.... war eigentlich seit Jahren jedem aufmerksamen Beobachter klar. Die Uhr wird zurück gedreht. Das Land wurde durch Erdogan wieder religiöser und osmanischer, und mit ihm auch seine Auswanderer. Der Nationalismus bleibt lebendig und frisch.
Kurden, Armenier und andere christliche Minderheiten wie Juden erleben Welle auf Welle von Feindlichkeit. Die Enteignungen der christlichen Klöster gehen ebenso unbeachtet vor sich, wie die verlogenen Handreichungen unkritisch weitergemeldet werden.
Erdogan, eigentlich auf einem reinen Dekorationsposten, häuft weiter Macht an. Journalisten und hochrangige Militärs sitzen in den Gefängnissen und ständig werden es mehr.
Die Armenier an der Ostgrenze des Landes erleben Ignoranz oder Feindseeligkeit im schnellen Wechsel.
Der Norden des Irak wird kurzzeitig invasiert.
Wer jetzt glaubt, dies alles sei einzig und allein das Werk der Machthaber, der irrt. Erdogan, seine AKP und alle Entwicklung ruht auf dem Rücken der Anhänger. Und das ist ein bedeutender Teil der Bevölkung der Türkei wie der Auswanderer. Wenn nicht sogar die Mehrheit.
Das spürt derzeit auch Wikileaks. Sie wollen es noch nicht wahrhaben, aber es sind vermutlich die gleichen Kräfte, die sie attackieren, wie die Angriffe auf französische oder vatikanische Server nach deren Statements zum Völkermord an den Armeniern.
Türkische Hackergruppen, die sehr wahrscheinlich auf Eigeninitiative vorgingen, versuchten teilweise erfolgreich wichtige Netzwerke zum Absturz zu bringen und kaperten Internetseiten, um auf ihnen andere Botschaften zu verbreiten.
Das Wikileaks angekündigt hat, hunderttausende Mails und zehntausende Dokumente zu veröffentlichen, welche das Innenleben der Regierung und die Vorgänge rund um den Putsch beleuchten hat den Zorn auf sie gelenkt. Das es dies in die Tat umsetzt bedeutete seine Sperrung in der Türkei. Damit leistet sie nun Twitter Gesellschaft.
Mittlerweile dürften die Zweifel am Ablauf des Putsches stark um sich greifen. Hier bspw. einige Einwände des ehemaligen Militärberates Merkels. Mittlerweile sieht man, dass ein großer Teil der türkischen "Elite" verhaftet oder abgesetzt wird. Es sind zahllose tausende, Richter, Staatsanwälte, Militärs, Politiker, Wissenschaftler, Professoren und Lehrer, die von immer neuen Wellen erfasst werden. Und alle sollen sie irgendwie mit dem seit vielen Jahren im Ausland lebenden Prediger Gülen gegen Erdogan konspiriert haben oder die Verschwörung zumindest toleriert.
Wolfram Weimer findet klare Worte für die Vorgänge und die Richtung der Entwicklung.
Wir erleben, wie die Türkei zum Teil zurück zum Osmanischen Reich findet und zum Teil einen "demokratischen Diktator" kürt. Hier mischen sich historische Beispiele, von Hitler über Lenin bis hin zu Sultanen und Konsuln. Das Ergebnis dürfte aber absehnbar sein, denn die Methoden sind relativ eindeutig.
Denunziation wird betrieben. Schon vor Wochen wurden Auslands-Türken aufgefordert zu melden, wenn sich jemand kritisch über Erdogan oder die Regierung äußerte. Nun führt dies auch zur Eskalation, u.a. in Deutschland.
Wissenschaftler erhalten Reiseverbot und werden gleichzeitig ins Land zurück gerufen.
Die Todesstrafe soll wieder eingeführt werden.
Eine Opposition wird es schon bald nicht mehr geben, Kritiker und Freidenker werden mundtot gemacht durch die Abschaltung ihrer Plattformen und ihre Inhaftierung. Dutzende Sender und Zeitungen haben ihre Lizenzen und mitunter auch ihre Mitarbeiter verloren, als diese vom Staat einkassiert wurden.
Wenn die Exekutionen einsetzen wird es vermutlich auch wirklich den ein oder anderen Gülen-Anhänger treffen. In Wirklichkeit aber sterben dann dort vermutlich meist Unschuldige oder solche, die ein islamistisches Osmanisches Reich verhindern wollten. Auf jeden Fall aber stirbt dort die Hoffnung, die Türkei bleibe auf dem Weg eines modernen, toleranten Staates, dem Menschenrechte wichtiger sind, als die Lehren des Koran oder der Wille des Sultans und seiner Paschas.
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