Sonntag, 14. Februar 2016

Von Israels "Apartheid" und Frankreichs "Muslimfeindlichkeit"

Manchmal, momentan sehr selten, streunere ich durch die Weiten des Internets und schnupper einfach in ein paar Blogs rein. Diesmal stieß ich auf einen Blog, der mir unter der Überschrift "Empathiestress und gesundes Mitgefühl" nicht etwa darüber berichtete, was dauerndes Hineinversetzen in andere Leute für ein Stress sei und wie Mitgefühl die eigene Gesundheit nicht belastet, sondern, dass in Frankreich Muslime plötzlich Opfer von Übergriffen würden und die "Atommacht Israel" immer weiter in die Rechte Ecke ziehe.
Als Belege dafür wird ein Link auf einen Telepolis-Artikel und eine Überschrift in der Zeitung Haaretz, welche von wikipedia zwar als liberal gepriesen wird, in ihrer Stammbesetzung jedoch eher zur links-liberalen Einordnung gehört, auch wenn immer wieder konservative Stimmen zu Wort kommen dürfen.
Besagte Überschrift wurde allerdings auch unter "Meinung" veröffentlicht und nicht unter "Meldung". Der Artikel, so viel darf der nichtregistrierte Besucher noch lesen, behauptet, Juden wären die weißen Bürger, während Araber die "schwarze Teilbürgerschaft" besäßen. Somit wäre das in Israel herrschende System absolut vergleichbar mit der Rassentrennung des früheren Südafrika.

Solch einen Blödsinn kann man in Deutschland natürlich frei verzapfen, ist er doch garantiert frei vom Verdacht "rechts" zu sein (zumindest solange man einen "Rechtsruck" in Israel beklagt). Er ist aber auch frei von Fakten - und vom Bezug zur Überschrift, welche dann lediglich die Werbung für einen Redner buddhistischen Glaubens einleiten sollte.
Fangen wir mal mit Frankreich an. Frankreich wird seit Jahren durch Anschläge und Anschlagsversuche von Islamisten gebeutelt. Darüber schrieb ich an anderer Stelle ausführlich, falls sich jemand über die Situation in Frankreich informieren will: hier eine kurze Liste der gelungenen Anschläge in Europa in den letzten Jahren und hier speziell auf Frankreich bezogen.
Die Reaktion auf den letzten Anschlag im November, bei dem hunderte zu Opfern wurden und nur die Unfähigkeit der meisten Terroristen noch mehr Opfer verhinderte, war dann die Verhängung des Ausnahmezustandes. Für das ganze Land ist dies seitdem eine Belastung. Militär und schwer bewaffnete Polizei überall, diese dürfen permanente Überstunden schieben und müssen eine Razzia nach der nächsten durchführen, immer in der Sorge, auf vorbereitete Terroristen zu treffen.
Das ist keine Überreaktion. Nach den Anschlägen auf Charlie Hebdo und einen jüdischen Supermarkt hatte die französische Gesellschaft und Regierung sehr... übervorsichtig reagiert und neben den "je suis Charlie" (nur wenige erinnerten sich der anderen Opfer und hielten Schilder mit "je suis Juif" - also "ich bin Jude" -hoch) Demonstrationen gegen Gewalt und für Toleranz abgehalten. Bei dieser war die Sicherheitslage angeblich gut - aber so gut, dass sich die Staatschefs zu mehr als einem gestellten Photo in einer Nebengasse unter extremen Sicherheitsaufgebot hatten hinreißen lassen dann doch nicht.
Für Menschen ohne historische Kenntnis war das schlimm genug - wer sich mit französischer Geschichte beschäftigt hat weiß: das ist erbärmlich. Der spätere Staatschef Charles De Gaulle nahm am 26.8.1944 an einer Parade zur Feier der Befreiung Paris teil - und ging danach durch die "befreite" aber keineswegs sichere Stadt. Zu Fuß, ohne große Sicherheitsmaßnahmen, auf nicht abgesprochenen Routen und mitten unter der Bevölkerung. Natürlich auch für die Photographen - aber unter eigenem Risiko.
De Gaulle bei der Parade
De Gaulle mitten unter der Bevölkerung

Prompt geschah, was geschehen musste. Diverse Male wurde das Feuer eröffnet. Kurze Gefechte zwischen Mitgliedern der Resistance, des französischen Militärs und den Angreifern entwickelten sich, fast alle ohne Verluste aber mit dem ein oder anderen Verletzten. Zwei der Heckenschützen, die sogar im Dankgottesdienst Mordversuche unternehmen, werden gefasst und auf der Stelle von der wütenden Bevölkerung gelyncht. Bis heute bleiben die Hintergründe daher ungelöst. Hier noch der Link zu einem Bild einer solchen Kampfszene, unmittelbar, nachdem De Gaulle dort vorbeischaute.

Wie dem auch sei, es fanden 2015 in Paris und andernorts in Frankreich dann Solidaritätsdemonstrationen statt. Nicht für die Juden, die mittlerweile in stetig steigenden Zahlen Frankreich gen Israel verlassen. Auch nicht gegen den Verehrungskult, der sich für Attentäter wie Mohammed Merah offen etablierte (das Video im Link ist auf englisch, die Seite ist auf Holländisch, die Eingabeaufforderung ist die Cookie-Erklärung, die neuerdings notwendig ist) und dem nur durch massiven Polizeieinsatz zu begegnen war und ist. Nein, es wurde sich mit den Muslimen solidarisiert. Auch hier in Deutschland fand ein durch öffentliche Gelder und die Politikprominenz besuchtes, ziemlich gehyptes und doch wenig erfolgreiches Spektakel statt. Eine Mahnwache, organisiert durch den Zentral der Muslime und bezahlt durch die Parteien und die Stadt wurde angesetzt. Die Besucherzahl war lächerlich niedrig und die Mehrheit von ihnen waren keine Muslime.

Es wurde sich also weit mehr Sorgen um die Gruppe gemacht, aus der die Täter kamen, als um jene, die ermordet wurden. Nachdem aber dann, nach einer langen Reihe weiterer Anschläge und Opfer, im November die Lage eskalierte und Täter wie Planer auf der Flucht waren, musste der Staat etwas ändern. Das tat er. Erfolgreich. Seitdem sind hunderte von Waffen, Munitionssammlungen und Sprengmittel und eine bislang nicht exakt publizierte Zahl an Terrorverdächtigen in Razzien und Kontrollen, u.a. in Moscheen, aufgetaucht und von der Polizei eingesackt worden. Nicht nur die Teilnehmer am eigentlichen Anschlag, die sich noch blutig zur Wehr setzten, sondern bspw. auch einen Muslim, der mit zwei Handfeuerwaffen versuchte in den Eurodisney-Park zu gelangen. Natürlich wurde hinterher Entwarnung gegeben - er trage die Waffen nicht wegen eines Anschlages sondern zum Selbstschutz mit sich. Eine Behauptung die offensichtlich der Beruhigung gilt.
In Lyon wurde vor wenigen Tagen eine Gruppe von sechs schwer bewaffneten Islamisten ausgehoben, die kurz vor der Ausführung eines Anschlages standen.
Selbst bekannte, gemäßigte Imame stimmen der Schließung von 160 Moscheen zu, die "hate speech", Aufrufe zu Gewalt und Terror und mitunter auch besagte Bewaffnung auf dem Kerbholz haben. Dabei sind die 160 ein durchaus beachtlicher Teil von den 2500 Moscheen Frankreichs.

Was gerade in Frankreich passiert, ist keine gelebte Integration, ist kein Mittel ein glückliches Miteinander zu schaffen. Dem stimme ich zu. Aber es ist kein "Übergriff", keine "Diskriminierung" und das Integration und Miteinander nicht klappen, ist nicht die Folge dieser Maßnahmen - vielmehr ist es umgekehrt. Nach hunderten Toten und Verletzten, nach alltäglichem, islamischem Antijudaismus und Antisemitismus, nach Frauenfeindlichkeit, Ghettoisierung, Paralleljustiz und Scharia-Ausrichtung, Terrorunterstützung und vielen weiteren Problemen kann man sagen, dass Integration und Miteinander wenn nicht tot sind, so doch schwer verletzt in der Ecke liegen. Soll das noch einmal etwas werden, so muss das Radikale massiv eingedämmt werden und darf nicht offen in den Strassen von Toulouse und Marseille herumlaufen. Dazu sind die Maßnahmen, die der sonst sehr islamaffine Präsident Frankreichs nicht nur veranlasst sondern sogar verlängert hat gedacht.
Wer sich aus Deutschland über "Übergriffe" und "Menschenrechtsverletzungen" an Muslimen aufregt, der übersieht seine eigene Positionen. Denn i.d.R. ist die Mehrheit der deutschen bspw. sehr zufrieden mit dem deutschen Waffengesetz. Dieses sieht unangemeldete Kontrollen von Schusswaffenbesitzern (also denen, die legal eine Schusswaffe erworben haben und deswegen registriert sind) vor. Als zu Silvester ein Justizvollzugsbeamter mit seiner privaten Schusswaffe in die Luft feuerte und eines dieser Projektile dann ein kleines Mädchen tödlich am Kopf verletzte, wurden die Besitzer entsprechender Waffen kontrolliert. Es war das erste Mal, dass ich dankbar für das Waffenregister war und es war eine sinnvolle und zielführende Maßnahme, die schließlich den Täter ans Licht brachte. Das die gesamte Gruppe dabei Maßnahmen zu erdulden hatte ist der Preis, den Schützen in Deutschland dafür aufbringen, etwas zu tun, dass sie sich ausgesucht haben.
Auch Alkoholkontrollen sind willkürliche Kontrollen, am Flughafen wird jeder Mensch der Tortur einer Kontrolle unterzogen, die sogar einen erheblichen zeitlichen Mehraufwand darstellt. Und warum? Ist jeder Flugreisende eine Gefahr? Wohl kaum - aber darunter gibt es eben solche, und diese können Menschenleben auslöschen.
Wer hier von Übergriffen spricht, weil Razzien, Kontrollen und verschärfte Bedingungen herrschen, die eben auch Nichtmuslime treffen, der ist einseitig befangen.

Gleiches gilt für Israels angebliche Rassentrennung. Ob im Parlament, auf Richterstühlen, in der Verwaltung oder den Sicherheitskräften - überall finden sich arabische Israelis. Erst dieser Tage gab es einen großen Empfang im Präsidentenpalast für neue arabische, muslimische Kadis - zwei davon arbeiten, und jetzt kommts, im islamischen Gerichtswesen. Ja, Israel hat dem Wunsch seiner muslimischen Bürger nachgegeben, und ein eigenes, religiöses Gerichtswesen für Muslime einrichten lassen. Nicht heute, nicht gestern, nicht letztes Jahr. Selbst nachforschen.
Was in unseren Nachrichten derzeit die Runde macht, ist eine Strafaktion gegen mehrere arabische Knessetabgeordnete, die maßgeblich von Netanjahu veranlasst wurde. Daraus wird dann in deutschen Medien und Blogs: "arabische Abgeordnete wegen Illoyalität rausgeworfen" (Zeit).
Fakt ist hingegen, dass betreffende drei Abgeordnete sich mit den Familien von erschossenen Attentätern getroffen hatten. Diese wurden beim Versuch Israelis zu erstechen von Polizei, Militär oder bewaffneten Zivilisten während oder unmittelbar nach der Tat erschossen. Es sind keine "möglichen" Taten - es sind dokumentierte Morde und Mordversuche an Israelis, welche den Tod der nicht zur Aufgabe bereiten Attentäter zur Folge hatten. Und deren Familien kondolierten die Abgeordneten. Angeblich versprachen sie sogar Unterstützung.
Das diese Abgeordneten also lediglich ein mehrmonatiges Hausverbot bekamen, und nicht selbst Ziel von Ermittlungen sollte hierzulande bewunderndes Nicken hervorrufen - sind wir doch nicht mal in der Lage Kinderschänder aus den Reihen unserer Abgeordneten zu bestrafen sondern zahlen ihnen sogar handfeste Rente. Ja, nichtmal aus der SPD wird Edathy geschmissen...aber sei es drum.

Wenn es eine Trennung gibt, dann von Seiten Europas und der Araber. Denn arabische Israelis, die sich Loyal gegenüber ihrem Staat verhalten haben ebensowenig einen leichten Stand, wie Palästinenser, die bspw. ein Grundstück an Juden verkaufen. Wer es nicht glaubt, soll sich die Gesetze und die erfolgten Hinrichtungen von "Kollaborateuren" in Gaza und Westjordanland heraussuchen.




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