Michael Grosse-Brömer, seines Zeichens CDU Politiker, hat sich zu "Fake News" geäußert und klar gestellt, dass solche ehemals als Falschmeldungen bezeichneten Behauptungen (oder Nachrichten) die Demokratie gefährden.
Drängt sich mir also die Frage auf: hat es in der Geschichte der Demokratie noch nie Falschmeldungen gegeben? Welche Demokratie ist denn aufgrund von Falschmeldungen untergangen oder aufgegeben worden? Oder gab es noch nie eine Demokratie und darum konnte noch nie eine unter den Falschmeldungen leiden?
Natürlich ist das Unsinn. Es gab beides schon immer. Falsche Behauptungen wie eben die Demokratie. Und es ist völlig irrelevant, welche Regierungsform die Geschicke eines Staates lenkte: Falschmeldungen konnten Kriege auslösen und Hysterien. Sie sind verantwortlich für eine Stimmung in Ländern und Haltungen von Menschen. Damals wie heute. Die Behauptung im wörtlichen Sinne ist also Schrott. Falschmeldungen KÖNNEN für jedes friedliche Miteinander, auf individueller wie staatlicher Ebene gefährlich sein.
Das gilt aber ebenso für wahrheitsgetreue Berichte. Zu behaupten, die zunehmend ablehnende Haltung der deutschen zur neuen Asylpolitik unseres Landes sei nur aufgrund von Falschmeldungen entstanden ist eine Verzerrung der Tatsachen, ein ignorantes Wunschdenken, welches vielen Opfern von Kriminalität und Terror und ihren Angehörigen ins Gesicht spuckt. Wenn bspw. die Opfer der Silvesternacht sich entschließen nicht mehr oder radikal zu wählen, weil nicht nur eine Menge von Migranten sie belästigt, bestohlen oder gar vergewaltigt haben und sie anschließend um die verdiente Aufmerksamkeit kämpfen mussten, von Feministinnen ignoriert und kleingeredet, von Politikern und Journalisten der Falschanzeige verdächtigt und von selbsternannten Anti-Rassisten beschimpft - dann ist das keine Reaktion auf eine Falschmeldung, sondern das exakte Gegenteil. Auf den Versuch, ein Ereignis zu leugnen, anders darzustellen oder einzuordnen erfolgt eine Minderbewertung der Demokratie die so gar nicht menschlich daherkam.
Wenn Politiker und Journalisten angesichts der simpelsten Wahrscheinlichkeitsrechnung auf "es könnte auch ein Unfall gewesen sein" beharren und die Polizei sich sogar Spekulationen im Netzwerk verbittet - wer vermeldet dann gerade Traumwerk als Nachrichten?
Wenn unsere Medien betonen, Clinton habe die US-Präsidentwahl eigentlich gewonnen - obwohl das gesamte System, auch der Wahlkampf der Kandidaten nicht auf das "public voting" sondern das "electoral voting" abzielt, ist das dann nicht auch eine Falschmeldung? Wenn dann die Ergebnisse der pro-Clinton gestützten Neuauszählung durchaus Wahlbetrug feststellen - gegen Trump, und dies nicht gemeldet wird... Gut, aber in dem Fall geht es ja wirklich um Demokratie und die "Fakenden" sind unsere Nachrichten und Politiker. Die waren natürlich nicht gemeint.
Letztlich: wo waren die moralischen Aufschreier die letzten 70 Jahre? Zeitungen wie BILD, Stern und Spiegel sind geradezu legendär für bestimmte Falschmeldungen. Man erinnere sich einmal an Hitlers Tagebücher.
Ach, da wurde aufgemerkt? Genau. Das ist der Punkt. Und DA sieht man die wirkliche Gefahr für unsere Demokratie. Es geht den Verbietern und Bestimmern nicht um Gleichberechtigung, Volkes Wille oder gar eine wirkliche Demokratie. Ihnen geht es um Deutungshoheit und Vorzugsrechte. Das haben wir bereits im Falle der AfD gesehen, als diese durch Journalisten ausschließlich negativ, oft falschmeldend ins Licht gerückt wurde und von unserem Mediensystem dann bei den Wahlen von öffentlichen Debatten ausgeschlossen werden sollte. Das sehen wir in der Gesprächsverweigerung und Entmenschlichung von Andersdenkenden der rechten Fraktion. Und das sehen wir im mangelnden Debattenwesen. Deutsche Politiker und Journalisten scheuen den faktenbasierten, argumentativen Schlagabtausch. Was in den Talkshows geboten wird ist in den meisten Fällen ein "huschen" durch eine Vielzahl von Themen. Die Diskutierenden haben keine Gelegenheit präzise Daten und Studien samt Quellenbelegen vorzulegen oder zu kritisieren. Wenn es doch mal passiert ist, wie auch bei Kernthemen, die vorgegebene Zeit bis die Moderatorin wenig dezent zur nächsten Frage überleitet unangemessen kurz.
Und das gilt für den Journalismus gleich drei Mal. Es wird i.d.R. nicht gewartet, bis die Polizei Untersuchungsergebnisse vorlegt, bevor auch FAZ und Süddeutsche melden, dass ein Angriff auf eine Moschee fremdenfeindliche Züge aufweise.
Oder in der Bewertung des Öffentlichkeitsinteresses großzügig sind. Oder schlicht ungeprüfte Narrative, wie dem "Massenvergewaltigungsfest auf der Wiesn" als Gegenmaßnahme zur Silvesternacht 2015/2016 auffahren.
Wenn es früher Falschmeldungen gab, dann wurden diese durch Richtigstellung und wenn nötig durch ausführliche Erläuterung, gerne bei Zigarren und Wein im Morgenfernsehn, gerade gerückt. Die Zentrale für politische Bildung lieferte Materialien, oft nach wissenschaftlichen Standarts, um Neutralität bemüht (im Rahmen des Kalten Krieges). Wer im Zeitalter der "Beauftragten, Experten und politischen Korrektheit" dergleichen sucht, wird bitter enttäuscht. Selbst Stasi-IMs wird da nicht ein sondern gleich zwei Gefälligkeitsgutachten geliefert und die Presse schaut nicht mal hinein, lässt sich nur das Fazit zur direkten Übernahme diktieren - oder kritisiert für eine solche Schauergeschichte den Justizminister (der Skandale) noch nicht einmal.
Die Demokratie ist vom Mangel an Diskurs gefährdet, vom Mangel an sachlicher Auseinandersetzung, die auch damit leben kann, nicht jeden zu überzeugen und manch abstruse Theorie oder Behauptung stehen zu lassen.
Was sie nicht überstehen kann, sind Bemühungen und Gesetze, Andersdenkende zum Schweigen zu bringen. Ihnen die Grundrechte abzuerkennen, und wenn es aus scheinbar edlen Motiven geschieht. Gesetze und Bestimmungen nicht oder nur einseitig anzuwenden. All das gefährdet eine Demokratie und einen Staat weit mehr, als Falschmeldungen auf Twitter, youtube und Facebook.
Und gerade unsere Politiker und Journalisten, die alle bereits Mist veröffentlicht haben, dass sich die Balken bogen, sollten kleine Brötchen backen. Oder am besten gar keine.
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