Montag, 8. April 2013

Femen 2

Momentan entwickeln sich einige Dinge schneller als ich lesen, denken und schreiben kann.
Vor einigen Tagen hatte ich aufgrund einer Aktion der Femen gegen einen Politiker mal meinem Unmut Luft machen müssen (wie vorher schon einige Blogger ebenfalls), da legen die Damen nach. Heute war es der russische Präsident der von einer barbusigen Demonstrantin der Femen attackiert und beleidigt wurde. Der Mann, für den ich keinerlei Sympathie übrig habe, nahm die Sache mit Humor und, wie die gesamte Welt, mit einer großen Portion Sexismus. Nackte Frauen, die kreischend auf eine Gruppe hochrangiger Politiker zueilen lösen nur beim Sicherheitspersonal
Schweißausbrüche aus. Auf den Fotos der ersten Momente sieht man breit grinsende Herren, eine erschreckte Kanzlerin und spurtende Personenschützer.Wäre es ein (halbnackter oder angezogener) Mann gewesen, hätte die Reaktion mit Sicherheit anders ausgesehen.

Zumindest aber geht es bei aller Infantilität der Aktion und Unflätigkeit der Worte hier um Politik. Naja, grob zumindest. Das zu den Durchsuchungen der NGOs (Nichtregierungsorganisationen) in Russland von der Kanzlerin Kritik und von der ARD eine Stellungsnahme Putins erfolgte hat m.E. deutlich mehr Aussicht auf Erfolg als die Konfrontation mit einer Halbnackten.
In diesem Artikel über die Hintergründe von Femen wird zwar behauptet, die Politik spiele schon keine große Rolle mehr in den Femen-Demos, aber auch wenn diese Aussage wiederlegt wurde, so bleiben die übrigen Fragwürdigkeiten.

Am Ende des letzten Femen-Artikels schrieb ich, dass ich diesen Frauen wenigstens Mut anerkennen könnte, wenn sie in Mekka ihre Methode anwenden würden. Nun haben sie den "International Topless Jihad Day, ich möchte sagen, aufgeführt. Dabei demonstrierten sie auch vor der Ahmadiya Moschee in Wilmersdorf. Das ist die älteste Moschee in Deutschland und gilt im allgemeinen als relativ liberal, wie auch die Ahmadiya-Gemeinde eher als Opfer von radikalen Sunniten und Schiiten bekannt sind, auch wenn selbst von ihnen mitunter inakzeptable Fehltritte zu vernehmen sind. Es ist daher wieder die Wahl derjenigen, von denen man weiß, dass sie sich nicht wehren werden, um sie zu bedrängen und konfrontieren. Es gibt genug Moscheen in Deutschland, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden und als radikal gelten. Eine solche hätte den Protest getrost verdient. Als in Bonn Mohammedkarrikaturen vor einer Moschee gezeigt wurden, attackierte ein Teil der Gegendemonstration die trennden Polizisten im Versuch, an die Demonstranten zu gelangen. Ein erheblicher Teil der deutschen Medien schob den Demonstranten eine Mitschuld durch Provokation in die Schuhe. Es wäre zumindest eine Erkenntnis gewesen, wie die Darstellung der bisher gehätschelten Femen ausgesehen hätte, wenn die Demo ordnungsgemäß und nicht nur bei den Reportern angekündigt und somit auf muslimische Gegenwehr gestoßen wäre.

Und noch eine Entwicklung. Im Leserkommentar wies mich Bundesbedenkräger, jetzt auf dem Blog
Die Nacht ist vorgedrungen  zu finden, auf eine Gegenaktion von muslimischen Frauen hin. Zum Teil finde ich die Aktion durchaus gerechtfertigt. Es gibt Muslima, die einen liberalen, aufgeschlossenen Islam erfahren. Die ihr Leben gestalten dürfen, wie sie es möchten, mit oder ohne Kopftuch, ganz wie es ihnen passt. Diese Frauen brauchen wirklich keine Demos. Und keine, auch nicht die Unterdrückten brauchen einen Protest von Frauen, die sich mit nackten Tatsachen Medienaufmerksamkeit erkaufen um angeblich für Frauenrechte zu streiten.
Auf der anderen Seite kommen Meldungen wie diese "Kritik an Scharia-Räten in Großbritannien" ständig und aus aller Welt. Einen Satz wie "Islam ist meine Befreiung" kann ich daher nur als sehr zynischen und verblendeten Einspruch empfinden.


2 Kommentare:

  1. Na, ich würd halt sagen, daß ich, wenn ich in meiner Religion Freiheit finde, anderen nicht absprechen kann, dies ebenfalls zu behaupten. Im Namen des Christentums wird auch aller möglicher Schindluder getrieben, der Außenstehende wohl auch ein Runzeln auf die Stirn zaubert, wenn da gleichzeitig von Freiheit im Glauben die Rede ist. Wie dem auch sei: Unterdrückung läßt sich nicht an Kleidungsstücken ablesen, und es bringt nix jemanden befreien zu wollen, der gar nicht (auf diese Weise) frei sein will. Das haben schon die Kommunisten nicht kapiert.

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    1. Für mich gibt es dabei aber ein wichtiges Element: den Frieden den ich gebe und gönne. Wer sich mit dem religiösen Hintergrund (Koran 4,33,59) Kopftuches bspw. in den Hadithen beschäftigt wird dahinter eine menschenverachtende Ideologie entdecken. Es geht um die Unterscheidung, welche Frau von Muslimen als achtbar erkannt und nicht belästigt noch vergewaltigt werden darf. Im Gegensatz zu jenen, bei denen dies erlaubt ist. Insofern finde ich es Widerspruch.
      Dazu kommt das angesprochene Thema, dass im Islam Gewalt gegen Frauen, ihre Halbwertigkeit vor Gericht etc. weit verbreitet, usus und in religiösen Texten legitimiert ist.
      Ich gebe dir in deinem letzten Satz recht, aber ein Grund diesen Gegenprotest vorbehaltlos zu begrüßen stellt das nicht dar.

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