföldi ebenso unauffällig wie infam die beiden Wörtchen <<als erste>> ein, die bei mir fehlen!
Kriminalgeschichte des Christentums, Bnd. 5, Seite zwölf.

Eine von persönlichen Angriffen überzogene Ausflucht. Natürlich sind die beiden Worte "als erste" nicht in seinem Text zu finden, so wie der gesamte Absatz Alföldis keine wörtliche Übernahme ist sondern ein sinngemäßes Zitat - leicht erkennbar durch den von Alföldi verwendeten Konjunktiv "habe". Und natürlich sind die beiden Worte nicht geschmuggelt oder erfunden. Sie sind eine Umformulierung für "einen Namen geben". Einen Namen "gibt" man nur einmal, evtl. "bestätigt" man ihn (auch mehrmals), sonst wird ein Titel "genutzt", "wiederholt" oder "übernommen". Ist man großzügig kann man auch "nennen", wobei auch dieses Verb bereits als "Vergabe" interpretiert werden kann.
Wenn ich also formuliere, "er gibt sich selbst den Titel Historiker" drücke ich damit nicht aus, dass er einen bereits existierenden oder bestätigten Titel wiederholt, sondern dass er selbst dafür verantwortlich zu machen ist, dass dieser überhaupt verwendet wird.

Zu diesem sprachlichen Fehler kommt die Tatsache, dass er Praxagoras in der "Kriminalgeschichte" auslässt (und somit, wie er es Alföldi vorwirft, "zensiert") und auch in seiner Replik trotz des ausdrücklichen Verweises nicht auf ihn eingeht. Blickt man dagegen in die Werke seriöser und ausgebildeter Historiker, so findet sich eine Quellenkritik zu eben jenem Praxagoras allein schon aus der Tatsache heraus, dass über die Person so wenig bekannt ist. Die Auswertung dieser Quelle wird dadurch sehr erschwert und dies bedarf zumindest einer Erwähnung. Ebenso deutlich mehr biographisches findet sich über übrige Autoren wie Caecilius Firmianus Lactantius und Sextus Aurelius Victor als bösartige Charakterbeschreibungen wie sie Deschner vor allem über christliche Schreiber ergiesst. So nennt Deschner Lactanz "kriecherisch" weil er in Bezug auf Konstantin über eine "edle Abstammung" schreibt, obwohl dies nunmal der Fall ist. Auch ohne Fälschung.


Mit diesem Abschnitt will ich die Behandlung der angeblichen Widerlegung beschließen, obwohl ich gerade mal zwei bis drei von deutlich über 20 Seiten besprochen habe. Da ich aber nun schon bei rund einem dutzend DinA4 Seiten bin, möchte ich zumindest dieses Kapitel hier beschließen. Massive handwerkliche, sachliche wie soziale Fehlgriffe sind aufgelistet. Der Mythos des "bislang unwiderlegten" ist zwar schon lange zerstört, in diesem Text aber hoffentlich nochmal leicht nachzuvollziehen.

Meine Fehlkalkulation was den Umfang angeht führt dazu, dass ich noch eine weitere Fortsetzung schreiben werde, in der ich einen Text der Kriminalgeschichte direkt auswerte.
Bis dahin empfehle ich den hier verlinkten Artikel in der Legal Tribune online aus der Sicht eines Journalisten.

Abb. 1. aus E. Herrmann-Otto, Konstantin der Große, Darmstadt ²2009.

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