Die Journalisten in der DDR und dem 3. Reich hatten es in einer Hinsicht wirklich gut: sie konnten hinterher auf die Regime verweisen und sagen, dass sie nicht anders konnten. Gleichschaltung, Verdrehungen, Verheimlichung - alles auf Befehl.
Dieses "Glück" haben unsere Journalisten nicht mehr. Sie könnten auf die Pressefreiheit pochen (schönen Gruß nach Washington an Herrn Erdogan), auf die Meinungsfreiheit, auf die Notwendigkeit der gepflegten Kontroverse. Statt dessen produzieren sie immer haarsträubenderen Müll und mittlerweile beginnt die Falschaussage - aus den gleichen Motiven, wie dereinst die Schreiberlinge vom "Stürmer" u.a. Zeitschriften noch zu Weimarer Zeiten von Kindsopfern und ähnlichem erfundenem Untun fabulierten.
Andre Tauber hat in seinem WELT Artikel "Molenbeek fürchtet rechte Übergriffe auf Muslime" dabei neue Untiefen erreicht, die direkt neben seinen seichten Formulierungen gefährlich für jeden Nichtsahnenden sind.
Nach den Anschlägen von Brüssel wächst die Angst in der muslimischen Bevölkerung, nun Opfer von Gewalt und Islamophobie zu werden. Rechtsextreme wollen in Molenbeek einen symbolischen Krieg führen.Die Rechtsextremen, um die es geht, nennen sich "Identitäre Bewegung", die "Génération Identitaire". Die Demo sollte unter dem Motto "Islamisten ausweisen" stehen und der Forderung Ausdruck verleihen, radikale Muslime auszuweisen.
Der WELT Artikel beschäftigt sich mit den "Rechtsradikalen", ihrem Sprachgebrauch, der durch das Wort "zurückerobern" vom Kriegswillen zeuge und von denjenigen, die am Tag des Opfergedenkens mit fremdenfeindlichen, islamfeindlichen Parolen und Gesten für Schlagzeilen gesorgt hatten.
Nebenbei: ohne das Video oder die Ankündigung um die es geht zu präsentieren, ohne eine Übersetzung oder Abschrift anzubieten, setzt Tauber vorraus, dass der Leser weiß, worum es geht. Das wäre vielleicht hilfreich gewesen.
Ich habe lediglich die Reaktion auf das Verbot gefunden. Am Ende verlinkt.
Verschiedene deutsche Medien berichten, die Bürgermeisterin habe darauf verwiesen, dass sich Muslime von den Slogans provoziert fühlen könnten. Ich so meine Schwierigkeiten, das Interview auf welches sich das Zitat beziehen soll zu finden.
Das Verbot wurde zu einem generellen Versammlungsverbot für die Hauptstadt für das jetzige Wochenende dem sich alle Bürgermeister, der Innenminister u.a. anschlossen.
Es wird sich vor allem an "den Rechten" gestoßen. Sie könnten "provozieren" und es könnte "zu kämpfen" kommen, wenn sie in dem vorwiegend islamischen Stadtteil ihre Parolen darböten.
Wortreich legt Herr Tauber die Gefahr dar. So berichtet ein muslimischer Stadtrat:
"Ich habe einen Anruf von einem Freund erhalten, dessen Nichte vor den Augen ihrer zwei Kinder von vier Faschisten in Willebroek verprügelt wurde", sagt er. "Es sind schwere Stunden, die Muslime in diesem Land sind in Gefahr."Sternstunde des Journalismus. Ein muslimischer Interessensvertreter berichtet von einem Freund gehört zu haben, dass dessen Nicht ihm berichtet habe von "Faschisten" verprügelt worden zu sein.
Es ist mittlerweile üblich, dass Journalisten nicht mehr recherchierte Fakten oder direkte Aussagen eines Interviewpartners veröffentlichen, sondern Hörensagen in gewünschter Form und am besten in der "er sagte, dass sie sagte" Form - so kann man noch darauf verweisen, dass dies ja nicht der eigenen Feder entstamme. Nebenbei: doch. Der Journalist, der sich entscheidet Informationen aus dritter Hand als eben solche zu verkaufen, der benutzt dafür seine Feder.
Es gibt ein reges und öffentliches muslimisches Leben in Brüssel. In Molenbeek, aber auch in anderen Stadtteilen tragen viele Frauen Kopftücher, und Männer gehen in traditionellen Gewändern zum Gebet in die Moscheen. Dass die Muslime als Bedrohung wahrgenommen werden, ist nicht neu.Woher das kommt, vergißt der Journalisten zu fragen oder gar zu schreiben. Brüssel, darauf verweisen fast ausnahmslos ALLE Politiker und Journalisten, hat mit seinem Stadteil Molenbeek eine der "Brutstätten" des islamistischen Terrorismus. Sowohl der Attentäter vom Brüsseler Jüdischen Museum (längst vergessen wie es scheint), als auch der verhinderte Thalys-Massenmörder lebten hier. Genauso wie mehrere der Täter aus Paris (1 und 2) sowie ein Teil der Waffen (wie mehrere Razzien allein in den letzten Monaten nachweisen konnten).
Unter den Tisch fällt auch die Festnahme des Pariser Attentäters Abdelslam, der nicht nur dort scheinbar einen Bezugspunkt hatte, sondern sich dort viele Wochen verstecken konnte - weil er von den Bewohnern gedeckt und versteckt wurde. Als die Polizei ihn festnahm kam es zur vom deutschen Journalisten so sehnlich herbeiphantasierten "Strassenschlacht" als Anwohner sich spontant versammelten und gegen die Festnahme aufbegehrten sowie mit Steinen nach der Polizei warfen.
Kurz gesagt, es sollte begrüßenswert sein, wenn eine in sich geschlossene Gesellschaft, die für ein extrem problematisches Umfeld bekannt ist, nun JEDE Form von Aufmerksamkeit bekommt, um daran etwas zu ändern.
Wenn Feministinnen in einem Stadteil, bekannt für seine Sexindustrie, sagen wir mal, die Reeperbahn, eine solche Demo abhalten oder in Kirchen auf den Altar springen, dann ist weder die Politik da noch die Medienwelt, um das Verhalten zu kritisieren oder gar zu unterbinden. Selbst wenn diese Feministinnen anfangen, Gewalt auszuüben wie Sachbeschädigung, körperliche Angriffe von der Torte über die Ohrfeige bis zu tritten und Farbanschlägen und Rufschädigung durch falsche Unterstellungen - selbst dann gibt es nichts Vergleichbares (in Relation). Im Gegenteil.
Hier darf provoziert und eskaliert werden.
Es gab in Belgien, England und Frankreich eine Reihe von Demos von Muslimen, die radikaler kaum sein könnten. Von Sprüchen wie "tot für XY" bis hin zu "Drillübungen" mit Anscheinswaffen in öffentlichen Parks war schon alles dabei. Auch hier, die Reaktion vermisst ähnliches.
Während es immer heisst, es sollte Meinungsfreiheit gelten und jeder sollte alles sagen können, so sind die Befindlichkeiten bestimmter Gruppen Sache geradezu heiliger Verehrung, während andere "vor den Bus geworfen" werden dürfen.
Statt die Auseinandersetzung mit und innerhalb der Muslime in Molenbeek zu födern und zu suchen, damit dieser Ort, von dem hunderte von Islamisten kommen endlich aufhören kann, potentielle und reale Terroristen zu produzieren.
Statt dessen wird weiter behauptet, was nichts in einer Recherche verloren hat - zumindest nicht in dieser Form.So erzählt ein muslimischer Regisseur:
Einmal, da war er im traditionellen Gewand, der Abaya, auf dem Weg in die Moschee, da wurde er von einem Auto angefahren. Am rechten Arm wurde er verletzt. Der Fahrer flüchtete. Allouchi zieht sich seither den Umhang erst nach der Ankunft in der Moschee an.Täglich werden Menschen angefahren. Gerade in Orten wie Molenbeek, wo schon ziemlich rechtsfreie Lebensgewohnheiten Einzug hielten. Weder konnte der Angefahrene irgendeinen Beweis erbringen, dass dies absichtlich geschah noch hat er auf den Täter verweisen können - der ist ja, aufgrund Flucht, unbekannt. Lediglich seine Interpretation des Geschehens wird hier als Beweis angeführt.
Wer sich die Bilder aus Molenbeek - und davon gibt es dieser Tage reichlich, ansieht, der stellt fest, dass "traditionelle Kleidung islamischer Art" Alltag ist. Von vollverschleierten Frauen bis hin zu Häckelkäppchen und lange Tunika tragenden Männern - sie sind so häufig auf den Strassen zu sehen, dass ein solcher Täter schon reichlich zu tun hätte... oder ein Unfallfahrer Probleme hätte eben NICHT jemanden in so einer Bekleidung zu treffen.
Das der Autor und vermutlich auch viele Leser die sich widersprechende Logik in den folgenden Sätzen nicht bemerken lässt mich weiter am Geisteszustand Europas zweifeln.
Da lamentiert der gewählte stellvertretende Bürgermeister, ein Mann namens Mohammed über gestiegene Fremdenfeindlichkeit in Folge weiterer, wiederholter Terrorangriffe - lässt nebenbei die wochenlange Sperrung der Stadt, die Terrorrazzien und die Fluchthilfe wie die pro-islamistischen Kundgebungen aus, und fordert, man müsse mit aller Macht gegen diese Folge des Besagten vorgehen.Die Stadt ist alarmiert. "Die Situation für uns ist besonders schmerzhaft und besorgniserregend", sagt Mohammed Ouriaghli, stellvertretender Bürgermeister von Brüssel, der "Welt". "Unser Land war Opfer von zwei Angriffen, die viele Todesopfer und Verletzte forderte."Die Terroranschläge hätten allerdings auch "andere Schäden" verursacht, warnt der Sozialdemokrat Ouriaghli. "Es muss ein Anstieg der Fremdenfeindlichkeit und Islamophobie befürchtet werden, und wir müssen alles tun, um das zu verhindern."
Was er damit meint ist nicht die systematische Vorgehensweise gegen Islamismus, Terrorsympathie usw. sondern die Aufhebung der Verfassungs- und Menschenrechte für diejenigen, die er als Fremdenfeinde, als Islamfeinde, generall als "die Problematischen" identifiziert. Nicht das, was passiert ist und weiterhin passiert, sondern das, was daraus erwachsen KÖNNTE ist für ihn Thema.
Und DAS ist es, was weiter Ressentiments, Hass und Ablehnung wachsen lässt. Würden die Bürger sehen, dass ihre Politiker, ihre Staaten und die Muslime selbst alle Zeit und Energie in die Veränderung der Umstände stecken würden, dann wüchsen die Bewegungen nicht wie Unkraut. So aber merken die Menschen mehr und mehr, dass es längst eine Unterscheidung gibt, welche die realen Verhältnisse umkehrt und jene als Opfer darstellt, aus deren Mitte Mörder und Terroristen stammen.
Der "Journalist" schließt seine Propaganda, oder besser Verfehmung, mit ein paar "wissenden" Worten.
Zum letzten Satz, der, in Umkehrung zum Rest des Artikels eine lange Erklärung in ein paar wenige Worte zusammenfasst, hier die ganze Erklärung:Diesen Dialog werden die Rechtsextremen allerdings nicht suchen. Sie pflegen eine kompromisslose Sprache. "Das Viertel von Molenbeek in Brüssel ist ein veritabler Hort von Islamisten und die logistische Basis von mehreren Terroristen", schreibt Génération Identitaire.Und es sei der richtige Ort für den Kampf gegen Islamismus. Das Viertel sei "ein Symbol des Kriegs, der sich nicht in Palmyra oder Mossul abspielt, sondern innerhalb unserer Mauern", heißt es in einem Aufruf. Immerhin: Das Demonstrationsverbot möchten die Rechten respektieren.
Natürlich ist Molenbeek der richtige Ort um Extremismus zu bekämpfen - denn dort wächst und gedeiht er. Das sieht auch die Polizei so, und etwas zu "bekämpfen", das ist nicht "Nazisprech" oder "Kriegsrhetorik" oder "Aufruf zu Gewalt" sondern Umgangssprache. "Bekämpft den Klimawandel", "Nieder mit der ungleichen Bezahlung", "tragt den Widerstand gegen Fremdenfeindlichkeit auf die Strassen" - alles Dinge, die alltäglich gesagt und geschrieben werden, ohne dass ein Tauber sofort vom Krieg phantasiert.
Abschließend ein paar Links zu Molenbeek.
Dschihadisten in Molenbeek.
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