Mittwoch, 13. März 2013

Verbündete oder solche die es nicht sind

Es ist erst ein paar Tage her, da berichteten einige deutsche Zeitungen über Vorfälle und Zustände in der Türkei die deutsche Soldaten betrafen.
Kurze Auffrischung:
Im November 2012 bat oder forderte, je nachdem welcher Übersetzung man glauben mag, die Türkei ihre Verbündeten in der North Atlantic Treaty Organization, kurz Nato, ihr Unterstützung für den Fall eines Angriffes durch syrische Truppen zu senden. Dabei ging es in erster Linie um das Flugabwehrsystem Patriot. 

Exkurs: Das Patriot System.

An der Stelle kurz ein Ausflug, es wird während des Lesens deutlich, warum.
Warum braucht die Türkei das System?
Die Türkei hat während des fortlaufenden Bürgerkrieges in Syrien mehrer Granatenangriffe über die Grenze hinweg erlebt und führt diese als Angriffe durch die syrische Armee an. Zwar ist dies nicht offiziell bestätigt worden, anders als der Abschuss einer türkischen Militärmaschine im syrischen Luftraum, aber für die Türkei war dies Grund, die Nato an ihre Bündnispflicht zu erinnern.

Wer besitzt Patriot System.

Der MDR berichtete:
In der NATO verfügen neben den USA, Deutschland, die Niederlande, Griechenland, Spanien und die Türkei über Patriot-Raketen. Außerdem haben Ägypten, Israel, Jordanien, Kuwait, Saudi-Arabien, Japan, Südkorea und Taiwan Systeme.
Dem aufmerksamen Leser wird aufgefallen sein: die Türkei verfügt selbst über Patriot-Systeme. Diese sind zwar nicht verbessert worden, kampfwertgesteigert wie es im Fachjargon heisst, aber völlig sinnlos sind sie ebenfalls nicht, was die Raketenabwehr betrifft.
Die USA, Niederlande und Deutschland haben von ihren Systemen Teile in die Türkei verlegt.

Welchem Zweck dient das System?

Es handelt sich um eine Waffe zur Luftraumsicherung. Es soll ballistische Raketen, also Raketen mit größerer Reichweite die in einem hohen Bogen auf ihr Ziel geschossen werden, sowie Flugzeuge und Drohnen abfangen. Die Raketen selbst sind etwas über fünf Meter lang und ca. einen halben Meter breit.
Interessant ist zudem zu wissen, dass die Nato schon vor fast drei Jahren einen "Raketenschild" in der Türkei errichten wollte, ein starkes System zum Zwecke des Abfangens feindlicher Raketen und Flugzeuge. Damals allerdings verstand die Türkei das Bündnissystem keineswegs so konsequent wie heute und forderte Gegenleistungen für etwas, um das es heute bietet. Im verlinkten Artikel wird deutlich, dass der Gedanke Israel und den USA einen Schutz vor Raketen zu gewähren auf den Widerstand von Teilen der Bevölkerung stieß.

Macht der Einsatz Sinn?

In einem Artikel der Welt findet sich die Antwort bereits in der Überschrift. Sie lautet:
Die Raketen sind nicht in der Lage Geschosse von der Größe einer Granate abzufangen, immerhin ist auch bei Raketen und Drohnen ein Versagen möglich. Außerdem können die Raketen nur bestimmte potentielle Ziele wie Ballungsgebiete und militärisches Terrain beschützen. Um die gesamte Türkei abzudecken bräuchte es ein vielfaches an Systemen zu denen die nun verlegt wurden.

Fazit

Neben der Tatsache, dass die Bevölkerung den Bundeswehreinsatz ablehnt spricht also auch der mangelnde Sinn dagegen. Gegen die wenig wahrscheinlichen Angriffe sind die Verteidigungssysteme fast wirkungslos.
Die Türkei hatte vormals dabei Probleme mit der Bündnistreue, forderte sie nun aber ein.

Aber zurück zum Thema. Nachdem der Einsatz bewilligt wurde und die jeweiligen Länder ihre Unterstützung zusicherten wurde bekannt, dass der türkische Regierungschef Erdogan die Kontrolle über die Raketen haben wollte, die Türkei also den direkten Befehl erhielte. Nicht erstaunlich, dass dies von den Nato-Partnern abgelehnt wurde.
Als die ersten deutschen Soldaten dann in der Türkei ankamen und in der Stadt Iskanderun einkaufen gingen wurden sie von einer großen Gruppe türkischer Zivilisten attackiert.Erst in diesem Rahmen erfuhr man in einigen kleinen Medien, dass dies US Truppen bereits in der Vergangenheit wiederfuhr. Es sei eine Folge der Vorgehensweise amerikanischer Truppen im Irak, die Gefangenen vor dem Transport schwarze Säcke über den Kopf stülpten. Diese Massnahme sollte Gegenwehr ebenso wie eventuelle Befreiungsversuche durch Freigelassene erschweren, wurde in der islamischen Welt aber nur als schwere Demütigung verstanden. In der Türkei wurde daraufhin 2006 der Kinofilm "Tal der Wölfe: Irak" gedreht, seinerzeit der teuerste Film der in der Türkei bis dahin gedreht wurde. Als Handlung dient ein Rachfeldzug eines türkischen Helden, der US- Amerikaner umbringt. Grund der Rache: US-Truppen hatten mehrere Türken, darunter Soldaten in Zivil, im Irak aufgegriffen und für Terroristen gehalten, ihnen darum besagte Säcke aufgezogen. Der Film wurde zum Publikumshit, erst 2012 übertroffen von "Fetih 1453" der die Einnahme von Konstantinopel verherrlicht und in meinen Augen jetzt schon der schlimmste geschichtsklitternde Propagandafilm der letzten Jahrzehnte ist.

Nach diesem Vorfall folgte nicht etwa eine große Entschuldigung Seitens der Türkei. Das nächste, was man vernahm war vor wenigen Tagen die Meldung, dass eine deutsche Feldjägerin, die bei einem Ministerbesuch den Verkehr regelte, von einem türkischen General angegriffen worden sei, so dass ihr deutsche Kameraden zu Hilfe kommen mussten. Die Frau behielt dokumentierte Prellungen zurück, eine Person die u.a. eine Nahkampfausbildung für ihre Tätigkeit durchlaufen musste. Auch dass deutsche Beflaggung unerwünscht sei, die hygienischen Zustände unerträglich wären, Feldpost kontrolliert würde und Kontakt zwischen den Nationen nicht gerne gesehen sei kam zutage.
Natürlich folgte prompt ein Dementi der Türkei, bei dem auch gleich eine Entschuldigung der Bundeswehr für die Vorwürfe propagiert wurde. Egal, was deutsche Soldaten gesagt hätten, alles sei falsch. Und auch unsere Offiziellen bemühen sich, den Einblick zu negieren, indem sie alles klein reden und auf "kulturelle Unterschiede" verweisen. Einzig der Grüne-Politiker Omid Nouripour forderte klar und deutliche Aufklärung und stellte sich damit neben Königshausen (FDP), den Beauftragten der Bundeswehr, welcher den Fall ans Licht gebracht hatte. Die angebliche Schlichtung endete, und dies ist Grund und Einleitung der Schlussfolgerung, dann in der Meldung der Tagesschau vom 8.3.2013.
Unter der Überschrift
Türkei macht Afghanistan-Abzug komplizierter
wird kurz und knackig erklärt, die Türkei habe sich entschieden ihrem Verbündeten Deutschland nicht zu erlauben, schweres und bewaffnetes Gerät über ihre Häfen aus Afghanistan zurück nach Deutschland zu transportieren.

Für mich steht fest: jemand, der nicht erlaubt, dass ein Schutz für ihre Verbündeten im Land installiert wird aber den auf eigene Bitte gesandten Soldaten nur Respektlosigkeit und Antipathie entgegen bringt und schließlich die Zusammenarbeit großteils verweigert ist kein Verbündeter.
Also nicht wie nach Hause mit unseren Jungs und Mädels. Ihre Familien würden sich freuen.

Und dabei haben wir noch nichtmal über die türkische Besetzung Nordzyperns und dem Verlust der dortigen, zumeist christlichen, Kulturgüter oder die Drohungen gegen Griechenland und Zypern wegen deren Förderungsabsichten gesprochen...
Geschweige denn der Leugnung des Genozids an den Armeniern...

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