Donnerstag, 5. Mai 2016

Erdogan - der Führer der Türkei

Heute wurde publik gemacht, dass der Ministerpräsident der Türkei nach einem Machtkampf und einer gestrigen Aussprache mit Erdogan sein Amt als Vorsitzender der islamischen AK-Partei räumen wird. Laut Medienberichten bedeutet dies, er muss auch als Ministerpräsident zurücktreten, da seine Partei die Besetzung dieses Amtes nur dem Vorsitzenden der Partei gestattet.
So weit, so deutlich genug, was Erdogan angeht. Allerdingsn neigt ja bsppw. auch unsere Kanzlerin dazu, Konkurrenten in der eigenen Partei ins Abseits zu drängen.
Aber es kommt noch dicker. Warum haben sich Davutoglu und Erdogan zerstritten?
Die AKP will die Verfassung der Türkei ändern um dem Präsidenten, also Erdogan, mehr Machtbefugnisse einzuräumen.
Wer jetzt Sorge trägt, dass die Demokratie und Freiheit in der Türkei bedroht ist - der kommt zu spät.
Schon die letzte Wahl wurde von Beobachtern nicht mehr als frei und unbefangen bewertet, der Wahlkampf war von Schließung, Besetzung und Übernahme verschiedener Medien und Sender gezeichnet. Seitdem hat sich dies drastisch verschärft.
Schon 2014 hatte ein Gesetz der Regierung, also Erdogan, stärkeren Zugriff auf die Justiz, namentlich Richter und Staatsanwälte eingeräumt. In der Folge sind mehrere Festnahmen und Verurteilung von unliebsamen Journalisten und Militärs erfolgt während bspw. der Prozess gegen die Mörder des Missionars Geske und zweier türkischer Konvertiten zu platzen droht (oder besser, schlicht nicht weitergeführt wird). 
Parlamentssitzungen laufen mittlerweile fast wie Kämpfe ab. Bei Abstimmungen verhindern AKPler auch mal gerne, dass die politischen Gegner überhaupt zur Abstimmung antreten können, indem sie den Saal blockieren.
Was gerade passiert ist nichts anderes als 1934. Die Zentralisierung der Macht auf eine Person, Personenkult, Messias-Komplex. Was Erdogan dann daraus macht, ob die bestehende Diskriminierung Andersgläubiger, von Juden und Kurden weiter wächst, ob er weiterhin kriegerisch auftreten wird und sogar vor Invasionen nicht zurückschreckt, das wird die Zukunft zeigen.
Jeder Verweis auf "er wurde aber gewählt" und "so schlimm ist er nicht" zwingt mich auf die Haltung der Welt in den Jahren 34 bis 39 zu verweisen. Auch der deutsche "Führer" ist nicht sofort mit der Tür ins Haus gefallen, sondern hat sich gesteigert - und kam durch Wahlen und die Aktionen gewählter "Volksvertreter" an die doppelte Macht.

Nie wieder ist eine Phrase aus Deutschland, denn exakt so wie damals kann es bei uns nicht mehr passieren. Wenn aber extrem ähnliches im Ausland passiert, dann sollten all jene, welche die Phrase so sehr schätzen vielleicht hellhörig werden.

2 Kommentare:

  1. Natürlich wiederholt sich nicht Geschichte immer gleich. 1934 ist der Präsident verstorben, und der Ministerpräsident/Kanzler hat dieses Amt mit dem seinen vereint.

    In der Türkei ist der Fall noch etwas dicker. Der Präsident entmachtet seinen Ministerpräsidenten und wird vermutlich bald Parteivorsitz, Ministerpräsidentenposten und seinen Präsidentenposten vereinigen; oder eine Marionette zum MP bestellen. Letztere Möglichkeit besteht – allein, ich kann mir nicht vorstellen, welche Marionette Erdogan da einsetzen sollte.

    Nicht, weil der Ministerpräsident ihm gefährlich werden könnte; sondern eher, weil dieser zugleich Parteivorsitzender der AKP ist. Den Posten halte ich im aktuellen politischen Gefüge der Türkei für weitaus mächtiger.

    Und das bedeutet schon einiges, auf welchem Weg dieses Land ist.

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  2. Davutoglu war ja auch Vorsitzender - genützt hat es ihm nichts, die Partei hielt zu Erdogan.
    Einer seiner Schwiegersöhne ist derzeit Energieminister (wenn ich mich richtig erinnere) und AKP Mitglied. Ich glaube, ich lehne mich nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich sage, der Sultan hat hier jemanden in Stellung gebracht.

    Die Türkei droht gefährlich schnell zu einem üblen Mischmasch aus Osmanischem und Drittem Reich zu werden.

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