Dienstag, 19. Januar 2016

"Du Hund" "Oh Danke"

Zufällig wurde ich gestern Ohrenzeuge einer Auseinandersetzung. Ohne jetzt näher auf die Hintergründe einzugehen, von denen mir ohnehin nur Teile bekannt sind, äußerte einer der beiden die als Beleidigung gemeinten Worte: "Du Hund".

Das ist etwas, dass ich nicht verstehen kann. "Hund" soll eine Beleidigung sein? Es gibt ja genug Menschen, die mit Hunden schlechte Erfahrungen gemacht haben. Ich kann deren Ängste und negativen Gefühle nachvollziehen. Es ist ja auch nicht so, dass noch nie jemand von einem Hund gebissen oder sogar getötet worden wäre.
Begegnet man aber Hunden mit Respekt und Zuneigung, so ist es wie bei Menschen. Die "normalen" werden einem ebenso Respekt und Zuneigung zurück geben. Und solche, die aus irgendeinem Grund verkorkst sind, werden, wie bei Menschen, durchaus gefährlich sein.
Überschreitet man bei den normalen Hunden, so endet das, wie bei den Menschen, eher schlecht.

Anders als bei Menschen geben Hunde aber auf Oberflächligkeit nicht viel. Pickel im Gesicht, Mundgeruch, unästethischer Anblick, schlechte Kleiderwahl, Krankheiten oder Behinderungen, all das ist Hunden egal. Wer dem Hund und seinem Besitzer ein Freund, der findet auch in ihm einen Freund.

Oder einen Beschützer, gerade für die Kleinsten der Familie.

Die Liebe und Treue, zu der sie fähig sind, ja, die bei ihnen verbreitet ist, muss man einmal erlebt haben. Wie sie sich freuen, kleine Bocksprünge vollführend, wenn man nach ein paar Minuten vor dem Haus oder Monaten im Einsatz wieder reinkommt.

 Ich könnte hier noch dutzende von Videos einstellen von Hunden die Leben retteten, die als Helfer ausgebildet wurden usw. Aber letztlich wollte ich eines klargestellt haben: selbst der letzte Strassenköter ist ein edles Wesen - man muss ihm nur die Chance geben. (und nein, ich behaupte nicht, dass psychisch ge- oder zerstörte Hunde keine Gefahr sind oder immer heilbar)

Meine Hunde sind fast wie Kinder für mich. Beide sind Hunde aus der Familie der Molosser, sie sind also recht groß und ziemlich kräftig. Wenn sie sich auf die Hinterbeine stellen, überragen sie die meisten unserer Bekannten und Freunde. Wenn sie sich wirklich ins Zeug legen kann auch ich sie nicht halten, denn sie bewegen dann zusammen Gewichte von 200 kg und mehr. Wenn die Schüchterne von beiden bellt, was sie selten (und dann nur einmal) tut, dann spürt man den tiefen Laut in der eigenen Brust.
Ich kann nicht sagen, wie oft sie schon Einbrecher von unserem Haus vertrieben haben, aber von drei Versuchen weiß ich. Wie aber selbst stämmige Kerle von Lieferanten respektvoll Abstand nehmen, wenn sie geklingelt haben, dass erleben wir häufiger.
Und doch sind sie für mich ebenfalls wie meine Kinder. Ich kann ihnen an der Körperhaltung ansehen, was in ihnen vorgeht. Nicht nur draußen, wenn sie etwas wittern oder sehen, sondern auch drinnen, wenn sie entspannt gerade mal ein Auge halb öffnen um zu sehen, ob sich da jemand zu ihnen setzt und sie grault. Oder meine kleine Tochter auf sie zugrabbelt um ihnen am Fell zu ziehen und auf ihnen rumzuklettern.

Kaum etwas gibt mir so ein friedliches, entspanntes Gefühl von "zu Hause", wie das wohlige Grummeln (es klingt fast wie bei einer Katze, nur tiefer und weniger rollend), wenn die Besagte von beiden unter meinem Schreibtisch ihren Kopf auf meinen Fuß legt und döst.
Umso schlimmer finde ich es, wenn Hunde leiden. Das ehrliche (ja auch Hunde können "nur so tun") Jaulen und Fiepsen ist für mich identisch mit schmerzerfüllten Schreien von kleinen Kindern.
Umso dankbarer bin ich für Menschen, die sich für das Wohl der Tiere einsetzen. Sei es hier in Deutschland aber gerade in Ecken der Welt, in der auch ein Menschenleben nicht viel zählt.

Animal Aid Unlimited ist bspw. so eine Organisation. Gegründet, aufgebaut und geleitet durch die US Familie Abrams-Myers, hilft sie allen möglichen Tieren in Indien. Mich beeindruckt vor allem die Hilfe für Hunde, die oft völlig verwahrlost, von zahllosen Krankenheiten geplagt, von Menschen gequält und durch die Lebensumstände gezeichnet am Strassenrand auf den erlösenden Tod warten.
Die kleinen Videos auf ihrem youtube Kanal haben ein Happy End - sonst wären sie unerträglich. Aber natürlich geht es nicht jedesmal gut aus.
Auf jeden Fall danke ich der Familie und ihren Mitarbeitern für das gute Werk, welches sie an den Tieren verrichten. Gott vergelts.
Eines der nicht ganz so hefitgen Videos mit einem schönen Ende.


Vielleicht konnte ich jemanden überzeugen, wenn er das nächste Mal ein "du Hund!" hört zu sagen: "oh danke, das ist nett".

5 Kommentare:

  1. Theodred, ich hätte ja nicht gedacht, dass du mir noch hättest sympathischer werden können, aber den Beitrag unterschreibe ich. Mir scheint, dass auch die kulturelle Bereicherung Mitteleuropas mit der Geringschätzung des Hundes einhergeht, der insbesondere im Mittleren Osten immer ein wenig erfreuliches Dasein fristete.

    Daß mir der Hund das Liebste sei,
    sagst du, o Mensch, sei Sünde?
    Der Hund blieb mir im Sturme treu,
    der Mensch nicht mal im Winde.
    (Franz von Assisi)

    In einem Katzenzeitalter - verschlagen, "unabhängig", individuell - haben es typische Hundemenschen mit ihren Vorstellungen von Treue, Zusammenhalt und Einsatz eben schwer.

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    1. Wobei es erstaunlich ist, wie viel wert mancher Türke oder Kurde auf seinen Kangal legt, um trotzdem die besagte Beleidigung als solche aufzugreifen.
      Aber es stimmt schon, dass diese Denkweise scheinbar stark im Orient vertreten ist.
      Ich wußte gar nicht, dass auch Du ein Hundefreund bist. Unsere beiden Schätze haben es bisher geschafft, mehrere Hundehasser oder -phobiker zu überzeugen, ein Paar hat sich tatsächlich ebenfalls einen Hund ausgesucht (wenn auch eine andere Rasse, aber suum cuique.

      Ich halte es eben mit Loriot (wenn auch frei):
      Ein Leben ohne Hunde ist möglich, aber sinnlos.

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  2. Ich habe ehrlich gesagt noch niemals Hunde so sehr leiden sehen wie im Orient. Gibt sogar eine Hadithe, die es verbietet, Hunde im Haus zu halten. Der Koran ist etwas zweideutiger, aber auch da sind die meisten Gelehrten der Meinung, der Hund gelte wegen seines Speichels als unrein.

    Klar, in Europa existierte auch ein ambivalentes Verhältnis, es war aber mit Sicherheit im Abendland weitaus freundlicher (angefangen mit dem Hund des Odysseus am Anfang der europäischen Literatur, der als einziger seinen Herrn erkennt).

    Ich besitze einen klassischen Mittelschnauzer in pfeffersalziger Farbe, der auf den Namen Enzo hört. Ein gar formidables Tier. Der Molosser hat allerdings als Althistoriker natürlich Klasse.

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    1. Ich kenne die Haltung zu schwarzen Hunden (die ein muslimisches Gebet zunichte machen) und ich habe von den Vergiftungen und Übergriffen in Spanien bis hin zum Verbotsversuch in Holland durch eine islamische Partei gelesen. Der hadith um Speichel ist mir bislang nicht untergekommen, aber danke für den Hinweis, da werde ich mich mal auf die Suche begeben.

      Ich rate im übrigen von Reisen nach Asien, insbesondere Südchina und Vietnam ab. Hundefreunde, die glaube, sie haben schon alle Grausamkeit gesehen werden dort eines besseren belehrt - wenn sie denn hinsehen.
      Leider steht das Frühlingsfest bereits wieder an.

      Unser Molosser vereinigen nicht nur den griechischen Bezug, sondern haben zudem einen schweizer Hintergrund.
      Aber abseits davon - es ist eine Traumrasse mit großem Herz und liebevollem Blick. Ich klinge wenig männlich, aber wenn ich sehe, wie sie sich um unser Kind bemühen, als wären es ihre Welpen, könnte ich heulen.
      Treue, Loyalität, Mitleid, Selbstlosigkeit und aufrichtige Liebe.
      Achja, ich klinge schon, wie ein Schnulzenliterat der Romantik.

      Schnauzer sind dem ja nicht allzu weit weg, vielleicht nur etwas agiler. Von daher auch eine sehr gute Wahl.

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  3. Auch so ein Grund, warum mir die Japaner mental und kulturell weitaus lieber sind. Nicht nur, weil es da ein Hund zum "Naturdenkmal Japans" geschafft hat und Hachiko der Argos Nippons ist. Da gab es zwar in der Vergangenheit auch eher unappetitliche Episoden - die Beschwörung eines Inugami gehört mit Sicherheit dazu - aber insgesamt ist das "Hundebild" sehr positiv belegt. Dass Hunde in prähistorischen Zeiten auch eine Nahrungsquelle waren, und sich das an verschiedenen Orten in verschiedener Art bis in verschiedene Zeiten gehalten hat, ist nun mal kein Geheimnis, aber ich erlege ja auch Pferdefreunden auf, meine Essgewohnheiten zu respektieren.

    Tja, bei mir läuft's ähnlich, auch wenn ich es weniger mit öffentlich ausgetragenen Emotionen habe. Dennoch stelle ich Frauen, die mir interessant erscheinen, relativ schnell die entscheidende Frage, ob sie eher Katzen oder Hunde mögen. Im Übrigen auch ein Manöver, das erst einmal Irritationen hervorruft, was einem nicht selten Zeit verschafft.
    Es ist bezeichnend, dass ich in meinem Bekanntenkreis exakt nur einen Katzenmenschen habe.

    Der Schnauzer wird oft seines Aussehens wegen unterschätzt. Jawohl, sehr agil, sehr intelligent, sehr misstrauisch/wachsam aber in der Familie treu ergeben und beschützend. Und mit einigem Temperament.

    Dass sich dessen Wurzeln bis in die Renaissance zurückverfolgen lassen, ist im Nachhinein betrachtet auch mal wieder vielsagend...

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