Montag, 11. Januar 2016

Das Gerät mit der Macht ein Leben zu beenden

Es ist jetzt schon ein paar Wochen her, da sprach ich mit einem Bekannten über unsere jeweiligen Sportarten. Also solche, die wir selbst ausüben. Zumeist erzählte er, da ich aufgrund meiner Erkrankung kaum noch etwas ausüben kann, was ich früher so gerne unternahm. Ihm fiel meine Zurückhaltung auf, was für ihn spricht. Also hakte er nach, was noch mehr für ihn spricht.
Sein Gesicht sprach Bände, als ich ihm sagte, ich sei Sportschütze und Familienvater, mehr Freizeit hat man da nicht (was ein wenig übertrieben war, denn immerhin finde ich noch Zeit einen Blog zu betreiben und mich mit Freunden zu treffen). Die nachfolgenden Fragen und Aussagen seinerseits höre ich immer wieder.
"So richtig, mit 'nem echten Gewehr? Ist das erlaubt? Und das macht Spaß? Was genau macht man da eigentlich? Braucht aber doch keiner. Ist kein Sport. Ich bin ja dagegen, dass Zivilisten Schusswaffen tragen."
Mein Hinweis, dass unter jeder Uniform auch ein Zivilist steckt und unsere Gesellschaft eigentlich sehr ablehnend dem Militär gegenübersteht konnte ihn nicht überzeugen.
Er fühlte sich vielmehr genötigt, einen nachzusetzen und mich davon zu überzeugen, wider die Vernunft zu handeln.
"Wie fühlt es sich denn an, ein Tötungsinstrumtent mit der Macht Leben zu nehmen zum Spielen zu benutzen."
Das Wort "spielen" tauchte dort nicht aus sportlichen Gründen auf, soviel war durch den restlichen Satz ja unmissverständlich klar.
Vielleicht hätte ich mit mehr Geduld und Einfühlungsvermögen reagieren können, um die Sache weiter zu diskutieren, aber aus der Erfahrung heraus waren wir an einer Stelle, an der es nicht mehr um Diskussion sondern nur noch um Statements ging.
"Hm, kann ich Dir im Moment nicht sagen. Aber Du weißt es, wenn Du Dein Auto nach Hause gefahren hast." lautete also meine ein wenig angenervte Antwort.
Und man muss es ihm anrechnen, er überlegte kurz. War da was dran? Gelerntes gewann die Oberhand.
"Ach komm, Äpfel und Birnen. Passieren ja auch soooo viele Amokläufe mit Autos."
Es kommt nicht oft vor, dass an dieser Stelle des typischen Gespräches noch jemand versucht zu argumentieren. Normalerweise geht es in Wirklichkeit nur noch darum, das eigene Gefühl auszudrücken, die eigene Haltung; zementiert und mit einer wasserabweisenden Plane zugedeckt, zu dokumentieren bzw. die des Gegenüber herabzuwürdigen.
Also kam ich auf Geisterfahrer zu sprechen, die geistig verwirrten, die dementen, die suizidalen. Ich kam auf die erweiterten Suizide (also Menschen, die ihre Familie oder auch völlig Fremde mit in den Tod reißen) und auf Amokfahrten. Auf Autorennen und Drängler, auf flüchtende Kriminelle und Menschen die hinter dem Lenkrad einen Anfall erleiden.
So richtig hörte er nicht zu; etwas dass ich gewöhnt bin, auch aus anderen Kontexten. Aber er konnte nicht vermeiden, doch ein paar Schlagworte "abzubekommen". Er fragte nach Beispielen für Amokfahrten. Ich nannte ihm zwei: Apeldoorn und Graz. Er fragte nach den Opferzahlen - wir bemessen einen Bedeutungslevel nach Anzahl der Opfer - und ich nannte sie ihm. Er schwieg, ich schwieg.

Nach ca. einer Minute hatte den Brocken verdaut.
"Trotzdem, Schusswaffen sind ja nur fürs Töten gedacht. Fahrzeuge haben einen anderen Zweck, die Gesellschaft braucht sie und werden bei Deinen Beispielen zweckentfremdet." Er lehnte sich zurück und nickte nachdrücklich.
"Du hast mich nach meinem Sport gefragt und Dich dann über mein Sportgerät aufgeregt." lautete mein genervter, nicht mehr hilfreicher oder weiterführender Kommentar.
Wir kamen überein, das Thema zu wechseln.
Vor ein, zwei Tagen hat dieser Bekannte über unsere gemeinsame Freundin ausrichten lassen, er würde es sich gerne mal ansehen, wie das so abläuft. Der junge Mann wohnt in der Kölner Altstadt.
Honi soit...




(Nachtrag: ich habe nicht vor, ihn mitzunehmen. Ich habe die starke Vermutung, er möchte aus den falschen Gründen den Sport ausüben, und in diesem Fall sind die Vereine verantwortlich.)

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