Sonntag, 5. Juni 2016

Heuchler im Amt

Es gibt eines ganze Reihe von Politikern, die mich regelrecht abstoßen. Von deren Charakter und Zielen ich derart angewidert bin, die ich für derart egozentrisch, arrogant und mit einer unsäglichen Hybris ausgestattet halte, dass mich die kalte Wut überkommt.
Jäger, Minister des Inneren in NRW gehört, wie regelmäßige Leser wissen, definitiv dazu. Schwesig ebenso. Beide rufen zum "Kampf gegen" auf, zum Kampf gegen Rechts (eine politische Richtung und nicht identisch mit Rechtsradikalen - wie "links" nicht gleichbedeutend mit Kommunist, Stalinist, Linksradikal oder AntiFa ist...), gegen Rassismus (also den Rassismus gegen Nicht-Deutsche, gegen Deutsche wird er verleugnet) und gegen Gewalt (außer gegen die Gruppen, gegen die man zum Kampf aufruft und natürlich auch die Polizei) auf. Dabei werden sie auch aktiv, streichen Gelder die im Kampf gegen anderen Radikalismus gedacht sind als gegen Rechts, stampfen Werbematerial gegen Islamismus ein, wenn sich Muslime beleidigt äußern (wann ist das nicht der Fall?), versprechen immer wieder die Verbesserung von Polizei- und Sozialbehörden, nur um diese dann doch wieder im Regen aber mit mehr Aufgaben stehen zu lassen usw. usf.
Ein besonders gefährlicher Mensch ist in meinen Augen in den letzten zwei bzw. bald drei Jahren in eine besondere Machtposition gekommen: Heiko Maas. Unser Justizminister hat sich mit Versuchen, Zensur als "Reaktion auf die Vorkomnisse von Köln in der Silvesternacht" und "modernes Geschlechterbild" einzuführen in meinen Augen ebenso positioniert, wie mit ständigen unsachlichen bis beleidigenden und unterstellenden Äußerungen oder der Einrichtung einer (privatwirtschaftlichen) Kommission, welche "Hasssprache" ausfindig machen und der Verfolgung übergeben soll.
Das letzte Mal, als "Beauftragte" unterwegs waren, um Menschen auf den Mund zu schauen, sie zu melden und dann strafrechtlich belangen zu lassen war ein Staat an der Macht, der seine Bürger wegen "Fluchtversuchen" abknallen ließ - und davor einer, der sowieso bereit war, jeden zu ermorden.
Mit beiden möchte man normalerweise nicht verglichen werden. Maas scheint das nicht zu kümmern.
Mehr Sorgen macht er sich wegen "vorschneller Verdächtigungen" und "unzulässiger Verknüpfungen". Nach besagter Nacht an Silvester, als aus ganz Deutschland gleichlautende Meldungen, Zeugen- und Opferaussagen eintrafen, da stellte er sich hin, und äußerte:
(....) Maas warnte davor, aus den Vorfällen Rückschlüsse auf die Gesetzestreue von Migranten zu ziehen. (....)
Auch sei es "schlicht falsch", zwischen den Exzessen in Köln und dem Flüchtlingszuzug einen Zusammenhang zu sehen (...)
Seine Kompetenz bewies er damals schon, als er von der "schnellen Abschiebung der Täter" sprach, und kurz darauf zurückrudern musste. Bis heute ist das nicht eingetreten und scheinbar auch nicht möglich. In der Tat sind die ersten Täter mit milden Strafen bereits wieder unterwegs.

Jetzt aber hat Maas mal wieder gezeit, wie geheuchelt seine Sorge um "Vorverurteilung" und "Pauschalisierung" wirklich ist. Und die Medien spielen fleißig mit.
Aktuell habe er eine Morddrohung in Form einer 9mm Patrone im Briefkasten erhalten. Kein Journalist fragt, wie das möglich sei, werden unsere Politiker doch i.d.R. ziemlich gut bewacht und gerade unser Justiz- und Innenministerien werden ja nicht müde zu erklären, wie sich der Bewohner Deutschlands doch verbunkern solle, angesichts der Zunahme an Einbrüchen und im Falle der persönlichen Bedrohung.
Keine Kamera, kein Sicherheitsbeamter hat gesehen, wie jemand an den Briefkasten ging?

Die FAZ macht gemeinsam mit Maas daraus folgenden, von mir nicht veränderten Absatz:
In den Briefkasten seiner Privatwohnung habe jemand „eine Neun-Millimeter-Patrone“ geworfen.

Die Täter kommen laut Maas aus der rechten Szene: „Vor allem Pegida, AfD, NPD und was es sonst noch in der rechten Ecke gibt. Das ist der Teil der Gesellschaft, der sich auch sonst in Fremdenfeindlichkeit und Rassismus ergießt.“
Der zuständige Journalist äußert durch diese Textsetzung die Behauptung, dass man wisse, wer die Patrone eingeworfen habe und wieso. Ohne, dass man Ermittlungsergebnisse präsentiert.
Wer sich die Flut von Artikeln zu diesem Thema, angefangen bei der Stellungsnahme in der BILD, durchliest kann erkennen, dass die Äußerung nicht auf die Patrone allen gezielt war, sondern auf die Flut von Beleidigungen und Drohungen, die Maas derzeit erhält. Das diese zweifellos vorwiegend bis ausschließlich von Rechtsradikalen, Fremden- und Verfassungsfeinden kommen, vermutlich mit einer nicht zu verschweigenden Anzahl schlicht frustierter Menschen, liegt auf der Hand.
Im Fall der konkreten Bedrohung wie der allgemeinen Zuschriften sofort bestimmte und überschaubare Gruppen zu nennen und zu beschuldigen ist hingegen weit über das hinaus, was Maas noch im Januar als rechtsstaatliches Verhalten definierte.

 Kein einziger der Journalisten kommt seinem beruflichen Ethos nach und stellt die vor allem gegen die AfD gezielten Äußerungen des Ministers in Frage oder der Tatsache gegenüber, dass selbst die FAZ erst vor kurzem darüber berichtet hat, wie massiv die Gewalt gegen genau jene Partei wurde, die der Minister hier in der Verantwortung nennt. Wenn also der Anstieg der Gewalt, welcher laut Behörden auf der linksradikalen Seite weitaus dramatischer ist nur den besagten Parteien und Bewegungen anzulasten sei, dann entsteht eine Diskrepanz zur Realität, die ausschließlich auf den Charakter und die Ziele des Justizministers zurückzuführen sind und ihm jegliche Ehrlichkeit und Objektivität absprechen.

Auch kommt nicht ein Reporter auf die paradoxe Ironie des folgenden Absatzes:
"Ich bin seit 20 Jahren in der Politik, so viel Rohheit wie heute habe ich nie erlebt", sagte Maas der Bild am Sonntag. "Das, was geschrieben und geschickt wird, ist unterirdisch und voller Hass." Er erhalte "Morddrohungen mit Ort, Datum, Uhrzeit". Massiv zugenommen hätten die Attacken, nachdem er die islamfeindliche "Pegida"-Bewegung als eine Schande für Deutschland bezeichnet habe.
 So viel Rohheit wie heute hat er noch nicht erlebt, nachdem er selbst, als Minister und "Vorbild" in die unteren Schubladen sprachlicher Möglichkeiten griff...
Wäre Maas ein zurückhaltender, bescheidener und wortgewandter Gentlemen, so würde ich seinen Protest akzeptieren. So aber kommt er mir wie sein verstorbener Parteikollege Herbert Wehner vor, der, oft sehr kreativ, pöbelte und randalierte, was das Zeug hergab - auch dieser war im Einstecken nicht so gut, wie im Austeilen. Allerdings war er m.W. nicht so frech, große Bevölkerungsteile so zu behandeln, wie Maas es unternimmt.

Und weil man es ja aussprechen (oder schreiben muss): die Drohungen sind nichts harmloses, sind nicht ok oder "selbstverschuldet". Jemandem zu drohen geht gar nicht - von niemanden an niemanden. Die Polizei findet hoffentlich den "Patronenspender". Und ebenso hoffentlich lernt auch Maas irgendwann, dass er nicht so viel anders vorgeht, wenn er die Meinungsfreiheit auf den Müll wirft und Menschen pauschalisiert und beleidigt.

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