Montag, 14. März 2016

BILD-Flüchtlingskampagne, Nathalie Wörner und die Flüchtlinge im Libanon

Die Bildzeitung hat eine Kampagne gestartet, "Hört uns an", bei der sie 100 Prominente zeigt und teilweise zu Wort kommen lässt, die sich für Flüchtlinge, oder was sie dafür halten einsetzen und die Politik der Kanzlerin ganz oder in Teilen unterstützen.
So weit, so unspektakulär propagandistisch. Das Wort scheint übertrieben, aber letztlich ist es genau das. Hier wird Politik gemacht und so getan, als sei jeder Kritiker und Gegner identisch mit Radikalen - ein Verhalten welches bei anderen Themen Anzeigen wegen Volksverhetzung mit sich brächte.

Unter den Promis ist auch Nathalie Wörner. Die Schauspielerin sagt:
Ich war gerade mit der Kindernothilfe im Libanon, wo Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen werden. Dieses Land mit seinen sechs Millionen Einwohnern hat bisher etwa zwei Millionen Flüchtlinge aufgenommen. Keiner ist mit einem Brandsatz empfangen oder beschimpft worden. Mich packt die kalte Wut, wenn ich mir vorstelle, dass das in Deutschland anders ist.
Natürlich ist das die Wohlhabendenform von "ich engagiere mich, und darum weiß ich, wie der Hase läuft. Auch wenn ich selbst nur ausgewählte Orte und Personen zu Gesicht bekomme und jede Situation extra abgesichert wird."
Wie lange man benötigt, bis man auch nur eine Stadt, also den Aufbau, die Sehenswürdigkeiten, die Gepflogenheiten kennen zu lernen, ist von Ort zu Ort unterschiedlich, aber ein paar Tage oder zwei Wochen reichen nirgendwo auf der Welt aus.
Will man dann noch pauschale Aussagen über die Menschen dort treffen, was ja bekanntlich ohnehin nicht so einfach ist,  dann benötigt man noch weitere Zeit, viele Treffen und schließlich einen Einlaß hinter die Barrikaden, die eine Gesellschaft, Gruppe oder einzelne Person nunmal Fremden gegenüber aufbaut. Es ist reichlich arrogant zu behaupten, weil man ein paar Tage in einem Land verbracht hat, wüßte man, wie dort die Herzen schlagen.

Der Libanon, den sie hier so wunderbar freundlich, friedlich und willkommend zeichnet, ist also der Kontrast zu Deutschland. Ist das so?
Schon 2014 wurde aus dem Libanon genau das berichtet, was Frau Wörner behauptet dort nicht gebe: Brandstiftung. Die meisten der Flüchtlinge im Libanon leben in menschenunwürdigen Verhältnissen in Zeltstädten und Notunterkünften, denn dort ist man noch weit mehr überfordert als bei uns.
Und so kam es, dass bereits 2014 eine Zeltstadt der syrischen Flüchtlinge (anders als bei uns auch wirklich alles syrische Flüchtlinge) angegriffen wurde. Dort wurde nicht ein Schuss abgegeben und ein Brandsatz geworfen, bevor die Polizei anrückte. Automatische Waffen gaben Salven ab und dutzende Zelte wurden in Brand gesetzt, während die Flüchtlinge (ja, diese Menschen SIND Flüchtlinge) um ihr Leben rannten.
Das ist kein Einzelfall.
Auch kam es zu "Drive by shootings", es wurde also aus vorbeifahrenden Autos auf die Syrer geschossen.
Eine libanesische Analysten gehen davon aus, dass es sich um Racheakte für ermordete Libanesen handelte, die zumeist von den radikalen syrischen Milizen gefangen und ermordet wurden.
Auch die Ressentiments sind im Libanon da - nur viel platter und viel altbekannter. "Sie nehmen uns unsere Arbeit". Und natürlich ist da auch was dran.


Und im Libanon wie hierzulande geben die Bewohner die gleichen Antworten: es waren Radikale, Kriminelle, Problemmacher. Nicht wir. Auch wenn wir es nicht so toll finden, was da vor sich geht.

Anders als bei uns wird im Libanon aber eines deutlich gesehen, gespürt und gefürchtet: es handelt sich um einen Nachbarn Syriens mit direkter Grenze. Die Menschen, die zu ihnen fliehen, tun genau das: fliehen. Sie suchen kein besseres Leben oder ein bequemes Sozialsystem - sie wollen leben.
Und an der Grenze gab es immer wieder Kämpfe.
Diese Flüchtlinge sprechen aber oft eine den Bewohnern bekannte Sprache, ihre Kultur ist ebenfalls vertraut und eng verwandt. Bildungsniveau, Essgewohnheiten, Schriftsprache oder kurz: nahezu die gesamte Kultur hat einen besseren Ausgangspunkt zur Gemeinsamkeit.
Wenn Frau Wörner also Mist erzählt, dann vergleicht sie erstmal Birnen mit Äpfeln und dann faustdicke Lügen.
Jedenfalls sollte sie die Wut ebenso über jene Libanesen und sich selbst überkommen. Gemein ist allen drei - das Individuum verschwindet hinter einem Kollektiv, welches sie selbst definieren.

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