In diesem Fall aber geht es um einen Journalisten, Autoren und Politiker ägyptischer Abstammung und islamischer Erziehung, der sich erst vor wenigen Jahren offen und damit unter Lebensgefahr taufen ließ. Das er in Italien dazu ein berühmter Mann ist und noch obendrauf vom Heiligen Vater Benedikt XVI. höchstpersönlich in der Osternacht getauft worden ist verschärft die Bedrohung für ihn, wie beispielhaft die Einstufung dieser Taufe als feindseeliger Akt gegen den Islam durch Yusuf al-Qaradawi zeigt. (Wem der Name nichts sagt: dieser gilt unter sunnitischen Muslimen als einer der führenden islamischen Gelehrten.)
Papst Johannes Paul II. küsst den Koran |
Papst Benedikt XVI. betet in der Blauen Moschee |
Man merkt dem Text vermutlich meine Haltung diesbezüglich an. Ich bin da ganz bei Sig. Allam. Auch ich finde diese, als Gesten des Miteinander und der Versöhnung gedacht Handlungen als ein paar Schritte zu weit. Das liegt nicht zuletzt daran, dass ich den Islam eben nicht als "vom gleichen Gott" inspiriert empfinde, ein Gebet an diesen für eben nicht ein Gebet an Gott sein kann. Das liegt auch daran, dass diese Gesten auch nach Jahrzehnten einseitig sind. Christen dürfen nicht nach Mekka, christliche Priester dürfen keine Predigten in Moscheen halten, wie es in einigen islamischen Ländern um die Christen bestellt ist kann jeder bei Open Doors oder Kirche in Not nachlesen. Es sind nicht Christen, die Heiligtümer der Muslime heute noch entweihen, zerstören, verbieten oder in eigene Gotteshäuser umwandeln, wie es gerade mit der Hagia Sophia von Nicäa und bald mit der von Istanbul geschieht.
Ich finde, ein Politik der ausgestreckten Hand von unseren Päpsten ist richtig und wichtig. Dabei aber bestimmte Grenzen nicht zu überschreiten und selbst Forderungen wie vollständige Anerkennung der Christen, Juden und Andersgläubigen zu stellen ist mindestens ebenso wichtig. Das ist eines der Dinge, die ich an der Kirche, der auch ich angehöre, zu kritisieren habe. Wer verteidigt unseren Glauben und unsere Brüder, wenn selbst die Päpste das Buch ehren, in dem zu Mord und Totschlag an uns aufgerufen wird.
Um wie viel mehr muss dies einen Menschen erschrecken, der vor genau dieser Gewalt, dieser Intoleranz unter Einsatz seiner eigenen Sicherheit und der seiner Familie flieht und zu der großen Alternative sich bekehrt. Welche Enttäuschung und welche Angst muss da vorherrschen. Wie muss es wirken, dass in der Kirche, deren Märtyrer, die für ihren Glauben gestorben sind, der Papst durch das Tragen von roten Schuhen gedenkt, mittlerweile sogar Taufen von Konvertiten heimlich geschehen, und dies nur von wenigen offen bekannt und publik gemacht wird.
Jetzt kommt, wie so oft, das ABER: entweder glaubt man, was man im Credo betet, oder eben nicht. Die Kirche hat in der Vergangenheit Fehler begangen, bis hin zu besagtem Mord und Totschlag. Dabei litten dann Christen und Nichtchristen. Dies wusste Allam sicher, als er eintrat, und wie alle wirklich Gläubigen sah er diese Fehler, sah die Reue der Kirche und der Katholiken dafür und nahm es hin. So sollte er auch mit Fehlern die jetzt gerade geschehen umgehen. Sie bereuen und versuchen, etwas daran zu ändern, indem er sich in den Gemeinden, durch Wort und Schrift äußert.
Außerdem ist es nicht ganz so einseitig, wie es auf den ersten Blick scheint. Zwar ist die katholische Kirche dabei, die bloße Hand ins Maul des Löwen zu stecken, aber das keineswegs blind. Erst im Dezember 2012 hat der gleiche Papst, der in der Blauen Moschee betete, die 800 Märtyrer von Otranto heilig gesprochen, oder besser, die Dokumente dazu unterzeichnete, während sein Nachfolger dies vollzog. Johannes Paul II. hielt 1982 in Santiago di Compostela, der Grabstätte des heiligen Jakobus, eine Rede, in der er an die Wurzeln Europas erinnerte. Jakobus wird auch als Heiliger der Reconquista verehrt und trägt u.a. den Beinamen "Maurentöter".
Papst Franziskus am Grab des hl. Pius V. |
Dies mag angesichts eines Kusses vielleicht nicht so einprägsam sein, aber auch dies sind klare Aussagen. Es liegt an der katholischen Gemeinde, wie es bewertet und was es besonderer Beachtung schenkt. Als Christen sind wir der Liebe und dem Frieden verpflichtet. Die Schwierigkeit, dies nicht nur zu vermitteln sondern mit einem aggressiven Gegenüber zu leben ist groß. Statt auszutreten sollte man sich lieber bemühen, Feindseeligkeit aufzuzeigen und den Opfern zu helfen. Und beten, dass die Vermittler einen Weg finden, die Feindseeligkeit zu beseitigen.
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