Sonntag, 21. Februar 2016

Von Päpstlichen Wänden und deutschen Brücken

Der Heilige Vater hat mal wieder eines dieser Interviews gegeben, welches mich mit offenem Mund vor meinem Schreibtisch sitzen lässt. Donald Trump so sagte er, sei kein Christ (nach anderer Übersetzung, "es sei nicht christlich, wenn jemand nur Mauern baue und keine Brücken"), weil Christen keine Mauern sondern Brücken bauten. Damit wolle er aber nicht in die amerikanische Politik mischen / er sei froh kein politischer Mensch zu sein. Vor der Wahl.
Als Pontifex Maximus - sicher eine plausible Argumentation. Irgendwo.
Historisch-sachlich gesehen ist es unwahr und unsinnig. Es klingt halt schön, das mit Mauern und Brücken.
Nicht so sehr das mit "kein Christ sein." - falls er das so gesagt hat. Und so titeln erwartungsgemäß manche Zeitungen: "Papst exkommuniziert Trump." Nun ist Trump m.W. Presbyterianer und kein Katholik, somit dürfte selbst das ihn nicht kümmern. Aber das Oberhaupt unserer Kirche ging ja weiter. Der Heilige Vater, welcher mit seinem Satz auf Versöhnung und Miteinander hinauswollte, der vor kurzem das Oberhaupt des Iran mit freundlichen Worten und "offenem Herzen" empfing obwohl dieser Homosexuelle, Vergewaltigungsopfer, Konvertiten hinrichten lässt und in seinen Worten Trumps Tiraden wie ein Aufruf zum Gruppenkuscheln aussehen lässt (zurecht regt sich Henryk Broder hier darüber auf), eben dieser Papst spricht einem Menschen sein Christsein, mindestens sein christliches Handeln ab.

Er stellt voran, dass er keinen Einfluß nehmen will - aber als geistiges Oberhaupt auch der US Katholiken ist ihm bewusst, dass so eine Äußerung eine klare Ansage an eben diese potentiellen Wähler ist. Er nimmt Einfluß. Oder er versucht es zumindest, denn die meisten lateinamerikanischen US Bürger, welche ja die Mehrheit der Katholiken dort stellen, werden ihn ohnehin nicht wählen - aber vielleicht einige der "Iren" und "Franzosen" unter ihnen.

Vatikanisches Museum von außen. Quelle:viel-unterwegs.de
Aber was ist nun mit Brücken und Mauern? Mal abgesehen davon, dass Mauern im Laufe der Christentumsgeschichte sehr wohl gebaut wurden, existierten und mehr als einmal als sehr nützlich
empfunden wurden - Mauern haben Tore. Diese erfüllen die gleiche Funktion wie Brücken. So wie wir Flüsse umleiten und einfrieden, an seinen Seiten Flutschutzwälle (ein naher Verwandter der Mauer) errichten, so bauen wir Brücken um überzusetzen und andere zu uns zu lassen. So wie wir die Tore einer Mauer verschließen können und
Engelsburg - eigentlich ein Grab, lange befestigter Wohnsitz des Papstes
manchmal müssen, so können wir Brücken sperren oder einreißen, wenn es sein muss.
Ich halte nicht viel von Trump, seiner Rhetorik und seine geäußerten Überzeugungen kaufe ich ihm z.T. nicht ab. Aber für seine Rhetorik gegenüber Schutzversuchen gegen illegale Einwanderung ihm seine Christlichkeit abzusprechen...
Nebenbei: Clinton, Bush und Obama haben alle drei ihren Anteil an der Befestigung der Grenze und dem Ausbau der Überwachungsanlagen. Alles keine Christen über den Bau der Zäune?
In Israel ist das mit der Christlichkeit ja eine Minderheitenangelegenheit - aber eine Mauer wurde dort auch gebaut. Seitdem ist die Zahl der Anschläge (bis zur aktuellen Messerattackenwelle) dramatisch zurückgegangen und damit auch die Zahl der Todesopfer. Ist das eine schlechte Sache?
Und eine zweite Mauer spielt bis heute eine zentrale Rolle - eine der Mauern des Tempels, die berühmte Klagemauer.
Ohne Mauern wäre Konstantinopel früher, wäre Wien schon beim ersten Mal, wäre Europa in der Folge, und am Ende wäre der Vatikan gefallen. Gut möglich, dass es dann heute gar keinen Katholizismus mehr gäbe, oder dass unser heutiges Christentum in dieser Form gar nicht mehr existieren würde.

Vielleicht meinte er es anders als er es sagte. Allerdings habe ich den Satz im Zusammenhang mit dem Heiligen Vater schon so oft in so vielen Zusammenhängen gehört, dass er seinen Effekt verliert.
Vielleicht war die Übersetzung übertrieben.

Wenn es ihm um Brücken ginge, warum mauert er hier? Um Sun Tzu zu bemühen: eine öffentliche Kritik an einem Anführer wird nicht fruchten, aber unter vier Augen kann manches Wort das Herz berühren.

1 Kommentar:

  1. Ich hoffe, der Heilige Vater ist nicht zu sehr darüber verstört, wenn beim Jüngsten Gericht klar wird, dass auch das Heilige Jerusalem eine gewaltige Mauer hat, die von zwölf Toren durchstochen wird.

    AntwortenLöschen