Freitag, 25. März 2016

Keine Öffentlichkeit dem Zentralrat der Muslime und Fr. Gisouf aus dem Bundestag

Es hat sich ja rumgesprochen. Auf die jüngsten Terroranschläge in Brüssel, dem neuesten Blutbad einer langen Serie in Europa, hat Aiman Mazyek, der Vorsitzende des Zentralrates der Muslime eine Pressemitteilung veröffentlicht. Diese scheint wohl identisch mit der gewesen zu sein, welche der Zentralrat im November nach den Anschlägen von Paris veröffentlichte. Und mit identisch ist gemeint: es wurde nicht einmal der Name des Ortes oder das Datum ausgetauscht.


Cemile Gisouf
Damit ist eine Signalwirkung verbunden. Ironischerweise hält diese Mitteilung in einem Interview mit Cemile Giousouf, derIntegrationsbeauftragten der CDU im Bundestag als Beispiel für den "Aufschrei der Muslime" her. Dieser Aufschrei ist jedoch nicht mehr als ein leises Gähnen der Langeweile, als Mazyek bzw. sein Pressesprecher die Erklärung einfach rüberkopierte und nicht einmal selbst las.
Die darin geäußerte Solidarität, die Trauer, das Mitgefühl werden völlig unglaubwürdig. Heuchelei - so wie es die AfD Vorsitzende den vielen Twitterbildmitfühlern vorwarf. Es geht Mayzek oder dem ZdM nicht um die Opfer, nicht um Frieden, nicht um Sicherheit, nicht um die allgemeine Gesellschaft und Europa. Es geht ihnen einzig und allein um den Islam. Ihren Islam. Das wird durch den Inhalt des zweiten von zwei Absätzen im Schreiben deutlich - auch ohne Wiederholung. Das Schlimme an der Sache, so der Inhalt, ist nicht der Terror, sind nicht die vielen Opfer, sind nicht die Verluste, die Traumata - es ist die "Vereinnahmung des Islam" und die "pseudo-religiösen Begründungen".

Das war auch andernorts so. Nach dem Anschlag auf Charlie Hebdo und den koscheren Supermarkt 2015 in Paris waren es der ZdM aber natürlich vor allem die örtlichen, pariser Verbände, die zur Solidarität mit Muslimen aufriefen - als seien sie und nicht Zeichner und Juden abgeschlachtet worden. Was war wurde irrelevant - was schlimmstenfalls sein könnte wenn man sich darauf konzentrierte was da passierte, das war relevant.
Das Schauspiel wiederholte sich. In Paris wie in Berlin positionierten sich junge Leute mit Schildern wie "ich bin Muslime, umarme mich gegen den Hass" - und die Leute taten dies - als würde es die Ermordeten wiederbeleben, die Verletzten heilen, die Trauernden trösten, den Islam reformieren, die zugrundeliegende Lehre ausradieren.
Was passierte waren umgehend weitere Anschläge und Versuche.

Aber zurück zum Thema. Sehr plump und doch unglaublich (im wahrsten Wortsinn) erfolgreich wird hier die Opferrolle eingenommen, die wirklichen Opfer an den Rand gedrängt und innerhalb eines Tages vergessen gemacht. Es sollte nicht verwundern, wenn dies weitere Ressentiments schafft, statt alte zu überwinden - allerdings nur bei jenen, die sich ansehen, was da passiert und nicht toleranzgeifernd drauflosakzeptieren.

Umso mehr, wenn Pressemeldungen als "Aufschrei" verkauft werden sollen.
Kurz aber noch folgender Vermerk: Frau Gisouf merkt kritisch an, dass die Stellungsnahmen der DITIB wie des ZdM nicht in den ÖR Nachrichten verlesen wurden. Nicht nur, dass dies absolut unüblich ist (auch Stellungnahmen der Kirchen werden idR nicht verlesen, besprochen oder gar erwähnt...), es wäre im Falle des besagten Kopierens wohl auch ein Schuss ins eigene Bein gewesen.
Lieber sollte sie dankbar sein, dass dieser Fehler nicht aufgegriffen wurde - warum auch immer.
Denn Skandale dieser Art, auch wenn es nur ein kleiner ist, SIND Nachrichten.
Gebetsmühlenartige Erklärungen hingegen...

Ein wenig selbstkritisch sollte die junge Frau vielleicht mit "ihrer" Gemeinde umgehen.
Warum kommen diese Reaktionen in der Öffentlichkeit nicht an?
Ich glaube, dass die muslimischen Gemeinden insgesamt noch keine so professionelle Medienarbeit leisten. Auf der anderen Seite ziehen Journalisten eher Experten heran und befragen sie zu den Motiven – auch weil sie nicht wissen, wer eigentlich für die Muslime spricht. Da gibt es auf beiden Seiten noch Luft nach oben.
 Medienarbeit leisten die Verbände ausgesprochen gute. Wie viele Skandale, vom "Schweinefleisch macht schwul" bis zum aktuellen, haben sich muslimische Gemeinden geleistet? Darunter jede Menge radikaler Ereignisse, wie die Scharia-Polizei, Angriffe auf Polizisten oder die Behauptung, ein Architekt hätte Kreuze in den Beton "gefärbt". Und absolut nichts davon bleibt hängen. Das ist erstklassige Öffentlichkeitsarbeit - wenn auch hinter den Türen.
Was die Menschen diese "Schreie" nicht wahrnehmen lässt, ist: es sind keine und wenn sie es wären, wären sie unglaubwürdig.
Nochmal: bei der Berliner "Mahnwache" des Zentralrates hätten Muslime "mit den Füßen demonstrieren" können, wie ernst ihnen die Ablehnung der Gewalt und die Solidarität mit Opfern und Gesellschaft ist. Es kamen aber kaum welche. Aus der Schweigeminute wird eine 10sekündige Redepause. Und der Zentralrat sagte danach nicht: immerhin haben wir versucht ein Zeichen zu setzen - sondern: war eure Idee, also zahlt ihr die Zeche.
Und bei manchem wird das Verhalten vieler Muslime, vor allem von Kindern und Jugendlichen vom letzten Jahr noch in Erinnerung haften. Da wurden die Schweigeminuten für die Opfer in Frankreich an unzähligen Schulen gestört, Lehrer beschimpft, die Täter bejubelt. Und selbst muslimische Polizisten und Soldaten machten da mit.
Und wer könnte die Zehntausenden vergessen, die im Sommer 2014 in den meisten deutschen Großstädten gegen Israel protestieren? Nicht nur zeigten hier fast ausschließlich Muslime wirklich "Solidarität" (mit Hamas und Co.), leider auch Antisemitismus und Vorurteile. Teilweise mittels Polizelautsprechern. Was an Reaktion darauf folgte ist verglichen mit dem, was die AfD oder andere mittlerweile jeden Tag zu spüren bekommen ein Witz. Die Verbände jedenfalls regten keinen Finger um darauf zu reagieren.
Wenn die taz dann ausführlich beschreibt, dass ja immerhin 10.000 Menschen in Berlin zur Mahnwache gekommen seien und man ja nicht wissen könne, wer von ihnen Muslim gewesen sei, dann erwähnt sie dabei nicht die sonst mögliche Mobilität der Muslime, wenn es um Proteste oder Wahlkampf geht.
Frau Gisouf geht sogar so weit zu behaupten, dass Muslime sowas gar nicht kennen würden.

In Deutschland gibt es fast keine Nazi-Demo ohne Gegen-Demo. Bei salafistischen Kundgebungen erlebt man das nicht. Warum ist das so? 
Ich glaube, da gibt es - leider noch - unterschiedliche Traditionen. Auf der einen Seite äußern sich die Muslime gegen Extremismus, aber dass man sich selbstbewusst auf die Straße stellt, ist selten.
Selten und keine Tradition sind für Frau Gisouf die Ausreden. Ich vermute, sie glaubt es. Erdogan-Wahlkampf (der immer auch mit dem Islam argumentiert) bewegt in Deutschland zehntausende - und wären die Hallen größer vermutlich noch mehr. Pro wie Contra.
Wann immer es in der Levante knallt - die Strassen füllen sich.
Als vor acht Jahren der Marokkaner Salih L. zusammen mit Freunden zwei junge, deutsche Männer (mit Migrationshintergrund) berauben will, sticht einer in Notwehr tödlich zu. Der Fall ist von Anfang an klar, die Beweise, die Zeugenaussagen usw. sind wasserdicht.
Tagelang, über Wochen, gehen trotzdem nordafrikanische, palästinensische und türkische Jugendliche
auf die Kalker Strassen und demonstrieren lautstark und unter den sorgenvollen Blicken der Polizei. Sie wollen den "Mörder".

Keine Tradition? Kein Bewusstsein? Keinen Mut zur Demonstration der eigenen Ansichten, der eigenen Haltung?
Und ob. Diese ist nur nicht mit dem identisch, was die viel veröffentlichten Stimmen gerne hätten. Frau Gisouf täte gut daran, keine Entschuldigungen zu suchen. So macht sie nämlich auch den eigentlich unterschreibbaren Teil ihres Interviews unglaubwürdig.

Wenn sich Extremisten auf das Religionsbuch berufen, um Terrorakte zu begehen, dann können es sich die Muslime nicht so leicht machen und sagen, das habe nichts mit ihrer Religion zu tun. (...) Dazu muss man aber auch zugeben: Ja, es hat auch etwas mit dem Islam zu tun.
Allerdings hatte sie dies durch den Kontext ohnehin schon getan.
Die Radikalisierung bis hin zur Vorbereitung so eines Massakers geschieht doch nicht in den Gemeinden, sondern in den dschihadistischen Netzwerken, die Jugendliche über soziale Medien anwerben. Dann werden sie radikalisiert und mit Aufträgen ins Kriegsgebiet oder zu Anschlägen geschickt
(...)
Letztlich wird ihr Buch missbraucht, um Menschen zu töten und Terror zu verbreiten. Man muss ganz selbstbewusst sagen: Die Botschaft des Islam ist eine andere, aber hier werden Botschaften aus dem Kontext gerissen, um Menschen zu radikalisieren.
(....)
 Die Opfer des weltweiten Terrorismus sind ja meist Muslime. An die täglichen Anschlagsmeldungen aus dem Irak, Afghanistan oder Somalia haben wir uns ja fast gewöhnt. Ich weiß nicht, ob es unter den Flüchtlingen Menschen gibt, die so etwas planen. Es wäre auch illusorisch, zu glauben, das seien alles nur Leute, die Gutes wollten. Aber: Die, die Anschläge in Europa verübt haben, waren alle hier sozialisiert. Ebenso, wie die rund 700 Extremisten, die nach Syrien gegangen sind. Viele sind sogar deutschstämmig.


Nicht nur, dass diese Aussagen sich selbst widersprechen und die wirren Gedanken eines noch nicht mal ausgereiften oder fähigen Geistes zu sein scheinen, der wilde Phrasen mischt und wiederholt.
Es ist auch viel Unsinn dabei.
So findet die Radikalisierung sehr wohl auch in den Gemeinden statt. Wer glaubt, dass die muslimischen Gemeinden nicht über die Tendenzen anderer Gemeinden bescheid wissen und sehr wohl mitbekommen, wenn eines ihrer Mitglieder auch dorthin geht oder sich ganz abwendet, dazu aber schweigen, auch den Behörden gegenüber, der hat wirklich noch in irgendeinem Gemeindewesen hingehört.

Wenn sie zum einen sagt, man muss zugeben, dass dies sehr wohl etwas mit dem Islam zu tun hat, um dann zu wiederholen, dass der Islam missbraucht wird und gar keine solchen Tendenzen habe - dann müsste ihr selbst auffallen, dass sich dies widerspricht.

Das Thema "meist Muslime als Opfer" hatte ich erst kürzlich ausführlicher besprochen. Dieser Unsinn ist kein Zeichen von Anerkennung, Respekt und Integration sondern von umgekehrtem Rassismus. Das passt auch zu dem Hinweis, dass mancher Dschihadist "deutschstämmig" ist - allerdings zum Islam konvertierte, was sie über der Abstammungslehre die sonst tabu ist, glatt vergisst.
Auch die Tatsache, dass wir bereits wissen, dass einige der Attentäter als Flüchtlinge getarnt waren und sie dies glatt  leugnet bewertet die Rede wie die Frau.
Es wäre daher angebracht, sie würde erst noch ein wenig lernen, lesen und reifen. Vielleicht kann sie sich dann für eine Richtung entscheiden. Aber bitte nicht im Bundestag.


Und weil es sonst keinen mehr zu kümmern scheint, hier ein Hinweis auf die Opfer des Anschlages. Die Liste stammt von dieser Seite und wird bis dato regelmäßig aktualisiert. Es handelt sich lediglich um die bekannten Namen. Die Zahl der unidentifizierten Toten und Verletzten ist bis zur Stunde groß.


Bislang identifizierte Tote:
Fabienne Vansteenkiste
Adelma Tapia Ruiz
Leopold Hecht
Olivier Delespesse

 Requiescat in pace.

Vermisste Personen
David Dixon
Andre Adam
Sascha Pinczowski
Alexander Pinczowski
Stephanie Shults
Justin Shults
Loubna Lafquiri
Sabrina Fazal
Johanna Atlegrim
Aline Bastin
Berit Viktorsson
Fabienne Vansteenkiste
Patricia Rizzo
Raghavendra Ganeshan
Bart Migom
Janina Pansewicz
Berit Viktorsson
Liesbet Samyn
Jenny Garcia Scintu Waetzmann
Frank Deng
Yves Cibuabua

Verletzte und bis zur Stunde um ihr Leben kämpfende:
 Christopher Delcambe
Karen Northshield
Sebastian Bellin
Danielle Adam
Mason Wells
Richard Norby
Joseph Empey
Fanny Clain
Nidhi Chaphekar
David Crunelle
Lennie Wagemans
Katleen Brusselmans


Bislang konnte ich nicht herausfinden, wer die tote Mutter bzw. ihr kleines Kind auf ihrem Körper ist. Falls jemand diese Information findet, bitte mir mitteilen.
Meine Gedanken und Gebete sind mit den Toten, Verletzten, Ringenden und ihren Angehörenden. Ich bete auch, dass sich meine Wut endlich legen möge.


Randnotiz: Obama, der Präsident der in Folge der Massenmörder in den USA mit Wuttränen in den Augen am Pult stärkere Waffenkontrolle forderte, ließ sich von den Anschlagsmeldungen nicht stören und genoß einen Tanzabend, bei dem er selbst u.a. als Tangotänzer in Erscheinung trat.
Mitgefühl ist heute extrem selektiv. Und das meine ich auch als Selbstkritik.

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