Der Superbowl ist für die deutschen Medienschaffenden und einen großen Teil unserer Bevölkerung ein steter Quell der Verwunderung und auch des Humors. Da steht ein ganzes Land einen Abend lang Kopf, nichts geht mehr, weil zwei Teams die Landesmeisterschaft in einem Spiel austragen, dass so von Pausen und Werbung durchdrungen ist, dass der Sport selbst nur noch Nebensache scheint. Oben drauf wird das Ereignis von einer Show eingerahmt, die das Wort Superlative zu klein erscheinen lässt. Wer singt die Nationalhymne, welche Superstars treten in der Pausenshow auf, welche Choreographie wird geboten und welche Marken machen die beste Werbung.
Das wir mit unserem Fußball zwar einen immerhin 45 Minuten dauernden Spielfluß aber sonst auch ein oft völlig befremdliches Brimborium betreiben und unsere Superstars ebenso bezahlt und vergöttert werden wie die NFL-Athleten - die aber nach einer relativ kurzen Karriere i.d.R. gesundheitlich völlig am Ende sind, wird dabei ausgeblendet. Ist ja auch nichts dagegen zu sagen, dass an jedem zweiten privaten Fahnenmast statt der Nationalfahne o.ä. die Farben des Lieblingsvereines wehen...
Umso erstaunlicher ist die Berichterstattung der Medienlandschaft zum diesjährigen Superbowl. Nicht, weil dieser der 50. ist und sein Jubiläum so richtig begehen lässt. Oder weil zwei Mannschaften antreten, die nicht gerade die typischen Vertreter des Endspieles und die bestfinanzierten der Liga sind. Sondern weil zwei konstante Elemente unserer Berichterstattung aufeinander fielen.
Zum einen besagtes, fremdartiges Event und zum anderen die Rassenunruhen. Während die Proteste über die mangelnden Nominierungen von schwarzen Schauspielern für die Oscars immer wieder auftauchen, ist das, was in der Halbzeitshow passierte erst jetzt, nachdem Offizielle in den USA Kritik äußerten auch bei einzelnen Journalisten in unserem Land einen genaueren Blick wert. Oder besser, einen nichtkritischen genaueren Blick.
Was passierte denn?
Nachdem zu Beginn der Veranstaltung Lady Gaga die Nationalhymne sang, sollte Coldplay den Hauptakt in der Pause geben. Eingeladen wurden allerdings auch Beyonce und Bruno Mars als "guest acts" - also als Nebendarsteller. Beyonce hatte wenige Tage zuvor ihren Song "Formation" veröffentlicht. Zu diesem lieferte sie ein Video voller politischer Aussagen, wenn man es freundlich ausdrücken will. So steht sie auf dem Dach eines im Wasser versinkenden Polizeiwagens in New Orleans während "stop shooting us" als an die Wand gesprühte Botschaft eingeblendet wird - eine Ansage die sich auf die Behauptung bezieht, US Polizisten würden per se ohne Grund auf schwarze Männer schießen. Der Text preist, was sie als "typisch schwarz" ansieht. Sie zeigt deutlich, dass sie mit der "Black Lives Matter" Bewegung zusammenarbeitet und einer Meinung ist. Diese Bewegung ist u.a. mitverantwortlich für Unruhen in Ferguson, Baltimore und vielen anderen Städten. Dutzende von Videos zeigen ihre Aktivisten, wie sie rassistische Beleidigungen gegen Polizeibeamte ausstoßen, öffentliche Einrichtungen, Strassen und Ämter besetzen. Eines ihrer Mitglieder eröffnete das Feuer auf einen Polizeibeamten, Joseph Cameron Ponder, während dieser versuchte für ihn und seine Familie, inklusive zweier Kinder, ein Hotelzimmer zu organisieren, nachdem er bei einer Routinekontrolle festgestellt hatte, dass sein Führerschein abgelaufen war. Nachdem er den jungen Beamten vor den Augen der Kinder ermordet hatte, floh er in einen nahegelegenen Wald, wo er Stunden später bei einem Schusswechsel mit der Polizei tödlich verletzt wurde.
Ein führendes Mitglied, Shaun King, entpuppte sich als Weißer, der lediglich aufgrund der Vorteile so tat, als sei er wenigstens zur Hälfte schwarz.
Zu verschiedenen Gelegenheiten veröffentlichten Aktivisten Videos, die bspw. "die Jagdsaisson auf Polizisten ist eröffnet" als Inhalt wählten. Lediglich Shaun King wurde bislang von der Organisation verstoßen.
Diese Organisation, die u.a. "hands up, dont shoot" als Slogan skandiert, der auch von Beyonce während der Halbzeitshow genutzt wurde, betrachtet auch zwei Jahre nach den Ereignissen von Ferguson, den Tod von Michael Brown als Mord - obwohl mittlerweile sowohl der Raub im Vorfeld, der Angriff auf den Beamten und die anschließende Szenerie ermittelt und analysiert wurden und zugunsten des Beamten sprechen.
Auch das einer seiner Bekannten, Tyrone Harris, nachweislich am ersten Jahrestag eine Waffe zog und auf Beamte schoß, was sich als fatale Handlung herausstellen sollte, ficht den Ruf der Bewegung nicht an - addierte aber einen Namen auf deren Liste der "Unschuldigen".
Kein Wort der Distanzierung auch zum zweifachen Polizistenmörder Ismaaiyl Abdullah Brinsley. Dieser sendete noch eine Nachricht, in der er rassistische Rache ankündigte, bevor er erst seine Freundin, die ihn aufzuhalten versuchte schwer verletzte und anschließend Wenjian Liu und Rafael Ramos während einer Pause in ihrem Fahrzeug erschoß. Der NY Bürgermeister, DeBlasio, der sogar noch während dieser Vorgänge seine Polizei des rassistischen Vorgehens beschuldigte, erfuhr eine Weile des Widerstandes von Seiten der Beamten, die ihm mangelnde Unterstützung oder sogar Förderung der gegen die Polizei gerichteten Gewalt vorwarfen.
Ich könnte jetzt noch eine Weile so weitermachen, aber um es kurz zu fassen, Beyonce hat schon vor dem Superbowl ihre Anti-Polizei, pro Black Lives Matter Haltung klar gemacht. In ihrem Video ist auch von "Diversität" nichts zu sehen. Schwarze Sänger, Statisten und Tänzer - davon allerdings jede Menge. Die einzigen Weißen sind in "anti riot" Ausrüstung gekleidete Beamte (dafür ist von diesen keiner schwarz - als wäre die Polizei rassistisch weiß). Vor diesen tanzt ein schwarzer Junge in einem schwarzen Hoodie. Die Szene wird erst aufgelöst, als er vor ihnen demonstrativ die Hände hebt und sie es ihm gleich tun - besagte "hands up, dont shoot" Referenz.
Schon im Video bilden die Tänzerinnen ein X als Bestandteil des Namen Malcolm X, eines führenden Mitgliedes der Nation of Islam, welche die Weißen und das Christentum für die Sklaverei allein verantwortlich machte und im Islam die Befreiung und Erlösung sah und ebenfalls Gewalt als legitimes Mittel betrachtete. So wurden christliche Namen beim Eintritt abgelegt und muslimische Gewählt. Kein Mitglied hatte je die berechtigte Kritik von Historikern akzeptiert, dass es immerhin mehr Sklaven in islamischen Staaten gab und die Vorfahren der Afro-Amerikaner durch muslimische Sklavenjäger in blutigen Überfällen eingefangen und zur Küste transport worden waren.
In der Show aber setzte Beyonce noch einen drauf. Sie trat mit einer großen Formation an ausschließlich schwarzen Backgroundtänzerinnen auf. Sie wie auch ihre Tänzerinnen waren alle in Kostüme gekleidet, die an die Uniformen der Black Panthers, einer radikalen und gewalttätigen Organisation, die sich zuerst einen Namen machte, als sie bewaffnet hinter Polizeiwagen herfuhr, um "die Wächter zu bewachen" ("policing the police").
Über dieses Vorgehen wurde die Situation landesweit immer gereizter, bis ein Black Panther Mitglied einen Beamten bei einer Verkehrskontrolle tötete und einen weiteren Verletzte.
Kurz darauf inszenierte ein Chapter, also eine Ortsgruppe, einen Hinterhalt mit dem Ziel eines Schusswechsels mit der Polizei. Bei diesem wurden zwei Beamte verletzt, ein Black Panther Mitglied getötet und ein weiteres verletzt.
Ab hier ging es Schlag auf Schlag. Immer wieder gab es Schusswechsel oder Verhaftungen, etwa wegen Vergewaltigung. Dazu brachen bewaffnete Kämpfe zwischen Ortsgruppen aus, mitunter auch mit der nationalen Organisation.
Zwar gingen auch FBI und manche Polizei nicht zimperlich vor, es kam sogar zu einer offensichtlichen Ermordung, aber die Organisation bestand weiterhin.
Aus den ehemals hohen Zielen, etwa dem Kampf gegen Drogen und Hunger, wurde nach und nach zunehmende Machtgier und Korruption. Verwicklung in Drogengeschäfte und gewaltsamer Einfluß auf lokale Wahlen kosteten sie mehr und mehr Unterstützung, bis sie in den frühen 80ern regelrecht "ausstarb".
Diese Gruppe und diesen Menschen galt also Beyonces Gruß und an ihre "Arbeit" erinnerte sie u.a. mit dem für die Organisation typischen Gruß.
Nach "Nipplegate" wurde die Liveübertragung des Superbowls um einige Sekunden verzögert, so dass die Sender eingreifen können, wenn etwas unvorhergesehenes passiert. Der blanke Rassismus und die Anti-Polizei Haltung von Beyonce gehörte offenbar nicht dazu.
Die meisten unserer Reporter waren nicht in der Lage, die gezeigten Elemente, die Aktivistin Beyonce und den Text des Songs in Einklang zu bringen und festzustellen, was da vorging, und mutmaßten eher eine Referenz an Michael Jackson - und konnten damit nicht weiter entfernt liegen. Oder sie feierten die "gute Stimmung" usw.
Man stelle sich mal vor, in Zimbabwe würde eine Burenband (ja ich weiß, die gehören eher zu Südafrika, aber so ist leichter zu verstehen was ich meine) auftreten, ausschließlich mit weißen Künstlern und Tänzern usw. und würden darüber singen, wie brutal die Enteignung und Verhaftungswelle an Weißen wäre und dabei den Gruß der "White Power" Bewegung zeigen und die Uniform der britischen Kolonialtruppen tragen. Obwohl hier mehr Substanz in den Anschuldigungen liegen würde, die gewählten Symbole würden einen Aufschrei verursachen - auch in Europa, dass sich einen feuchten Dreck um die Vorgänge in Zimbabwe kümmert.
Und hier, bei einem der prominentesten und meistgesehenen Ereignisse wird dies umgekehrt praktiziert - und nichts kommt an. Im Gegenteil, jegliche Klage wird sofort ins "rechte Lager" verbannt.
Wenn es in den USA zu Rassenunruhen kommen sollte, dann ist es solche Ignoranz und wiedermal übertriebene Toleranz, die daran maßgeblich Anteil hat und den wir auch in unserem Land immer wieder vorfinden.
Ein erschossener schwarzer Junge ist Schlagzeile - auch wenn er hinter der Bezeichnung "unbewaffnet" eine Spielzeugwaffe trug, welche als solche nicht zu identifizieren war.
Eine schwarze Aktivistin, die "black power" Zeichen geben darf und einer mörderischen Vereinigung huldigt, während sie die Polizei in einen großen Beschuldigungstopf wirft - das ist cool...
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