Man mag es rotzfrech, dreist oder chuzpe nennen, was Edathy sich da leistet. In einem aktuellen Interview betont er, alles sei legal gewesen und er selbst sei das Opfer in der aktuell laufenden Affäre. Bereits letzte Woche hatte er laut überlegt, ein Buch über sein "Martyrium" zu schreiben.
Kurz zur Erinnerung: der Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende des Ausschusses zur NSU-Mordserie Edathy war auf der Liste der Käufer eines Kinderpornohändlerringes auftgetaucht, welchen die kanadische Polizei hatte auffliegen lassen und dabei u.a. mehrere hundert Kinder befreite. Als die Kanadier unserer Justiz diesen Kauf von Bildern nackter Jungen in nicht eindeutiger Pose mitteilten wurde Edathy, wie auch immer, darüber in Kenntnis gesetzt. Nach verstreichen einer ansehenlichen Zeit wurde dann endlich die Hausdurchsuchung genehmigt, aber da gab es keine intakten Festplatten mehr, die man hätte untersuchen können und auch der Dienstlaptop Edathy war auf wundersame Weise, angeblich auf einer Zugfahrt gestohlen, verschwunden. Edathy selbst setzte sich ins Ausland ab.
Da die gemeldeten Bilder keinen Sexualakt zeigten und angeblich auch nicht unmittelbar anzüglich erscheinen steht die Justiz nun vor dem Problem, keinen Anklagegrund in Händen zu haben. Dies weiß Edathy und beschwert sich nun, nach dem Gesetz völlig korrekt, über die Untersuchung.
Mittlerweile rufen auch diverse Journalisten, Kommentatoren und Politiker dazu auf, "den gesunden Menschenverstand" zu benutzen und keine "Hexenjagd" zu veranstalten. Gemeint ist damit wohl, keinen Menschen vorschnell zu verurteilen und in der Öffentlichkeit schlecht zu behandeln.
So langsam bekomme ich von solchen Kommentaren an der Stirn blaue Flecken, so heftig muss ich meinen Kopf dabei in Richtung Schreibtischplatte bewegen. Gesunder Menschenverstand?
Ein Mann kauft bei einem Kinderpornohändler! Und was kauft er? Nacktbilder.
Schon da erlischt bei mir die Unschuldsvermutung. Es wird so getan, als sei das völlig unverdächtig. Klar, ich gehe in eine Drogenhöhle und erkläre bei der Festnahme, ich hätte gar nicht mitbekommen, was die da schnupfen und hätte nur schnell von dem Mehl oder Puderzucker, das die da zum Strecken benutzen kaufen wollen, und das sei ja legal.
Dann wird alles an Beweismaterial in den Wohnungen zerstört und der Laptop verschwindet. Ganz zufällig. In den 20 Jahren, die ich Computer benutze, ist mir eine einzige Festplatte kaputt gegangen, und diese war danach vom Fachmann noch immer größtenteils auslesbar. Die Wahrscheinlichkeit, dass zwei gleichzeitig kaputt gehen UND noch ein Laptop des BUNDESTAGES mit möglicherweise wichtigen und geheimen Informationen gestohlen wird halte ich für ähnlich hoch, wie von einem Blitz getoffen zu werden, während man an einem U-Bahntunnel baut und ein Blackout, ein totaler Stromausfall herrscht.
Trotzdem reist der Verdächtige ins Ausland und hält seinen Standort verborgen. Klar, weil die Leiter von Rechtsausschüssen des Bundestages, die von hochrangigen Politikerkollegen gewarnt worden sind ja auch einen Lynchmob vor einer ihrer vielen Wohnungen und Büros und Hotels usw. fürchten müssen und unser Rechtssystem dafür bekannt ist, dass Unschuldige verschwinden...
Hätte Edathy zugegeben, dass bei jenem Händler zu kaufen ein monströser Akt der Ignoranz vor den dort gezeigten Verbrechen gewesen ist, sich dann der Polizei gestellt und seine Festplatten zur Auswertung übergeben hätte - DANN hätte ich gesagt, abwarten, was dabei rauskommt und in dubio pro reo. Wer sich aber so verhält - nein, da versucht ein schlimmer Verbrecher sich aus der Affäre mit möglichst geringen Verlusten zu ziehen, nachdem ihm klar ist, dass das Schlimmstmögliche bereits abgewendet wurde.
Und genau wegen sowas muss es illegal werden, Nacktbilder von anderer Leute Kinder zu erwerben oder solche zum Verkauf anzubieten. Und dabei ist nicht die Rede von barocken Putten, wie so viele dieser Tage behaupten. Dabei ist auch nicht die Rede von einer modernen Plastik, deren Formen nur mit LSD oder extrem aktiver Phantasie den angeblichen Knaben erkennen lassen - es dürfte nicht zu schwer sein, dies dabei herauszunehmen.
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