Dienstag, 31. Mai 2016

Von Gorillas und Dompteuren

In den USA kletterte ein kleiner, vierjähriger Junge in das Gehege der Gorillas. Ein Silberrücken, in der Lage selbst ausgewachsene Menschen wie Zweige zu zerbrechen, sieht ihn, schnappt ihn und zerrt ihn zehn Minuten hinter sich her, wirft ihn sogar in die Luft. Die Wärter müssen handeln - auch wenn manche das Verhalten als "Beschützen" interpretieren. Betäubung würde zu lange dauern und man kann nicht vorhersagen, wie der 17jährige Gorilla Harambe auf den Betäubungspfeil reagiert. Darum entscheiden sich die Wärter, dass Tier, welches sie jahrelang gehegt und gepflegt haben, mit dem sie Umgang wie mit Haustieren oder, wie der Pfleger der das Männchen großzog sagte, wie mit einem Familienmitglied hatten, zu erschießen.
Harambe vor dem Jungen
Sie retten damit wahrscheinlich den Jungen, der mit ein paar Kratzern und blauen Flecken davon kommt.
Gegen die Eltern wird ein "shitstorm" losgetreten. Die Forderung nach einer Anzeige gegen die vierfache Mutter reichen von "Mord" bis zur Vernachlässigung. Morddrohungen erreichen die Familie.
Die Mutter selbst äußert sich über Facebook und spricht von einem "Unfall", und das solche Dinge eben "passierten".

Die Reaktionen sind gemischt. Aber selbst die erleichtersten dürften der Mutter wie dem Zoo gegenüber kritisch stehen. Da wurde nicht aufgepasst. Die Mutter hatte ihr Kind nicht im Blick, das sich so einfach in ein Gehege zwängen konnte und der Zoo hat hier eine Lücke offen gelassen, die es nicht geben sollte.

Es gibt nicht eine Stimme, die der Mutter zujubelt und auch der Trost, den die Familie zugesprochen bekommt hält sich in engen Grenzen. Eher bleibt auf die Reaktion der Justiz zu warten.

Wie anders verhält es sich in Sachen Mittelmeer und Flüchtlingen. Jüngst rollen wieder die Bilder, welche uns mit Menschen, vorwiegend jungen Männern, vollgepackte Seelenverkäufer zeigen. Oder ertrunkene Kinder und Babies. Vor allem die letztgenannten brechen mir das Herz. Kleine, unschuldige Wesen, die gerade erst die Welt entdecken sind tot.
Und sie sind nicht tot wegen uns. Nicht die Europäer haben diese Kinder auf hohe See gebracht, in einem viel zu kleinen, nicht mehr seetauglichen Boot bei unpassendem Wetter und ohne ausreichende Versorgung. Nicht unsere Küstenwacht und Marine hat den Menschen Geld abgenommen, damit sie diese Todesfallen betreten.
Verantwortlich sind nicht wir, weil unsere Vorfahren aus dem waldreichen und ressourcenarmen Europa mehr machten als eine Sammlung von Stammesgebieten. Selbst der Kolonialismus kann nicht dafür verantwortlich gemacht werden, ist er doch seit vielen Jahrzehnten Geschichte und Vergangenheit und die Hilfen, welche die ehemaligen Kolonien mittlerweile erhielten übersteigen die Gewinne durch Ausbeutung und Raub um ein vielfaches.

Verantwortlich sind die Eltern, welche sich entscheiden auf der Suche nach einem besseren Leben ein solches Risiko einzugehen - mit kleinen Kindern und Schwangeren oder allein, die Familie auf sich gestellt zurücklassend.
Dieses Kind hatte "Glück" und wurde gerettet. Dank sei Gott.
Verantwortlich sind die Schlepper, die mit riesigen Gewinnen und völlig ohne jegliche Skrupel Fahrten in die Seenot anbieten und durchführen.
Verantwortlich sind die vielen europäischen Menschen, die glauben, durch Willkommenskultur, Fluchthilfe, Teddybären und die Vertuschung von Fakten "das einzig Richtige" zu tun.

Natürlich gibt es Leute, die auf der "Flucht" sind. Die vor Krieg in ihrer Heimat oder vor Verfolgung aufgrund von Religion, Ethnie oder Ansichten sind. Das gab es schon immer. Und bis auf die Palästinenser gab es dafür stets Lösungen. Und die waren i.d.R. lokaler Natur - nicht globaler.

Ein Problem löst man nicht durch Ausweichen und Verschieben.

Von jenen, die dort über das Meer kommen, das bestätigen unzählige Auswertungen der Asylverfahren aus Italien, Frankreich, Belgien, Holland, Schweden und Deutschland, sind die Wenigsten wirklich auf der Flucht. Die Mehrheit will lediglich migrieren. Dafür gefährden sie ihr Leben - und das ihrer Kinder. Und das lässt mein gebrochenes Herz über den Bildern vor Wut schneller schlagen.
Und wenn ich dann eine Predigt höre, in der ein ignoranter aber selbstgerechter Bischof über einem von Schleppern eingesetzten und von ihm für viel, viel Geld gekauften und transportieren Boot stehend erklärt, "selbst Jesus wäre in diesem Boot gewesen", hätte also Schlepper bezahlt und mit angesehen, wie Eltern ihre Kinder in einer Nussschale aufs offene Meer fahren lassen, dann frage ich mich, welche Dompteure diesem Zirkus solche völlig unlogischen Kunststücke beigebracht haben.


Wo sind die Zeiten hin, als ein Michael Jackson, der sein kleines Kind für ein paar Jubelrufe mehr aus dem Hotelfenster hielt, wegen Kindesgefährdung angezeigt wurde?
Kommt wieder zu Verstand Leute. Helfen: JA! Aber mit Verstand und nicht mit dem Herzen allein.

Ein Rettungsboot kann leben retten - außer man versucht ALLE damit zu retten. Dann wird niemand überleben...



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