Sonntag, 31. Januar 2016

Grenzsicherung mit Waffen - nur in der DDR?

Sowohl die AfD Vorsitzende als auch ihre Stellvertreterin haben mit Aussagen zum Schusswaffengebrauch negative Schlagzeilen gemacht.
Frauke Petry antwortete auf die Frage, wie ein Bundespolizist einen illegalen Grenzübertritt verhindern soll:
Er muss den illegalen Grenzübertritt verhindern, notfalls auch von der Schusswaffe Gebrauch machen. So steht es im Gesetz.  
(...)
Ich habe das Wort Schießbefehl nicht benutzt. Kein Polizist will auf einen Flüchtling schießen. Ich will das auch nicht. Aber zur Ultima Ratio gehört der Einsatz von Waffengewalt. Entscheidend ist, dass wir es so weit nicht kommen lassen und über Abkommen mit Österreich und Kontrollen an EU-Außengrenzen den Flüchtlingszustrom bremsen.

Kurz darauf schrieb Beatrix von Storch auf Facebook:

Bereits die Reaktionen auf Petrys Worte waren deftig. Von "antidemokratisch" wurde ebenso geschrieben wie (mal wieder) von rassistisch und fremdenfeindlich, menschenverachtend und den üblichen Sermon.

Da kommt von Storchs Äußerung leider nicht als Hilfe daher. Denn die beiden Positionen verstehe ich als in einem entscheidenden Punkt unterschiedlich.
Petry wird von zwei Journalisten interviewt und führt aus, wie sie sich Grenzsicherung vorstellt. Dabei spielen "Anlagen", vor allem also Zäune eine Rolle, aber eben auch Beamte, welche die Überwindung verhindern oder ahnden sollen - so weit, so alt. "Notfalls" sollen diese Beamte auch von ihren Waffen gebrauch machen dürfen. Auch das ist definitiv nicht neu. Wenn Beamte beim Vollzug ihrer Arbeit, sei es Knöllchen schreiben, die Verhaftung eines Kriminellen, Personenschutz oder eben Grenzsicherung von eben dieser gewaltsam abgehalten werden, einfacher gesagt angegriffen, dann dürfen sie sich mit den ihnen zur Verfügung stehenden Waffen verteidigen. Was angemessen ist und was nicht, dass haben die betroffenen Beamten und später ihre Vorgesetzten zu entscheiden bzw. zu beurteilen.
Das zu fordern ist richtig und wichtig - unsere Polizisten und mit ihnen unser Staat sind momentan für Kriminelle und weniger devote Bewohner unseres Landes ein schlechter Scherz, und dies gefährdet die Sicherheit aller, zuerst aber der Beamten selbst, wie ich kurz vor Silvester in Weimar zeigte. Dort wurde ein Beamter beim Versuch eine Personenkontrolle bzw. eine Festnahme durchzuführen von weiteren Kriminellen bedroht. Der betroffene Polizist wurde gedemütigt, geschlagen und durchlitt eine Scheinhinrichtung, bei der ihm der Eindruck vermittelt wurde, er würde erschossen. Er erlitt dabei Verletzungen durch eine Schreckschusspistole.
Zu diesem Zeitpunkt waren die Täter über seinen Beruf im Bilde.
Auch auf der Domplatte sahen Beamte bei Gewalttaten zu, weil sie nicht zu härteren Mitteln greifen konnten bzw. wollten.
Jeder Beamte fürchtet um seine Karriere und seine Freiheit, wenn er zur Waffe greift. Die Zurückhaltung ist viel zu groß und hat nur dank der noch moderaten Umstände im Land nicht zu schlimmeren geführt.
Wenn also Petry als "ultima ratio" - oder einfacher gesagt, als letztes und für den Notfall bestimmtes Mittel den Schusswaffeneinsatz fordert, dann wird dies in der Interpretation als "Schießbefehl" auf Flüchtlinge in meinen Augen bewusst falsch verstanden. Vielmehr geht es darum, dass die Beamten gestärkt werden in ihrem Einsatz und bei einer Eskalation, die sehr wohl erfolgen kann, wie man an den Grenzen anderer Länder sehen konnte, nicht um ihr Leben fürchten müssen, sondern sich darauf verlassen können, sich verteidigen zu dürfen - und so eher bereit sind, die Wege abzuriegeln und verschlossen zu halten.

Die Sätze von Storchs hingegen sprechen jedem illegalen Grenzübertritt welcher der Aufforderung anzuhalten nicht nachkommt einen Angriffscharakter zu. Das sehe ich nicht so.
Zwar handelt es sich um eine illegale Handlung bzw. eine Straftat, und wenn die Anweisungen der Polizei missachtet werden auch um Widerstand - dabei dann aber sofort mit der Schusswaffe zu reagieren ist drastisch überzogen. Es gibt viele nicht-tödliche Mittel, den Forderungen Nachdruck zu verleihen. Polizeiabsperrungen, direkte Festnahmen, Pfefferspray, Wasserwerfer, Polizeiketten usw. usf.
Die Schusswaffe sollte wirklich nur als allerletztes Mittel wahrgenommen werden - und nicht bereits bei einem Vergehen oder einer gewaltlosen Straftat.

Beispielhaft ausgedrückt: auf jemanden zu schießen, der trotz Anruf weitergeht und die Grenze überquert ist ein Verbrechen. Auf Leute zu schießen, die mit Fäusten und Zähnen, Latten und Steinen versuchen, durch eine Polizeikette zu brechen oder Beamte angreifen um der Verhaftung zu entgehen sollte hingegen als das Verstanden werden, was es ist: Notwehr.

2 Kommentare:

  1. Ich mag etwas missverstanden zu haben, aber Frau von Storch schreibt doch: "Es gibt keinen Grund, unsere Grenze mit Gewalt (sic!) zu überqueren."

    Andersherum verstehe ich das nun auch so, dass die Aussage mit deinen Vorstellungen vereinbar ist; da steht ja eben nicht nur Halt, sondern von Storch sagt "mit Gewalt".

    Bitte Aufklärung, sollte ich etwas falsch verstanden haben.

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    1. Die vorhergehenden Sätze haben diesen Inhalt nicht, lediglich die Abstraktion am Ende. In meinem semantischen Verständnis richtet sich die im letzten Satz genannte Gewalt gegen die Grenze und Gesetze und nicht gegen die Beamten, welche sie vorhergehend lediglich mit dem verbalen "Halt" einbringt, nicht aber mit generellen Maßnahmen.

      Gewalt ist ein sehr dehnbarer Begriff geworden und bezieht sich nicht mehr ausschließlich auf körperliche oder wenigstens psychische Aspekte.

      Allerdings ist es richtig, und ich habe versucht dies durch mehrfach eingestreute Hinweise im Text klar zu machen, dass es hier um mein Verständnis und meine Haltung zu diesem so verstandenen Inhalt geht.
      Ich kann auch falsch liegen - dann wäre ich für eine Aufklärung Seitens von Storch natürlich dankbar.

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