Dienstag, 1. Dezember 2015

Was uns Geschichte über Verallgemeinerung, Loyalität und Radikalisierung lehrt

Am 7. Dezember 1941 flogen japanische Marineflugzeuge einen massiven Angriff auf Pearl Harbor, den Marinehafen der Pazifiklotte der US Streitkräfte auf Hawaii. Damit eröffnete Japan nicht nur das nächste Kapitel in den Streitigkeiten zwischen Japan und den USA, sie versenkten damit nach einem überraschenden Angriff einen Teil der feindlichen Flotte, wobei sie eine große Zahl Soldaten und 68 Zivilisten.
Der Angriff, der nicht rechtzeitig durch eine Kriegserklärung abgedeckt war, wird noch heute als hinterhältiger Akt betrachtet. Schon vorher aber hatten starke Spannungen bestanden und mittels Embargos und Landnahmen hatte man sich gegenseitig das Leben schwer gemacht.
Abtransport durch das Militär
Eine der Folgen davon war die Internierung der Japaner und US Bürger japanischer Herkunft die an mehreren Lagern an der Westküste der USA. Ziel war es, mögliche Spionage und Sabotage zu unterbinden und die Sicherheit der Flotte herzustellen. Natürlich wurde dagegen mehrfach geklagt, mit teils unterschiedlichen Ausgängen. Darum wurden an der Westküste etwa 110 000 Menschen in die Internierungslager geschickt. Dabei waren ca. 2/3 davon US Bürger. Auf Hawaii, wo die japanische Einwanderung deutlichen Einfluß auf die Bevölkerung genommen hatte und über 150 000 Menschen dieser Abstammung oder Herkunft waren wurden hingegen lediglich 1500 Menschen interniert. Und das, obwohl einer der Angreifer von Pearl Harbor, Shigenori Nishikaichi, auf einer Nebeninsel notlanden musste und dort mit Unterstützung von drei dort lebenden japanischen Amerikanern Geiseln nahm.
der Pazifikküste lebten in

Was mich an dieser Geschichte fasziniert, ist die Bereitschaft sie zu bewerten, sich ablehnend über die Amerikaner oder Japaner zu äußern - je nachdem, wann man in der Geschichte die Menschen dazu befragte.
Dabei fehlt aber ein winziger aber extrem erstaunlicher und wie ich finde beeindruckender Teil.
Der Titel dieses Teils der Geschichte lautet 442nd Regimental Combat Team.


Das Bild zeigt einen Teil der Einheit noch auf Hawaii. Diese militärische Truppe bestand fast ausschließlich aus Amerikanern japanischer Abstammung. Viele wenn nicht die meisten von ihnen hatten Familien in den Internierungslager, und doch hatten sie sich freiwillig gemeldet. Nicht nur gemeldet.
Nach dem Angriff am 7.12.1941 hatte man einen Monat später alle Angehörigen der militärischen Einheiten und Reservetruppen entlassen. In der Folge dieser Aktion und während die Internierung anlief, baten diese ehemaligen Soldaten und viele Zivilisten den "military governor of Hawaii" um die Chance ihre Loyaliät durch Kriegseinsatz beweisen zu dürfen. Das wurde ihnen zugestanden, sie wurden ausgebildet und nach Europa geschickt, wo sie extrem tapfer kämpften - und starben. Keine andere Einheite hat mehr Auszeichnung pro Kopf zu verzeichnen, aber ihre Liste von Gefallenen und Verwundeten liest sich ebenso drastisch.
Es ist eine richtige Heldengeschichte. Vor allem auch, weil sie kein Happy End hat. Viele der Männer starben, während ihre Familien gegängelt, deportiert, eingesperrt und misstrauisch beäugt wurden. Die Übrigen wurden mindestens seelisch, oft genug aber auch körperlich verletzt und lebenslang gezeichnet.
Viele Jahre später wurden die Inhaftierungen als Unrecht anerkannt, den Familien eine finanzielle Wiedergutmachung versprochen. Das machte das Unrecht und Leid nicht ungeschehen, aber es war ein notwendiger Schritt. Das Land und die Menschen ringen noch immer mit dieser Geschichte, ein wenig Bitterkeit ist spürbar - aber längst nicht der Groll, der Hass oder die Gewaltbereitschaft, die nach Expertenmeinung unserer Zeit erwartbar sei, wenn jemand falsch behandelt wird.
Im Gegenteil, die noch lebenden Soldaten des 442nd und ihre Familien sind stolz auf das was sie geleistet haben. Sie sind stolz darauf ihre Treue und Loylität in einer Art und Weise demonstriert zu haben, die alle Rassisten, alle Kritiker und alle Vorurteilbehafteten beschämt hat.

Stolz Amerikaner zu sein, selbst im Angesicht von Unrecht
Wer immer uns heute erzählen will, dass wir allein oder vor allem Schuld seien am Terror unserer Tage, an IS und Al Quaida, an Schlägern in unserer Mitte, an frustrierten Flüchtlingen und solchen die behaupten es zu sein, an "durch Alltagsrassismus radikalisierten" Migranten der zweiten und dritten und vierten Generation, der hat aus der Geschichte nichts gelernt. Denn diese Behauptungen zeigen die Ignoranz aus den Lektionen der japanischen, chinesischen und mexikanischen Amerikanern. Sie wissen offensichtlich nichts von jüdischen Deutschen in den Reihen deutscher
Truppen im 1. Weltkrieg. Sie haben keine Ahnung von der attischen Sklavenpolizei, von Söhnen und Enkeln ehemaliger Sklaven im römischen Senat. Sie demonstrieren Unwissenheit über die Verhältnisse unserer Vergangenheit, von der Antike bis zur jüngsten Geschichte. Es wäre Zeit, "Experten" von Historikern auf ihr faktisches Wissen abklopfen zu lassen. Denn was fehlt, wenn Menschen mit einem "Einwanderungshintergrund" sich radikalisieren ist nicht die Willkommensgesellschaft - sondern Loyalität und der Wille, Teil der Gesellschaft zu werden.


Vor allem aber wäre es aber auch Zeit, Helden zu ehren. Damit wenigstens die Bevölkerung lernt, dass sie belogen wird über eine angeblich logische und unausweichliche "Reaktion".



Randinformation: Georg Takei, vielen bekannt als Sulu der Science Fiction Serie "Star Trek" war als Kind in einem dieser Internierungslager untergebracht. Eine Erfahrung die ihn stark geprägt hat. Mittlerweile wurde sogar ein Musical dazu erarbeitet und ist auf Tour.

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